Trauer um eine vielseitige Künstlerin: Sängerin, Texterin und Übersetzerin Anja Hauptmann ist mit 84 Jahren gestorben. Sie arbeitete für ZDF, Musicalbühnen und die Schlagerwelt.
Anja Hauptmann ist tot – Schlagerstar stirbt mit 84 Jahren
Anja Hauptmann ist tot – die deutsche Musik- und Kulturszene verliert eine außergewöhnlich vielseitige Frau. Die Schlagerstar, Liedtexterin, Journalistin und Musicalübersetzerin verstarb im Alter von 84 Jahren. Ihr Sohn Emanuel Hauptmann bestätigte der Presse ihren Tod. Die Ursache sei ein multiples Organversagen gewesen. Zuletzt lebte sie in einer Seniorenresidenz in Bad Belzig.
Geboren wurde Anja Hauptmann 1941 in München. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie teils in Deutschland, teils in der Schweiz. Nach der Mittleren Reife besuchte sie die Dolmetscherschule in Zürich und nahm Schauspielunterricht bei Hilde Körber. Früh entwickelte sie sich zur vielseitig gebildeten Künstlerin – eine Eigenschaft, die ihre gesamte Karriere prägen sollte.
Ihre Medienkarriere begann beim ZDF in Wiesbaden und Mainz, wo sie drei Jahre lang als Moderatorin und Ansagerin arbeitete. 1964 kehrte sie nach München zurück und wandte sich verstärkt dem Musikgeschäft zu. Dort begann sie, Songtexte und Libretti zu schreiben – unter anderem für Stars wie Daliah Lavi, Katja Ebstein, Curd Jürgens, Abi Ofarim, Donna Summer, Rex Gildo, Margot Werner und viele weitere.
1966 kam ihr Sohn Emanuel zur Welt, den sie selbst „ihre beste Produktion ever“ nannte. Beruflich etablierte sie sich parallel als freie Journalistin mit Schwerpunkt auf Star-Interviews – unter anderem mit Liv Ullmann, Helmut Newton, Hildegard Knef und Burkhard Driest. Ihre Vielsprachigkeit – sie sprach fließend Englisch, Französisch und Italienisch – machte sie zur gefragten Übersetzerin: Sie übertrug unter anderem Gedichte von Rudyard Kipling und Lyrics von Leonard Cohen ins Deutsche.
Ihr größter Erfolg als Übersetzerin kam 1969, als der Berliner Bühnenverlag Felix-Bloch-Erben sie mit der deutschen Übersetzung des Musicals „Jesus Christ Superstar“ beauftragte. Es folgten viele weitere Werke – darunter „Hair“, „Evita“, „Dirty Dancing“ und zuletzt zahlreiche Aufträge für den Gallissas Verlag in Berlin. Sie verband bei ihren Übersetzungen sprachliche Präzision mit musikalischem Taktgefühl – eine Seltenheit in der Branche.
Auch auf der Bühne war Anja Hauptmann aktiv. Ihre eigene LP „Mein Kind“ erschien 1975 bei Polydor. Die Produktion wurde 1977 in einer gleichnamigen ZDF-Show umgesetzt, unter Mitwirkung von Stars wie Maria Schell, Franz Beckenbauer, Catarina Valente und Joy Fleming. Die Musiksendung wurde ein TV-Ereignis – mit Hauptmann als Texterin, Sängerin und Kreativdirektorin in einer Person.
1980 gründete sie das AHA-Tonstudio & Musikverlag in München, das sie über ein Jahrzehnt erfolgreich leitete. Neben der Musik engagierte sie sich auch im Theaterbereich: So verfasste sie Sketche für das Kabarett „Münchner Lach & Schießgesellschaft“ und war als Sprecherin für Funk, Werbung und Fernsehen tätig. Kultstatus erlangte sie auch durch ihre Cameo-Auftritte in den Serien „Kir Royal“ und „Monaco Franze“, in denen sie als Münchner Society-Diva selbstironisch glänzte.
Nach dem Tod ihrer Mutter übernahm sie 1982 die Verwaltung des literarischen Nachlasses ihres Großvaters Gerhart Hauptmann, Träger des Literaturnobelpreises. Seit 1996 lebte sie in Berlin und arbeitete an der Aufbereitung und Vermarktung seines Werkes, unter anderem mit den Verlagen Propyläen-Ullstein und Felix-Bloch-Erben.
Anja Hauptmann ist tot – und mit ihr geht eine Künstlerin, die wie kaum eine andere verschiedene kulturelle Welten miteinander verband. Schlager, Literatur, Musical, Fernsehen: Sie war in all diesen Bereichen nicht nur dabei – sie hat sie aktiv mitgestaltet.