Die ARD ehrt den Kult-Moderator mit einer Doku in der Mediathek. Eine Chance, seine prägenden TV-Momente erneut zu erleben und zu würdigen.
Heinz Schenk: Der vergessene TV-Pionier lebt weiter
Seit seinem Tod im Jahr 2014 scheint die TV-Legende Heinz Schenk (1924-2014) immer mehr in Vergessenheit zu geraten. Dabei war der Kult-Moderator über mehr als zwanzig Jahre hinweg eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der deutschen Fernsehlandschaft. Von 1966 bis 1987 führte kein Weg an dem “Ebbelwoi-Babbler” und seiner Unterhaltungsshow “Zum Blauen Bock” vorbei, wenn man im Schlager und in der Volksmusik erfolgreich sein wollte.
“Zum Blauen Bock” – der Quoten-Hit im Nachkriegsfernsehen
Nachdem er seine Karriere im Nachkriegs-Kabarett begann und als Radiomoderator beim Hessischen Rundfunk tätig war, übernahm Schenk im Jahr 1966 die Moderation der volkstümlichen Fernsehsendung. Sein Vorgänger, Otto Höpfner (1924-2005), hatte wegen Streitigkeiten über das Honorar mit dem Sender aufgegeben. Zu dieser Zeit war “Zum Blauen Bock” bereits eine der populärsten Sendungen im damals noch schwarz-weißen Fernsehprogramm, und Höpfner war einer der größten Stars der Show.
Es wurde befürchtet, dass die Sendung mit dem neuen, noch wenig bekannten Moderator schnell an Beliebtheit verlieren könnte. Diese Sorgen bewahrheiteten sich jedoch nicht. Im Gegenteil, unter der Leitung von Heinz Schenk erzielte die Show schließlich beeindruckende Einschaltquoten, wobei bis zu 20 Millionen Menschen regelmäßig zusahen.
Schlagerstars in der Schankwirtschaft
“Zum Blauen Bock” war eine einzigartige Fernsehsendung. Der Hessische Rundfunk hatte das Format ursprünglich nur als Begleitprogramm zur Funkausstellung 1957 in Frankfurt am Main geplant. Aufgrund des großen Erfolgs wurde die Show jedoch nach dem Ende der Technologiemesse fortgesetzt und lief ganze 30 Jahre.
Das Konzept sah vor, die Sendung in einer nachgebildeten Ebbelwoi-Gastwirtschaft namens “Zum Blauen Bock” aufzuzeichnen. Der Moderator Otto Höpfner sollte als Wirt ein abwechslungsreiches Programm aus musikalischen Darbietungen, kleinen Sketchen und unterhaltsamen Gesprächen mit eingeladenen Gästen leiten. Das Publikum saß an typischen Wirtshaustischen mitten im Studio und wurde so – oft Apfelwein und Schnaps trinkend im Bild – selbst Teil des Geschehens. Jeder prominente Gast der Sendung erhielt zur Erinnerung eine Apfelweinkanne, genannt “Bembel”, mit dem Logo der Sendung.
Als Heinz Schenk die Leitung der Sendung übernahm, nahm er einige Änderungen am Grundkonzept vor. Anstatt als Wirt aufzutreten, präsentierte er sich in seiner Rolle als Moderator zunächst als Kellner und später als Geschäftsführer. Seine Kollegin und Sketch-Partnerin Lia Wöhr (1911-1994) übernahm die Rolle der Wirtin. Darüber hinaus bereicherte er die Sendung mit einer anspruchsvolleren Auswahl musikalischer Gäste. Neben Volksmusikanten und Schlagerstars lud er auch gelegentlich Opernlegenden wie Rudolf Schock (1915-1986) oder Anneliese Rothenberger (1919-2010) ein.
Gepflegte Provinzialität mit dem “Ebbelwoi-Babbler”
Glamouröse Weltläufigkeit, wie sie von Schenks Fernsehkollegen Hans-Joachim Kulenkampff (1928-1998), Dieter Thomas Heck (1937-2018) oder Rudi Carrell (1934-2006) in ihren Shows präsentiert wurde, war im “Blauen Bock” von Anfang an nicht geplant. Der Moderator setzte mit seinem “hessischen Schlappmaul” auf lebhaften Lokalkolorit und eine kleinbürgerliche Festzeltatmosphäre. In seinen selbst verfassten Sketchen, Moderationen und eigenen Liedern bediente er sich eines oft recht altmodischen Humors, der deutliche Einflüsse der Mainzer Fastnacht aufwies.
In den 1980er-Jahren wurde “Zum Blauen Bock” von der deutschen Jugend als Symbol der spießigen Fernsehkultur angesehen und fiel durch seine provinzielle Konzeption immer mehr aus der damaligen Fernsehlandschaft heraus. Dennoch blieb die Sendung und ihr Showmaster bis zum Ende eine klar erkennbare Unterhaltungsmarke, die sich tief in das kollektive Gedächtnis mehrerer Generationen eingeprägt hat.
Selbstironisches Comeback in “Kein Pardon”
Nachdem die Sendung 1987 eingestellt wurde, unternahm die ARD mit Heinz Schenk zwischen 1993 und 1996 einen weiteren, jedoch wenig erfolgreichen Versuch unter dem Titel “Fröhlich eingeSchenkt”. Am Höhepunkt seiner bemerkenswerten TV-Karriere angekommen, ehrte ihn der bekannte Komiker Hape Kerkeling (60) im Jahr 1994 in seiner Showbiz-Satire “Kein Pardon” mit einem filmischen Denkmal. In diesem bunten Kassenschlager spielte Schenk einen heruntergekommenen Fernsehmoderator mit einer Neigung zu cholerischen Ausbrüchen. Dass er im Alter so viel Selbstironie zeigte, wurde selbst von den hartnäckigsten Kritikern der Sendung “Zum Blauen Bock” mit Respekt und einem versöhnlichen Lächeln anerkannt.
In den letzten Jahren seines Lebens trat Heinz Schenk nur noch gelegentlich im Frankfurter Volkstheater auf und machte hin und wieder Gastauftritte in Fernsehsendungen anderer Moderatoren. Ansonsten genoss er seinen Ruhestand zurückgezogen mit seiner Frau Gerti in ihrem Bungalow in Wiesbaden-Naurod. Mit der ausgebildeten Friseurin war Schenk seit 1951 in einer glücklichen Ehe, das Paar hatte keine Kinder.
Heinz-Schenk-Stiftung soll Nachwuchs fördern
Nach dem Tod von Gerti im Dezember 2013 ordnete der betagte Entertainer in seinem Testament an, dass sein gesamter Nachlass versteigert und in eine Stiftung überführt werden soll, die junge Talente unterstützt, die “die Menschen zum Lachen bringen”. Als Verwalter seines Nachlasses setzte er seinen langjährigen Manager Horst Klemmer ein, der sich nach Schenks Tod am 1. Mai 2014 um die Einrichtung der Heinz-Schenk-Stiftung kümmerte.
Um die Stiftung zu finanzieren, wurde Schenks Wohnhaus im Jahr 2016 verkauft. Außerdem wurden in einer umfangreichen Versteigerung insgesamt 9000 Objekte aus seinem Nachlass versteigert, darunter viele Erinnerungsstücke an den “Blauen Bock”. Seit 2017 fordert die Stiftung auf ihrer eigenen Website junge Unterhaltungstalente auf, sich um Preisgelder in Höhe von 10.000 Euro zu bewerben. Eine erste Preisverleihung war zwar für das Jahr 2019 geplant, hat jedoch bisher nicht stattgefunden – was den als äußerst perfektionistisch bekannten Showmaster sicherlich nicht erfreut hätte.
Anlässlich des 100. Geburtstags von Heinz Schenk ehrt die ARD den berühmten “Hardcore-Hessen” mit der Dokumentation “Der 20-Millionen-Mann: Heinz Schenk”, die seit dem 3. Dezember in der ARD-Mediathek verfügbar ist. Für langjährige und neue Anhänger des Star-Moderators bietet sich eine großartige Gelegenheit, erneut in die glanzvollen Zeiten des deutschen Fernsehens einzutauchen.