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Italienische Filmlegende Paolo Taviani ist tot

Gemeinsam mit seinem älteren Bruder zählte er zu den bedeutendsten Filmemachern Italiens. Nun ist auch Paolo Taviani wenige Jahre nach Vittorio verstorben.

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Foto: NF24 / Canva

Filme waren sein Leben und er liebte jeden Tag, dem er sich seiner Passion widmen konnte. Der Erfolg gab ihm recht und machte ihn zu einem der bekanntesten Gesichter der Film und Kinowelt. Sein Tod wiegt schwer und er hinterlässt eine nur wieder schwer zu füllende Lücke. Fans und Freunde trauern um einen Freund und eine Ikone.

Paolo Taviani nach kurzer schwerer Krankheit gestorben

Paolo Taviani ist verstorben. Der italienische Regisseur starb am Donnerstag im Alter von 92 Jahren, wie die Präfektur seiner Heimatregion Toskana am Abend bestätigte. Berichten italienischer Medien zufolge ist er nach einer kurzen, schweren Krankheit im Kreise seiner Familie in einem Krankenhaus in Rom friedlich eingeschlafen.

Taviani war einer der bedeutendsten italienischen Filmemacher der vergangenen Jahrzehnte und arbeitete eng mit seinem älteren Bruder Vittorio zusammen, der bereits 2018 verstarb. Gemeinsam drehten sie zahlreiche Filme, die mit mehreren Dutzend Preisen ausgezeichnet wurden. „Wir mögen unterschiedliche Charaktere haben, aber wir teilen die gleiche Natur. Unsere Entscheidungen im Leben und in der Kunst sind harmonisch“, hatten sie einst betont, und daraus entwickelte sich eine lebenslange Zusammenarbeit.

Unzertrennlich im Film und im Leben

Ihren ersten gemeinsamen Spielfilm drehten die Brüder im Jahr 1967: „I sovversivi“ („Die Subversiven“) setzte sich mit der italienischen Linken auseinander. Den internationalen Durchbruch erlebten sie 1977 mit „Padre Padrone“ („Mein Vater, mein Herr“), der auf den Filmfestspielen von Cannes die Goldene Palme gewann. Im Jahr 2012 wurden die Tavianis für ihr Doku-Drama „Cäsar muss sterben“, das die Proben für eine Aufführung von Shakespeares „Julius Cäsar“ im Gefängnis zeigt, auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.

Viele konnten sich die Taviani-Brüder nur im Doppelpack vorstellen; um den einen zu beschreiben, musste man auch den anderen erwähnen: Vittorio wurde als der Bedächtige angesehen, während Paolo eher als mondän und leicht egozentrisch galt. Auch äußerlich ähnelten sich „Vittoriopaolo“, wie sie von vielen liebevoll genannt wurden, in den letzten Jahren sehr: graue Haare, markante Brille, wobei Paolo keinen Hut und keinen Bart trug.

Der jüngere der beiden Brüder wurde 1931 in San Miniato, in der Nähe von Pisa, geboren, zwei Jahre nach seinem älteren Bruder. Bereits Mitte 20 drehte er im Jahr 1954 einen Dokumentarfilm über seinen Geburtsort, der den Tod von 60 Menschen im Dom der Stadt durch deutschen Granatenbeschuss zehn Jahre zuvor zeigte. Die politisch damals stark marxistisch geprägten Brüder griffen dieses Thema Jahrzehnte später erneut in ihrem Spielfilm „Die Nacht von San Lorenzo“ (1982) auf, einem viel gelobten Antinazi-Drama.

Erste Filme im Fernsehen

Da sie anfangs keinen Produzenten für ihre stark ideologisch geprägten Regiekonzepte finden konnten, drehten die Tavianis ihre ersten Filme für den Fernsehsender Rai. Paolo betonte jedoch: „Wir haben nicht beabsichtigt, einen Fernsehfilm zu machen. Unser Ziel war es, unseren eigenen Film zu realisieren.“ Ein solches Beispiel ist „Padre Padrone“, mit dem die Brüder 1977 in Cannes erfolgreich waren. Basierend auf der Autobiografie des Autors Gavino Ledda erzählt er von einem jungen Mann, der sich mühsam aus der Unterdrückung seines Vaters befreit.

Über mehr als ein halbes Jahrhundert erstreckte sich ihr Werk, das eine faszinierende Mischung aus Realismus und Inszenierung bot – ständig im Dialog mit Kino, Literatur, Reportage und Geschichte. Die britische Tageszeitung „The Guardian“ bezeichnete die Brüder einst als „die letzten Titanen des klassischen italienischen Films“. Obwohl „Cäsar muss sterben“ sogar für die Oscars nominiert war, ging der Film leer aus. Ihr letztes gemeinsames Werk war „Una questione privata“ („Eine Privatsache“), basierend auf dem gleichnamigen Roman des italienischen Schriftstellers Beppe Fenoglio.

Nach dem Tod seines Bruders Vittorio schrieb und inszenierte Paolo allein „Leonora addio“, inspiriert von einer Novelle des Italieners Luigi Pirandello. Damit war er 2022 auch nochmals im Wettbewerb der Berlinale vertreten. Zuletzt arbeitete er an einem neuen Film mit dem Titel „Il canto delle meduse“ („Der Gesang der Medusen“): Das Projekt sollte vier Geschichten erzählen, die mit dem Verlauf der Corona-Pandemie im Jahr 2020 verbunden sind.

TS
Quellen: T-Online