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Juan Carlos I. bricht sein Schweigen: Bruder Alfonso bei Pistolen-Unglück 1956 getötet

In seinen Memoiren enthüllt Juan Carlos I. erstmals detailliert, wie sein 14-jähriger Bruder Infante Alfonso von Spanien durch eine abgefeuerte Kugel ums Leben kam – ein jahrzehntelang gehütetes Schweigen der spanischen Königsfamilie.

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Juan Carlos Bruder erschossen
König Juan Carlos I. von Spanien verlässt die Messe Tribute für Fernando Gómez-Acebo am 08. April 2024 in Madrid, Spanien.
Foto: Shutterstock / OSCAR GONZALEZ FUENTES

Der Titel seiner Memoiren, „Reconciliación“, markiert einen Wendepunkt im Leben von Juan Carlos I. – und eine Legitimierung seiner Rolle als Thronfolger nach einem dunklen Eigentor der Dynastie.

Der Vorfall im Überblick

Am Abend des Gründonnerstags, dem 29. März 1956, befand sich die spanische Königsfamilie im portugiesischen Exilort Estoril. Der 14-jährige Infante Alfonso hatte zuvor ein Golfturnier gewonnen und war gemeinsam mit seinem älteren Bruder Juan Carlos sowie den Eltern zum Abendgottesdienst gegangen. Kurz danach kam es in einem Zimmer der Villa Giralda zum Unglück: Beim Hantieren mit einer Pistole fiel ein Schuss – Alfonso wurde in die Stirn getroffen und starb wenige Minuten später in den Armen seines Vaters.

Offiziell galt das Ereignis als Unfall. In seinem Buch schildert Juan Carlos nun: Er und sein Bruder hätten die Waffe mit entferntem Magazin gehalten – doch eine Kugel sei verblieben. „Ein Schuss ging in die Luft, die Kugel prallte ab und traf meinen Bruder“, schreibt er. Daraus resultiere ein „vorher und nachher“ in seinem Leben.

Die Konsequenzen

Seinen Worten zufolge ließ ihn der Vorfall nicht los: „Ich denke jeden Tag daran“. Er spricht von einem Freund- und Vertrauensverlust durch den Tod seines Bruders. Zwei Tage nach dem Vorfall wurde Juan Carlos – damals 18 Jahre alt – direkt zurück zur Militärakademie geschickt. Gleichzeitig blieb die offizielle Einordnung nebulös: Es gab keine polizeiliche Untersuchung, keine gerichtliche Klärung.

Für die spanische Monarchie hatte das Ereignis weitreichende Folgen: Der tragische Unfall öffnete für Francisco Franco ein Machtfenster und stärkte die Position Juan Carlos als Thronanwärter – während der alternative Erbe entfiel.

Warum erst jetzt?

Mehr als sechs Jahrzehnte schwieg Juan Carlos über diesen dramatischen Einschnitt – nun mit Anfang 80 und vom Königstitel abgetreten, verwendet er den Rückblick zur Bewältigung seines Erbes. Die Veröffentlichung fällt mit dem 50. Todestag Francos und einem Versuch der Selbst­positionierung zusammen.

Öffentliche Relevanz

Die Offenbarung ist ein Stück Monarchie-Geschichte, die bislang im Schatten blieb. Für Journalisten und Historiker eröffnet sich nun eine Quelle für Neubewertungen: Die Frage der Verantwortlichkeit, der Dynastie-Kontrolle, der politischen Instrumentalisierung eines familiären Dramas.

Ricardo Bohn