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Die Skisaison geht los: So vermeiden Wintersportler Verletzungen

Ob Skifahren, Snowboarden oder Langlaufen – die richtige Vorbereitung ist wichtig, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Orthopäde Professor Dr. Sven Ostermeier gibt im Interview seine besten Tipps für eine sichere Wintersport-Saison.

Egal ob Skifahren, Snowboarden oder Langlauf - die Verletzungsgefahr beim Wintersport ist nicht zu unterschätzen.
Foto: Marcin Wiklik

Die Skisaison hat vielerorts bereits begonnen und Wintersportfans zieht es wieder auf die Pisten und Loipen. Doch ob Skifahren, Snowboarden oder Langlaufen – die winterlichen Temperaturen und körperlichen Anforderungen erfordern nicht nur die richtige Ausrüstung, sondern auch eine gute Vorbereitung. Fehlende Fitness und unzureichendes Training erhöhen das Risiko für Verletzungen und können den Winterspaß schnell trüben. Wie können Freizeitsportler sicher und fit durch die Wintersaison kommen und was gehört zu einer optimalen Vorbereitung dazu? Professor Dr. Sven Ostermeier, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin und Chirotherapie, gibt im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news Antworten und teilt wertvolle Tipps für eine sichere Skisaison.

Was sind die wichtigsten körperlichen Voraussetzungen, die man für Wintersportarten wie Skifahren, Snowboarden oder Langlaufen mitbringen sollte?

Professor Dr. Sven Ostermeier: Körperliche Fitness ist die wichtigste Voraussetzung, um die Gefahr von Blessuren weitgehend zu minimieren. Dabei ist es nicht damit getan, kurz vor dem Winterurlaub ins Fitnessstudio zu laufen und ein paar Stunden zu trainieren. Sinnvoll ist es vielmehr, sich rund ums Jahr fit zu halten. Durch ein gezieltes Training lassen sich Muskeln stärken (insbesondere die der Beine), Ausdauer und Koordination verbessern und so das Verletzungsrisiko erheblich minimieren.

Aufgrund wesentlich geringerer Stoßbelastungen und generell weitaus geringerer Verletzungsgefahren empfehle ich älteren und weniger sportlichen Menschen prinzipiell den Langlauf. Dies gilt besonders für Patienten mit Kniearthrose. Beim Langlauf werden Gelenke und Muskeln sanft trainiert und in keiner Form überbeansprucht. Dank des Stockeinsatzes profitieren zudem Arme, Bauch- und Schultermuskeln. Relativ leicht zu erlernen, erfordert aber auch dieser Ausdauersport eine gute Kondition sowie einiges an Kraft in Armen und Beinen.

Vor dem Start rate ich Anfängern (speziell im fortgeschrittenen Alter oder bei chronischen Erkrankungen) dringend einen kleinen medizinischen Check-up.

Welche Sportarten oder Übungen eignen sich besonders gut als Vorbereitung auf die Skisaison?

Professor Ostermeier: Um körperliche Fitness und Ausdauer zu steigern, empfehlen sich beispielsweise kontinuierliches Joggen, Radfahren oder Wandern. Nicht nur für Ski-Langläufer ist auch Nordic Walking ideal. Die flotte Alternative zum Spazierengehen bewegt ebenfalls so gut wie alle Muskeln und schont dabei die Gelenke. Ausdauer, Kraft und Koordination werden sanft trainiert. Zudem wird auch hierbei durch die typischen Walking-Stöcke ein Teil des Körpergewichts verlagert und Fuß- und Kniegelenke somit entlastet.

Neben Squats, also Kniebeugen, gibt es zahlreiche tägliche Übungen (etwa der Beinmuskulatur, des Gleichgewichtssinns bzw. der Balance etc.), die Standvermögen und Fahrsicherheit erhöhen.

Wie sieht es mit der klassischen Skigymnastik aus? Ist die effektiv?

Professor Ostermeier: Skigymnastik bietet eine gute und wichtige Vorbereitung für den folgenden Skikurs bzw. erste Fahrten auf der Piste. Im Mittelpunkt steht der gezielte Aufbau der primär geforderten Muskulatur an Rumpf, Beinen und Kniegelenken. Durch Übungen der Balance und der Koordination lerne ich, sicherer auf den Brettern zu stehen, was das Verletzungsrisiko reduziert.

Das Training sollte mindestens sechs Wochen dauern und mehrmals die Woche durchgeführt werden. Sinnvoll ist es, die Dauer der Übungen und deren Intensität moderat zu erhöhen und nicht direkt mit “voller Power” zu starten.

Wie lange vor der ersten Abfahrt sollte man mit der Vorbereitung beginnen, um optimal in Form zu sein?

Professor Ostermeier: Gerade Anfänger sollten die Anforderungen des Skifahrens sowie die erforderliche Kondition nicht unterschätzen. Wer sich untrainiert auf die Ski-Piste stürzt, der riskiert buchstäblich Kopf und Kragen. Genügende Ausdauer und Muskelkraft (insbesondere in den Beinen) sichert ein regelmäßiges, gezieltes Fitness-Training (am besten rund ums Jahr).

Insbesondere Anfänger sollten sich intensiv über mehrere Wochen vorbereiten (idealerweise durch eine Kombination aus Skigymnastik, Krafttraining sowie Koordinationsübungen). Und das nicht erst kurz vor dem Urlaub, sondern mehrere Monate zuvor.

Welche typischen Verletzungen treten beim Wintersport am häufigsten auf?

Professor Ostermeier: Ski-Unfälle beenden häufig vorzeitig den Winterurlaub. Schätzungsweise jede dritte Verletzung geht zu Lasten der Knie – ein besonders beanspruchtes, verletzliches Gelenk. Häufig führen Kreuzbandverletzungen vorzeitig zum sportlichen Aus. Wie schütze ich mich? Eine gut trainierte Beinmuskulatur, eine sorgfältig aufeinander abgestimmte Sportausrüstung und defensives sportliches Verhalten bieten hier den besten Schutz vor unliebsamen Überraschungen.

Doch nicht nur die Talfahrt birgt Risiken, auch beim Skilanglauf kann es zu Verletzungen kommen. So werden hierbei die Sprunggelenke besonders stark beansprucht. Schäden an den Außenbändern gehören zu den häufigsten Sportverletzungen überhaupt. Der Grund liegt in der außergewöhnlich hohen Belastung: Kein anderes Gelenk wird so sehr strapaziert. Eine klinische Untersuchung zeigt, ob Knochenbrüche oder Bänderrisse vorliegen. Im Akutfall gilt auch hier, wie bei vielen Sportverletzungen, das sogenannte PECH-Prinzip – also Pausieren, Eis, “Compression” (ein elastischer Druckverband) und Hochlagern.

Besonders Knie und Sprunggelenke werden beim Skisport beansprucht. Wie kann man sich auf die Belastung vorbereiten?

Professor Ostermeier: Kniebandagen können das Verletzungsrisiko reduzieren und dem Knie mehr Stabilität geben. Präventiven Schutz bieten zudem eine intensive Vorbereitung (die Kombination aus Skigymnastik, Krafttraining sowie Koordinationsübungen), und ein dem Alter und der Kondition angepasstes umsichtiges Fahren im Bereich der gesicherten Pisten. Und vor der Abfahrt bitte niemals vergessen, die Muskeln aufzuwärmen und die Bänder zu dehnen.

Was sind typische Anfängerfehler beim Wintersport und wie lassen sich diese vermeiden?

Professor Ostermeier: Mangelhaftes Aufwärmtraining oder sportliche Überforderung – das sind auch beim Wintersport klassische Anfängerfehler. Diese Fehler führen beispielsweise oft zum Muskelfaserriss.

Wie wichtig ist ein gezieltes Aufwärmen vor dem Sport bei kalten Temperaturen, und wie sollte es aussehen?

Professor Ostermeier: Ein “Kaltstart” ist grundsätzlich fahrlässig. Ein intensives Aufwärmtraining mit Koordinationsübungen, Schulterkreisen etc. hilft wesentlich dabei, Zerrungen oder Schäden an den Gelenken zu vermeiden. Denn bei Kälte verkrampfen unsere Muskeln und sind daher besonders anfällig für Verletzungen.

Bitte auch die Dehnübungen nach dem Laufen stets drinnen vornehmen. Das schützt Bänder und Muskeln. Zudem sinkt das Risiko einer Erkältung durch Auskühlen.

Können Sie bestimmte Nahrungsmittel oder Getränke empfehlen, die die Regeneration der Muskeln nach dem Skifahren unterstützen?

Professor Ostermeier: Neben Protein-Spendern wie etwa Milch, Käse oder Joghurt sind auch Kohlenhydrate wichtig. Deshalb statt des typischen abendlichen Schweinebratens oder anderer deftiger Schlemmereien bitte häufiger zu Vollkornprodukten oder etwa Haferflocken (viele Kohlenhydrate) greifen. Denn diese werden langsamer vom Körper verarbeitet und bestehen nicht aus “leerem” Zucker, der zwar Energie liefert, aber dieses nur sehr kurzfristig. Empfehlenswert sind auch Obst, Salate, Fisch und Snacks wie Walnüsse (gesunde Omega-3-Fettsäuren). Darüber hinaus sind auch getrocknete Früchte als Ballaststoff-Lieferant sehr gesund. Und bitte immer daran denken, ausreichend zu trinken. Doch bitte keinen (oder mäßig) Alkohol (wozu natürlich auch Bier zählt), sondern vorzugsweise Wasser oder Grüne sowie Kräutertees ohne Zucker.

Professor Dr. Sven Ostermeier ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin und Chirotherapie. Der Schulter- und Knieexperte arbeitet als leitender Orthopäde der Gelenk Klinik Gundelfingen. Außerdem ist er Instruktor der Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie.

spoton