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Dr. Miriam Stark: Zyklusorientiertes Leben hilft bei PMS und Schmerzen

Hinter dem weiblichen Zyklus steckt so viel mehr als PMS und Menstruationsbeschwerden. Dr. Miriam Stark zeigt in ihrem Buch “Natural Flow” auf, wie Frauen durch ein tieferes Verständnis emotionale Blockaden lösen und ihr volles Potential entfalten können.

Dr. Miriam Stark kam selbst über eine Leidensgeschichte dazu, sich mit dem Thema weiblicher Zyklus auseinanderzusetzen: Heute berät sie Frauen zu Zusammenhängen zwischen Zyklus und Psyche.
Foto: Elena Panizza / Tacheles Beratung

Einmal im Monat PMS, Schmerzen, schlechte Laune: Der weibliche Zyklus hat meist keinen guten Ruf. Wer sich jedoch traut, ein zyklusorientiertes Leben zu führen, entdeckt laut Dr. Miriam Stark ein enormes Potential und erstaunliche Ressourcen für Körper und Geist. Die Wirtschaftspsychologin und Autorin offenbart in ihrem Buch “Natural Flow – Wie du die Psychologie deines Zyklus für dich nutzt” (Lübbe Life) wertvolles Wissen zu versteckten “Superkräften” und einem PMS-freien Leben.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt sie, wie eine persönliche Krise sie zu diesem Thema brachte, was hinter den vier Zyklusphasen steckt und warum es sich lohnt, die eigene innere Natur kennenzulernen. Ein Gespräch über Weiblichkeit, Selbstfürsorge und das Potenzial, das in jeder einzelnen Phase des Zyklus schlummert.

Wie kamen Sie dazu, sich mit der Psychologie des weiblichen Zyklus zu beschäftigen?

Dr. Miriam Stark: Meistens steht hinter einem leidenschaftlichen Thema auch ein persönlicher Leidensweg. Als Wirtschaftspsychologin führte ich ein leistungsorientiertes Leben und war sehr von meinem Körper entkoppelt. Ich hatte kaum Wissen über meinen Zyklus. Zwei Schwangerschaften, die sich nicht weiterentwickelten, führten jedoch dazu, dass ich mich intensiver mit dem Thema Weiblichkeit auseinandergesetzt habe. Der emotionale Schmerz hat zudem dazu beigetragen, dass ich eine Autoimmunerkrankung entwickelte.

Wie hat sich das geäußert?

Stark: Ich bekam Alopecia areata, also kreisrunden Haarausfall. Irgendwann hatte ich gar keine Haare mehr am ganzen Körper. Auf der Suche nach Antworten stieß ich immer wieder auf das Thema Weiblichkeit. Das Buch “Roter Mond” von Miranda Grey brachte mir schließlich die Erkenntnis, dass der Zyklus vier Phasen hat. Ich war erstaunt und gleichzeitig wütend, dass ich das erst so spät erfahre.

Wie haben Sie diese Erkenntnisse in Ihre Arbeit integriert?

Stark: Ich hatte das Bedürfnis, dieses Wissen zu teilen und begann, es in meine tiefenpsychologische Coaching-Praxis zu integrieren. In jeder Sitzung fragte ich nach den Zyklusphasen meiner Klientinnen. Daraus entstand mein Modell, über das ich auch in meinem Buch schreibe: Es gibt eine Wechselwirkung zwischen Seele und Zyklus, und darin liegen Ressourcen, auf die wir zurückgreifen können.

Welche Merkmale zeichnen die vier Zyklusphasen aus?

Stark: Zunächst möchte ich betonen: Das Ganze ist kein Optimierungstool. Das Ziel ist, sich selbst besser kennenzulernen und Themen wahrzunehmen, die gesehen und geheilt werden wollen, um körperlich weniger zu leiden und unsere Ressourcen (“Superkräfte”) nutzen zu können, die unser Zyklus bereithält.

Ich verstehe den Zyklus auf drei Ebenen: physisch, seelisch und psychologisch. In der ersten Phase, wenn die Hormone ansteigen, aktiviert sich der junge, spielerische Anteil in uns. Lernen fällt uns leicht, und wir sind kognitiv besonders fit. Wer sich in dieser Phase oft unwohl fühlt, kann sich hier Themen aus der Kindheit und Jugend anschauen.

Die zweite Phase dreht sich um den Eisprung und aktiviert den mütterlichen Anteil. Wir fühlen uns genussvoll und fürsorglich, können gut lieben und andere umsorgen. Wer in dieser Phase Probleme hat, könnte Themen wie Mütterlichkeit und Kinderwunsch näher betrachten.

In der dritten Phase steigt das Hormon Progesteron zunächst und animiert uns zu Rückzug und “Nestbau”. Zehn Tage nach dem Eisprung stellt der Körper dann fest, ob die Eizelle befruchtet wurde oder nicht. Wenn dem nicht so ist, sinkt das Progesteron wieder. Der Körper war auf eine Schwangerschaft eingestellt – das kann starke Schaffenskraft und Kreativität freisetzen. Wer hier an PMS leidet, kann sich Rückzug und Exzentrik näher ansehen.

Phase vier bringt einen hormonellen Tiefstand. Unser Geist wird klar, und wir sind weniger körperlich leistungsfähig. Das aktiviert den weisen, alten Anteil in uns mit den Superkräften Weisheit und Loslassen. Wer in dieser Phase Schwierigkeiten hat, könnte sich mit Themen wie Vergänglichkeit oder Offenheit gegenüber der eigenen Spiritualität beschäftigen.

Wie können Menschen, die ihren Zyklus kaum spüren, Kontakt zum Körper aufnehmen?

Stark: Hilfreich ist es, sich vorzustellen, dass man in Kontakt mit einer guten Freundin tritt, wenn man sich den inneren Anteilen zuwendet. Es geht darum, beobachtend und liebevoll wahrzunehmen, was der jeweilige Anteil braucht. Dieses Bewusstsein hilft mir selbst auch, sicherer durch mein Leben zu surfen.

Welche Veränderungen sehen Sie bei Ihren Klientinnen?

Stark: Das ist wunderschön zu beobachten. Klientinnen, die unter PMS leiden, erleben oft eine schnelle Verbesserung der Symptome, sobald sie sich selbst besser verstehen und gezielt mit den Zyklus-Anteilen arbeiten. Besonders stabilisierend wirkt die regelmäßige Verbindung mit dem jungen Anteil – das stärkt die Selbstliebe und schafft eine Basis für eine liebevolle Beziehung zu sich selbst.

Wie können Menschen beginnen, ihre Bedürfnisse besser zu priorisieren?

Stark: Das hängt stark von der individuellen Bereitschaft ab. Einen schnellen Weg gibt es bei seelischer Arbeit nicht. Ich arbeite als Psychologin mit Sprache, aber es gibt viele Wege, sich Raum zu geben und zu erlauben, die eigenen Bedürfnisse wichtig zu nehmen. Interessanterweise danken uns auch die Menschen um uns herum dafür, wenn wir uns gut um uns selbst kümmern, weil wir entspannter und freundlicher werden. Unterdrückte Bedürfnisse führen zu inneren und äußeren Konflikten, die sehr belastend sein können.

Warum ist Selbstfürsorge so wichtig?

Stark: Ich wünsche jedem Menschen – ob mit oder ohne Gebärmutter – den Mut, die eigene Natur kennenzulernen und Bedürfnisse höher zu priorisieren. Selbstfürsorge hilft uns, alte Verletzungen zu heilen und unser Potenzial zu entfalten. Letztlich geht es darum, diese innere Schaffenskraft zu nutzen und sie in die Welt zu bringen, um sie zu einem besseren Ort zu machen.

spoton