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Gesundheit und Umwelt: Das sind die Vorteile pflanzlicher Ernährung

Eine pflanzliche Ernährung ist nicht nur Trend, sondern auch gut für Gesundheit und Umwelt. Warum bei der Umstellung jeder Schritt zählt, erklärt Ernährungsberaterin Kristin Meyer im Interview.

Viele Familien ernähren sich zunehmend flexitarisch.
Foto: Deli Reform

Das Bewusstsein für eine ausgewogene und nachhaltige Ernährung ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen – und relevanter denn je. Denn gesundes, abwechslungsreiches Essen tut nicht nur der eigenen Gesundheit gut, sondern auch der unseres Planeten. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) trägt dieser Erkenntnis Rechnung und hat erst kürzlich ihre offiziellen Ernährungsempfehlungen dahingehend angepasst.

Die Ernährungsberaterin Kristin Meyer versucht in ihren Beratungen, die Themen Gesundheit und Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden. Die Hamburgerin unterstützt mit ihrer Expertise die Awarenesskampagne von Deli Reform zum Thema Flexitarismus. Im Interview erklärt sie, wie es gelingen kann, Schritt für Schritt mehr pflanzliche Lebensmittel in die tägliche Ernährung einzubauen, warum pflanzliche Ernährung nicht gleich Verzicht bedeutet und wie man auch als “Pflanzenfresser” satt wird.

Was bedeutet gesunde Ernährung für Sie?

Kristin Meyer: Gesunde Ernährung bedeutet für mich, den Körper mit Energie, Baustoffen und Schutzfaktoren zu versorgen, ein ausgewogenes Verhältnis von Nährstoffen zu erreichen und gleichzeitig einen gesunden Umgang mit unserem Planeten zu pflegen. Dabei spielen pflanzliche Lebensmittel eine wichtige Rolle, während tierische und stark verarbeitete Produkte reduziert werden sollten.

Aber auch Genuss spielt eine Rolle für gesundes Essen: Wer lange Zeit stark verarbeitete Lebensmittel unachtsam verzehrt hat, schmeckt die zarten Aromen natürlicher Lebensmittel kaum und denkt häufig, dass vollwertige Lebensmittel kein Genuss sind. Wer sich die Zeit nimmt, natürliche Lebensmittel gut zuzubereiten und zu erschmecken, wird merken, wie sich die Sinne und der Geschmack mit der Zeit verändern.

Wie kann es gelingen, Schritt für Schritt mehr pflanzliche Lebensmittel in die eigene Ernährung einzubauen?

Meyer: Jeder sollte sich seine eigenen Ziele setzen und schrittweise Veränderungen vornehmen. Jemand, der nur eine Portion Gemüse am Tag isst, konzentriert sich vielleicht erstmal darauf, zwei Wochen lang auf zwei Portionen zu erhöhen. Wer täglich Fleisch isst, könnte sich vornehmen, zweimal pro Woche eine pflanzliche Proteinalternative zu wählen, etwa Linsenburger oder Bolognese aus Sojagranulat. Der Geschmack passt sich mit der Zeit von allein an, wenn wir uns nicht zwingen.

Viele beginnen bei den Brotaufstrichen und ersetzen Butter, Wurst oder Käse durch pflanzliche Alternativen. Meine Empfehlung: Butter durch hochwertige Margarine mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren ersetzen. Statt Käse und Wurst pflanzliche Aufstriche aus Hülsenfrüchten, Gemüse oder gewürztem Tofu wählen. Hier ist allerdings ein bisschen Achtsamkeit geboten, da viele der Produkte stark verarbeitet sind, besonders Wurstalternativen enthalten oft viele Zusatzstoffe und gesättigte Fettsäuren.

Welche Vorteile hat eine pflanzliche Ernährung für die eigene Gesundheit und die des Planeten?

Meyer: Sie reduziert das Risiko für Diabetes mellitus und koronare Herzkrankheiten, wirkt sich antientzündlich auf das gesamte System aus und hat einen positiven Einfluss auf die Darmgesundheit.

Zudem schont sie die Ressourcen unseres Planeten deutlich besser als eine Ernährung mit tierischen Produkten. Die Massentierhaltung ist weltweit für etwa 15 Prozent der Klimagase verantwortlich. Um ein Kilo tierisches Protein zu produzieren, braucht es je nach Tier und Produkt zwei bis 20 Kilo pflanzliches Protein. Das verursacht einen großen Bedarf an Agrarflächen, die dann nicht mehr für gesunde Ökosysteme verfügbar sind. Dadurch nimmt die Biodiversität ab.

Welche Rolle spielt die Qualität der Lebensmittel in puncto Gesundheit?

Meyer: Frische Lebensmittel, die möglichst natürlich auf gesunden Böden gewachsen sind, wirken sich positiv auf die Gesundheit und das Darmmikrobiom aus. Lange gelagerte, weit gereiste Ware oder solche, die auf ausgelaugten Böden bzw. in Gewächshäusern gewachsen ist, hat hingegen weniger sekundäre Pflanzenstoffe.

Auch bei Ölen und Fetten spielt eine gute Qualität eine große Rolle. Durch falsche Verarbeitung, Lagerung oder Verpackung können sich durch Oxidation schädliche Verbindungen bilden. Geschmacklich können Produkte minderer Qualität ranzig oder fade schmecken.

Eine hohe ernährungsphysiologische Qualität haben Produkte mit vielen ungesättigten Fettsäuren, insbesondere einem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren. Kaltgepresste Öle liefern mehr Nährstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, sind dafür aber nur bedingt zum Erwärmen geeignet. Hochwertige Produkte enthalten pflanzliche Öle. Anbieter wie Deli Reform setzen hier seit Jahrzehnten vor allem auf Rapsöl.

Viele Menschen denken bei pflanzlicher Ernährung oder den Stichworten “vegan” bzw. “vegetarisch” direkt an Verzicht. Was setzen Sie dem entgegen?

Meyer: Ich begegne immer wieder Menschen, die erzählen, dass sie früher in ländlichen Gegenden mit dieser heute so schwierig umzusetzenden Ernährung aufgewachsen sind: Fleisch gab es da nur einmal die Woche. Dafür viel Selbstgemachtes, regionales Gemüse, selbst Fermentiertes, Bohnen und so weiter. Es ist also gar nicht so viel Neuerung, sondern eher ein “back to the roots”.

Wer sich sehr zu etwas zwingt, neigt später zur Superkompensation. Deshalb empfehle ich, lieber langsam mit der Umstellung zu beginnen und den Speiseplan zunächst eher durch pflanzliche Lebensmittel zu erweitern. Wer herumexperimentiert, wird früher oder später auch spannende Gerichte ohne Fleisch für sich entdecken und so automatisch zum Flexitarier.

Oft wird eine pflanzliche Ernährung mit Mängeln in Verbindung gebracht, so haben zum Beispiel Sportler und Sportlerinnen oft Angst, durch Pflanzen nicht genügend Eiweiß zu bekommen. Zudem sollen Veganer oft unter B12-Mangel leiden. Stimmt das überhaupt? Und falls ja, auf welche Nährstoffe müssen Menschen, die sich pflanzlich ernähren, besonders achten?

Meyer: Das gilt nicht nur für Menschen, die sich pflanzlich ernähren: Auch wer tierische Produkte isst, darf sich gerne mal damit beschäftigen, was der Körper braucht, um dauerhaft gesund zu bleiben. Aber genauso sollte sich ein Veganer Gedanken machen, was er braucht und in welchen Maßen. Es reicht nicht, einfach nur die tierischen Produkte wegzulassen. Menschen, die kein Fleisch und keine Milchprodukte essen, nehmen oft zu wenig Protein und zu viele Kohlenhydrate zu sich. Wer sich angewöhnt, zu jeder Mahlzeit ein Viertel proteinreiche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Tofu, Sojagranulat, Saaten und Nüsse zu essen, ist hier gut versorgt. Auch Kohlenhydrat-Lieferanten wie Getreide und Co. enthalten Proteine.

Weitere kritische Nährstoffe sind Vitamin B12, Eisen, Calcium. Jod, Omega-3-Fettsäuren, Zink, Selen und Vitamin B2. Wer regelmäßig verschiedene Hülsenfrüchte, Saaten, Nüsse und Vollkornprodukte sowie viel frisches Gemüse isst, deckt seinen Bedarf an fast allen Vitaminen und Mineralstoffen. Für Omega-3-Fettsäuren sorgen täglich Leinöl, Rapsöl, Walnussöl, Olivenöl oder Streichfette, die diese enthalten. Aber Vorsicht: Diese Öle sind sehr hitzeempfindlich. Am besten gibt man sie nach dem Kochen/Dünsten über das Essen. Wer zur Mahlzeit etwas Vitamin-C-reiches isst, optimiert seine Eisenaufnahme. Für die ausreichende Aufnahme von Jod empfehle ich, Jodsalz zu verwenden und einmal wöchentlich Algen zu integrieren.

Vitamin B12 ist in pflanzlichen Lebensmitteln nicht zu finden, da es nur von Mikroben hergestellt wird. Hier sollte man regelmäßig substituieren. Ebenso Vitamin D, das der Körper nur unter UV-Einstrahlung bildet. Im Winter empfehle ich hier die Substitution.

Welche Tipps haben Sie für Menschen, die Bedenken haben, dass eine pflanzliche Ernährung möglicherweise nicht ausreichend sättigt?

Meyer: Eine ausgewogene und sättigende Mahlzeit besteht zu einem Viertel aus komplexen Kohlenhydraten, einem Viertel aus Proteinen, zur Hälfte aus Obst und Gemüse sowie ein bis zwei Esslöffeln gesunden Ölen oder Fetten. Wer eine fett- oder proteinarme Mahlzeit isst, wird erst spät ein angenehmes Sättigungsgefühl spüren und zu viele Kohlenhydrate verzehren. Der Körper kann über Rezeptoren wahrnehmen, ob alle benötigten Makronährstoffe angekommen sind. Fette und Proteine verlängern die Magenverweildauer einer Mahlzeit und sorgen dafür, dass Kohlenhydrate langsamer ins Blut geraten. So gibt es keine Blutzuckerschwankungen, sondern eine gleichmäßige, gute Versorgung.

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