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Bewusste Atmung: So regulierst du dein Nervensystem

Unser Atem begleitet uns vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens – und doch schenken wir ihm oft kaum Beachtung. Dabei spiegelt er nicht nur unseren aktuellen Gemütszustand wider, sondern beeinflusst ihn auch maßgeblich. Wer einmal innegehalten und bewusst tief geatmet hat, kennt das Gefühl: Plötzlich wird der Kopf klarer, der Körper entspannter, das Herz ruhiger. In diesem Beitrag möchte ich dir zeigen, wie Atem und Nervensystem verbunden sind – und wie du diese Verbindung gezielt nutzen kannst, um mehr Ruhe, Energie und Wohlbefinden in deinen Alltag zu bringen.

Bewusste Atmung Foto: Kelvin Valerio / Pexels
Foto: Kelvin Valerio / Pexels

Die richtige Atmung kann wahre Wunder auf unseren Gemütszustand wirken. Viele Menschen atmen unbewusst flach – meist nur in den oberen Brustraum. Oberflächliche Atmung ist oft das Produkt von Stress, Angst und Hektik. Gleichzeitig hält ein flaches Atemmuster den Körper in einem Zustand innerer Anspannung. Auf diese Weise trägt das Atemmuster vieler Menschen zu chronischem Stress bei.  Tiefes, bewusstes Atmen kann dabei helfen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, damit der Körper in die ebenso notwendige Entspannung und Regeneration kommen kann.

Wie Stress und Atmung zusammenhängen

Wie genau verstärkt flache Atmung unsere Stressreaktionen? Oberflächliche Atmung regt den sogenannten Sympathikus an, der Teil des autonomen Nervensystems ist. Stark vereinfacht, steuert das autonome Nervensystem unseren Gemütszustand oder „wie aktiv wir sind“. Es agiert außerhalb unserer bewussten Wahrnehmung und steuert sogenannte autonome Funktionen wie Herzschlag, Atmung, und Hormonausschüttung. Die Aktivierung des Sympathikus sorgt hierbei dafür, dass wir aufmerksam sind und in Gefahrsituationen schnell agieren können. Ist er aktiv, so werden Stresshormone ausgeschüttet, Puls und Blutdruck steigen, und der Blutzuckerspiegel ist hoch. Bei dauerhafter sympathischer Aktivierung entsteht chronischer Stress, welcher sich unter anderem in Angstzuständen, Verspannungen und Unwohlsein äußert. Durch die flache Atmung wird zudem die Sauerstoffaufnahme ineffizient, was das Gefühl von innerer Unruhe und Erschöpfung weiter verstärkt.

Regulation durch bewusste Atmung

Was viele nicht wissen: Die Atmung ist die einzige autonome Funktion, die wir bewusst beeinflussen können. Dadurch rückt sie in eine zentrale Position: Atmung bildet die direkte Schnittstelle zwischen bewusster Steuerung und autonomer Reaktion. Diese Einflussmöglichkeit lässt sich nutzen, um den Parasympathikus zu stimulieren, den Gegenspieler des Sympathikus. Ein zentraler Bestandteil des Parasympathikus, der Vagusnerv, verläuft durch Zwerchfell und Brust – tiefe Atmung massiert ihn regelrecht.

Ist der Parasympathikus aktiv, so sorgt er für eine Senkung von Puls und Blutdruck, reduziert Stresshormone und regt Zellregeneration und Verdauung an. Durch die tiefe Atmung bekommt der Körper mehr Sauerstoff. Die Effekte finden nicht nur auf der körperlichen Ebene statt, sondern auch auf der mentalen: Es entstehen innere Ruhe, Klarheit und ein Gefühl von Sicherheit.

Darüber hinaus wirkt sich bewusste Atmung auch auf andere Körpersysteme aus – wie etwa bestimmte Nervenbündel (Plexus) oder hormonelle Zentren. Die positiven Effekte hier verstärken wiederum die Auswirkungen auf das Nervensystem – es entsteht ein positiver Rückkopplungseffekt.

Tipps

Doch worauf genau sollte man bei der tiefen Atmung achten? Der Atem sollte sich in den Bauchraum verlagern – bei jeder Einatmung hebt sich die Bauchdecke und bei jeder Ausatmung senkt sie sich merkbar. Wichtig ist hierbei eine langsame, rhythmische Atmung. Um ein Gefühl für die „richtige“ Geschwindigkeit zu entwickeln, hilft es, bei der Einatmung langsam bis 4 zu zählen – und bei der Ausatmung vielleicht sogar bis 6. Mit der Zeit können die Intervalle auch länger werden. Es hilft auch, die Augen zu schließen und sich vollkommen auf das Fühlen des ein- und des ausströmenden Atems zu konzentrieren. Dabei reicht es vollkommen aus, dies anfangs für nur 2-3 Minuten am Stück zu machen – also perfekt um bei der Arbeit, in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch sonst im Alltag kleine Pausen einzubauen.

Fazit

Die Atmung kann ein mächtiges Werkzeug sein, mit welchem wir eine bewusstere Beziehung zu unserem Körper und zu unserem Gemütszustand aufbauen können. Durch die tiefe Atmung machen sich oft in nur wenigen Wochen bereits erste Veränderungen bemerkbar. Dennoch ist es wichtig zu verstehen, dass es sich hierbei um langwierige, komplexe Prozesse handelt, die unsere Grundgesundheit nach und nach verbessern. Akute Gesundheitsprobleme verschwinden nicht einfach von einem Tag auf den nächsten und das Wissen um diese Zusammenhänge befreit uns nicht von der Notwendigkeit, in medizinischen Notfällen die Hilfe von Experten aufzusuchen. Dennoch kann ich nur jedem ans Herz legen, sich mehr mit der Thematik auseinanderzusetzen.

Wer mehr zur Rolle des autonomen Nervensystems auf die ganzheitliche Heilung von Körper und Geist lesen mag, kann dafür diesem Link folgen:

Hinweis: Die Inhalte dieses Beitrags dienen ausschließlich der allgemeinen Information und stellen keine medizinische, therapeutische oder gesundheitliche Beratung dar. Sie ersetzen in keinem Fall die fachliche Beratung durch Ärzt*innen oder Therapeut*innen. Bei gesundheitlichen Beschwerden wenden Sie sich bitte immer an eine qualifizierte Fachperson.
Rami Kalfouni