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Immer mehr im Fokus: Warum Gendermedizin allen nützt

Gendermedizin wurde lange nicht beachtet, gewinnt aber zunehmend an Bedeutung. Sie soll dafür sorgen, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht eine bessere medizinische Versorgung erhalten.

Gendermedizin wird zunehmend auch an deutschen Universitäten gelehrt.
Foto: Studio Romantic/Shutterstock

Frauen und Männer haben oft unterschiedliche Erfahrungen mit Krankheiten. Trotzdem werden medizinische Studien überwiegend an Männern durchgeführt, was bei Frauen zu schwereren Nebenwirkungen führen kann. Die Gendermedizin widmet sich genau diesen geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Krankheiten.

Unterschiede bei Symptomen und Behandlung

Ein anschauliches Beispiel für das Ungleichgewicht in der medizinischen Versorgung von Frauen im Vergleich zu Männern stammt aus der Herz-Kreislauf-Forschung: Bei Verdacht auf Herzinfarkt zögern Frauen häufig, für sich selbst den Notarzt zu verständigen, während sie dies für ihren Partner schnell tun würden. Polnische Studien aus dem Jahr 2019 haben gezeigt, dass Frauen oft familiären Verpflichtungen den Vorrang geben, was auf mangelnde Aufklärung zurückzuführen ist. Außerdem haben Frauen oft andere Symptome als Männer, was die Selbstdiagnose erschwert: Anstelle der typischen Schmerzen im Arm und dem Stechen in der Brust leiden Frauen meistens unter Rückenschmerzen und Übelkeit.

Ein weiteres Problem ist die Wirkung von Medikamenten. Zum Beispiel wurde das Schlafmittel Zolpidem lange Zeit ohne Anpassung an das Geschlecht verschrieben. Eine Studie der US-Arzneibehörde FDA aus dem Jahr 2013 zeigt jedoch, dass Frauen den Wirkstoff langsamer abbauen und daher häufiger unter Müdigkeit leiden.

Auch Herz-Kreislauf-Medikamente wie ACE-Hemmer führen bei Frauen häufiger zu Reizhusten als Nebenwirkung. Diuretika, die zur Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt werden, können bei Frauen oft Muskelschwäche und Herzrhythmusstörungen verursachen. Betablocker müssen bei Frauen in der Regel ebenfalls niedriger dosiert werden.

Gender Health Gap: Eine lange ignorierte Tatsache

In der Vergangenheit wurden Frauen wegen hormoneller Schwankungen als zu komplex für Studien betrachtet. Deshalb basieren Dosierungen und Behandlungsmethoden meistens auf Daten von Männern. Der Deutsche Ärztinnenbund e.V. (DÄB) betont, dass Gendermedizin in der medizinischen Ausbildung noch nicht ausreichend integriert ist.

Obwohl anerkannt ist, dass Genderaspekte in die medizinische Lehre integriert werden müssen, zeigt eine Umfrage des DÄB aus dem Jahr 2016, dass dies noch nicht ausreichend geschieht. Nur an fünf Fakultäten wurden gendersensible Inhalte in der Kardiologie und der klinischen Pharmakologie gelehrt, darunter in der Berliner Charité. Einige Fakultäten haben jedoch Maßnahmen ergriffen. Seit Anfang 2024 werden an der Universität Magdeburg diese Unterschiede auch in der universitären Lehre und klinischen Versorgung berücksichtigt, um das Fach Geschlechtersensible Medizin aufzubauen.

Bessere Versorgung durch Gendermedizin

Nicht nur Frauen, sondern auch Männer ziehen Nutzen aus dieser Forschung. Sie ermöglicht eine differenzierte und individuell angepasste medizinische Versorgung. Auch für andere spezifische Unterschiede, wie bei Trans-Personen oder intersexuellen Menschen, soll dies zukünftig zu besseren Behandlungsergebnissen führen.

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