Über Touristen im eigenen Land ärgert man sich als Einheimischer schnell. Aber verhält man sich als Reisender im Ausland besser? So gelingt ein respektvoller Urlaub.
Respektvoll reisen: Was einen guten Touristen ausmacht
Immer wieder verhalten sich Touristen im Urlaub unangemessen. In einer Analyse von 2.088 “Reddit”-Kommentaren identifizierten die Tourismuswissenschaftler Ismail Shaheer und Neil Carr kürzlich Touristengruppen, die Einheimische am häufigsten verärgern. Fünf Typen stechen dabei besonders negativ hervor, darunter die “Kultur-Ignoranten”, also Touristen, denen es an heiligen Orten wie Kirchen oder Moscheen an Respekt fehlt. Ein Beispiel auf Reddit ist der Ground Zero in New York, wo Touristen nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 lächelnd posieren.
Mit den “Kultur-Ignoranten” verwandt sind die “Fotomacher”, die beim Fotografieren Sicherheitshinweise ignorieren, die Natur oder Kulturgüter beschädigen oder sich generell respektlos verhalten. Ein Reddit-Nutzer nannte als Negativbeispiel das Machen von Selfies vor dem Holocaustdenkmal in Berlin. Ebenso ärgert es die lokale Bevölkerung, wenn Warnhinweise missachtet werden und sich Touristen unnötig in Gefahr begeben.
Viele Reddit-User ärgern sich ebenfalls über die “Störer”, die zum Beispiel in Parks Lärm machen oder den Gottesdienst stören, indem sie zu spät kommen oder vorzeitig gehen. Auch die “Verschmutzer” sind unbeliebt. Einheimische haben kein Verständnis für Menschen, die ihren Müll nicht in Mülleimern entsorgen oder in der Öffentlichkeit urinieren. Schließlich hebt ein Urlaub die üblichen Benimmregeln keineswegs auf.
Ein guter Tourist werden – Sprache, Kultur, Kulinarik
Mit etwas Recherche vor dem Urlaub lassen sich viele Fehler leicht vermeiden. Justin Francis, Mitgründer der Reiseplattform “Responsible Travel”, betont im Gespräch mit dem “Guardian”, dass ein Fremdenführer ein idealer Reisebegleiter sein kann. Er unterstützt Touristen dabei, geschickt Menschenmengen zu umgehen und führt sie zu den besten Aussichtspunkten.
Dr. Peter Robinson, Leiter des Zentrums für Tourismus- und Gastgewerbemanagement an der Leeds Beckett Universität, empfiehlt im “Guardian”, sich vor Beginn der Reise mit der Sprache vertraut zu machen. Es sei eine freundliche Geste gegenüber den Einheimischen, einige Worte in der Landessprache zu lernen.
Francis erklärt weiter, dass man die lokale Kultur am besten durch das kulinarische Angebot entdecken könne. Reisende sollten nach Restaurants mit traditionellen Gerichten suchen, einen Markt besuchen oder sich für einen Kochkurs entscheiden.
Overtourism vermeiden
Wo es viel zu sehen gibt, zieht es logischerweise auch die meisten Menschen hin. Die spanische Metropole Barcelona plant zum Beispiel, bis 2028 alle Ferienwohnungen abzuschaffen, um dem sogenannten Overtourism entgegenzuwirken. Aber nicht nur die beliebten Reiseziele selbst, auch die Urlauber können etwas gegen die Überfüllung der Städte tun.
Anstatt ständig nur die auf Social Media präsentierten Orte zu besuchen, empfiehlt Francis, nach weniger bekannten Ländern, Städten und Sehenswürdigkeiten abseits der Massen zu suchen. Es lohnt sich auch, das eigene Land zu erkunden. Das spart nicht nur Geld, sondern ist gleichzeitig umweltfreundlich.
Auch der Zeitpunkt der Reise kann bei der Urlaubsplanung eine wichtige Rolle spielen. Wer keine Kinder hat und somit nicht an die Schulferien gebunden ist, sollte die Hauptsaison vermeiden. Ebenso ermutigt Julia Simpson, CEO des “World Travel & Tourism Council”, Touristen im “Guardian” dazu, die Uhrzeiten und Tage zu berücksichtigen, an denen man Touristenattraktionen besucht, um Menschenmengen zu vermeiden. “Meiden Sie Hotspots zu Stoßzeiten, ersparen Sie sich und den Anwohnern Stress.”
Natur durch klimafreundliches Reisen schützen
Dr. Robinson warnt auch vor dem sogenannten “Last Chance-Tourismus”, bei dem viele Menschen aufgrund des Klimawandels die letzte Chance nutzen würden, Korallenriffe oder Gletscher zu besuchen. Solche Orte sind jedoch nicht für eine so große Anzahl an Besuchern ausgelegt.
Auch beim Reisen selbst gilt es auf die Umwelt zu achten. Ein Bericht der “World Tourism Organization” zeigt, dass die CO2-Emissionen der Tourismusbranche in Bezug auf alle Verkehrsmittel 22 Prozent ausmachen. Die Organisation prognostiziert einen Anstieg des transportbezogenen Co2-Ausstoßes im Tourismussektor um 45 Prozent zwischen 2016 und 2030. Um dem entgegenzuwirken, sind Fernzüge und -busse häufig eine gute Alternative zu Flugzeugen oder Kreuzfahrtschiffen.