Auch zum Start in die Olympia-Saison ist Frankreich im Frauen-Biathlon das Maß der Dinge. Intern rumort es im Team aber gewaltig. Es geht nicht mehr nur um Betrug, sondern auch um Manipulation.
Ärger bei Frankreichs Biathletinnen: Ziemlich beste Feinde

Frankreichs Biathletinnen sind schon zum Saisonstart in Olympia-Form, aber der Betrugs- und Kreditkartenskandal um Julia Simon ist noch nicht vorbei. Die nächste Affäre dreht sich um Jeanne Richard, die angeblich das Gewehr ihrer Teamkollegin Océane Michelon manipuliert hat.
Medienberichte der vergangenen Wochen legen diesen wohl einmaligen Vorfall nahe, der sich kurz vor Ende des letzten Winters auf der slowenischen Pokljuka ereignet haben soll. Angeblich habe Teamkollegin Justine Braisaz-Bouchet das sogar beobachtet, schrieb das Portal «Dicodusport». Michelon und Richard kämpften zu diesem Zeitpunkt um das blaue Trikot der besten U23-Athletin im Weltcup. Am Ende setzte sich Michelon mit nur fünf Punkten Vorsprung hauchdünn durch.
Richard: Habe eigene Meinung, die ich für mich behalte
In Östersund standen Richard und Michelon nun nebeneinander im Ziel und sollten sich über den dominanten Auftaktsieg mit der Frauenstaffel freuen. Die eher zurückhaltenden Gesten boten dabei viel Raum für Interpretation. Genauso wie die Sätze, die sie anschließend am ARD-Mikrofon sagten. «Ich kenne die Geschichte, habe davon gehört. Das verletzt mich sehr. Aber ich habe meine eigene Meinung, die ich für mich behalte», sagte die 23 Jahre alte Richard und gab sich unschuldig.
Nachdem von den Franzosen nach Angaben der ARD zunächst keine Nachfragen zu diesem Thema zugelassen wurden, konnten die Fragen von den internationalen Fernsehteams demnach erst nach Intervention des Weltverbandes gestellt werden. Aufklärung brachte das aber nicht. «Wir hören eine Menge Geschichten über unser Team. Aber heute und auch in Zukunft ist es am wichtigsten, dass wir uns auf die Saison konzentrieren», antwortete Michelon und sagte gleichzeitig nichts.
Frankreichs Verband äußerte sich kryptisch
Der französische Skiverband FFS ist bemüht, die vermeintliche Affäre möglichst kleinzuhalten – und äußerte sich selbst nicht klar. Zwar hatte der Verband im November in einem kryptischen Statement bestätigt, dass es einen Verstoß gegen die internen Regeln gab, der im Sommer zu einer Suspendierung geführt hatte. Konkreter wurde es aber nicht. Stattdessen hieß es auch: «Im Gegensatz zu gewissen Gerüchten, die in diversen Medien zirkulieren, wurde kein Fehlverhalten zwischen zwei Athletinnen des französischen Biathlon-Teams festgestellt.»
Braisaz-Bouchet: «Man muss nicht befreundet sein»
Trotzdem spricht keiner klar darüber. Richard fehlte im Sommer zu Beginn jedenfalls in Frankreichs Trainingslager, was zu Spekulationen führte. Ein offizieller Grund wurde nicht genannt. «Man muss nicht befreundet sein, um gute Leistungen zu zeigen», sagte Braisaz-Bouchet derweil. Sie ergänzte beim schwedischen Sender SVT ausweichend: «Außerhalb der Arena verbringe ich meine Zeit nur mit positiven Menschen. Ich konzentriere mich, wie schon in den letzten Jahren, auf meine eigene Leistung, meine Karriere, meine Familie und meine Tochter. Das hat Priorität.»
Die 29-Jährige war zuvor ebenfalls im Mittelpunkt des Skandals um Julia Simon. Die zehnmalige Weltmeisterin Simon wurde gerade vom Strafgericht in Albertville zu einer dreimonatigen Haftstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von 15.000 Euro verurteilt. Sie hatte mit gestohlenen Kreditkartendaten von Braisaz-Bouchet und einer Physiotherapeutin mehrmals Waren im Internet im Wert von etwa 2.500 Euro gekauft. Auch andere Teammitglieder waren betroffen, haben jedoch keine Anzeige erstattet. Inzwischen hat sich Simon entschuldigt und alles zugegeben, nachdem sie lange Zeit die Taten vehement bestritten hatte.
Der Fall Frankreichs Team hatte zwei Jahre lang schwer belastet und die Trainer an ihre Grenzen gebracht. Trotz unüberwindbarer Differenzen mussten sie die Auswahl zusammenhalten. Beachtlich ist, dass dies keinerlei Auswirkungen auf die sportlichen Leistungen hatte, da Frankreich über eine Vielzahl von Top-Athletinnen verfügt. Lou Jeanmonnot führte in Schweden sowohl die Frauen- als auch die Mixed-Staffel zum Weltcupsieg. Es ist unklar, ob Coach Cyril Burdet trotz aller Erfolge nach den Olympischen Spielen weitermachen wird.
Gesperrte Simon schon beim nächsten Weltcup zurück
Nachdem Simon verurteilt worden war, wurde er im November auch mit einem sechsmonatigen Wettkampf- und Trainingsverbot belegt – jedoch wurden fünf Monate davon nur auf Bewährung ausgesprochen. Einem Start bei den Olympischen Winterspielen im Februar 2026 in Südtirol steht nichts im Weg. In Östersund, wo am Dienstag (15.30 Uhr/ZDF und Eurosport) das erste Einzelrennen der Frauen ansteht, fehlt Simon noch, aber schon beim nächsten Weltcup in Hochfilzen wird die 29-Jährige wieder dabei sein.
Das Team ist derart gut aufgestellt, dass Simons Fehlen zum Start kaum auffiel, trotzdem wird sie sich ziemlich sicher einen Platz im Olympia-Team sichern. Zur guten Stimmung wird das nicht beitragen, dem Vernehmen nach ist die neunmalige Weltcupsiegerin nach ihren Taten ziemlich isoliert. «Diese Situation belastet das Frauenteam und den französischen Biathlon im Allgemeinen schwer», sagte Frankreichs Biathlon-Ikone Martin Fourcade. «Es beeinträchtigt das gesamte Team schon viel zu lang.»
Der aktuelle Skandal sorgt dafür, dass die erwartete Ruhe in weiter Ferne bleibt.








