Selina Grotian ist 20 und holt ihren ersten Weltcupsieg. Zusammen mit Franziska Preuß jubelt sie im Regen von Le Grand-Bornand. Auch Danilo Riethmüller landet einen Coup.
Grotian und Riethmüller: Neue Biathlon-Gesichter strahlen
Biathletin Selina Grotian umarmte nach ihrem ersten Sieg Franziska Preuß, bevor sie ganz gelassen ihr erstes Siegerinterview gab. Mit dem ersten Doppelerfolg seit fast fünf Jahren krönten die beiden Skijägerinnen das erfolgreichste Wochenende der Saison, nachdem zuvor Danilo Riethmüller im Massenstart als Zweiter mit dem ersten Weltcup-Podium seiner Laufbahn in Le Grand-Bornand für eine faustdicke Überraschung gesorgt hatte.
«Ich bin gerade baff, habe keine Worte dafür. Ich kann nicht glauben, dass ich gewonnen habe», sagte Grotian der ARD – gelassen und entspannt. Mit insgesamt sechs Podestplätzen und Preuß im Gelben Trikot reist das deutsche Team hochzufrieden in die ersehnte Weihnachtspause.
«Das grausigste Rennen»
Neben dem Doppelerfolg im Massenstart war der Erfolg in der Verfolgung von Preuß bemerkenswert, die auch leicht angeschlagen Zweite im Sprint wurde. Vanessa Voigt belegte den dritten Platz im Sprint, verzichtete jedoch gesundheitlich angeschlagen auf das letzte Rennen des Jahres.
«Cool, dass wir beide auf dem Podest stehen», sagte Preuß (30), die jetzt selbst bei nicht 100 Prozent Topleistungen abrufen kann. «Aber es war das grausigste Rennen, das ich jemals gemacht habe», sagte die Bayerin, nachdem es ohne Unterlass geregnet hatte.
Preuß in der Form ihres Lebens
Die in der Vergangenheit oft leidgeplagte Preuß erlebt den besten Saisonstart ihrer Karriere und baute die Führung im Gesamtweltcup weiter aus. Sie stand sechsmal auf dem Podium, war nie schlechter als Fünfte. Jetzt will sie zu Hause an Weihnachten mit Freund Simon Schempp und ihrer Familie Kraft tanken und sich erholen, um wieder auf volle 100 Prozent Leistungsstärke zu kommen: «Jetzt freue ich mich aber erst mal auf die Pause.» Für sie und Voigt geht es am 28. Dezember auf Schalke bei der Team-Challenge zusammen mit Philipp Nawrath und Justus Strelow schon wieder weiter.
«Das Klima im Team passt perfekt, Jung und Alt ergänzen sich perfekt», sagte Disziplintrainer Kristian Mehringer und brachte das derzeitige Erfolgsgeheimnis auf den Punkt.
Grotian will weiter ruhig an Karriere arbeiten
Grotian und die 19-jährige Julia Tannheimer, die aufgrund von Verletzungen zwei Rennen in Frankreich auslassen musste, haben gezeigt, dass sie das Versprechen für die Zukunft sind. In den französischen Alpen hatte Grotian großes Pech in der Verfolgung, als sie in einer Abfahrt ihren rechten Ski verlor und schließlich als 14. ins Ziel kam.
«Ich bin ein sehr ruhiger Typ, arbeite sehr viel mit mir selbst», erklärte die mehrmalige Junioren-Weltmeisterin, die sich jetzt auf ihre Familie und ihren Hund Nala freut. Zuvor war es für die ehrgeizige Grotian in der Saison nicht wie erhofft verlaufen, auch schlechtere Ergebnisse waren dabei, die in diesem Alter aber auch zu erwarten sind.
Riethmüller erlöst deutsches Männer-Team
Wie Grotian erlebte auch Spätstarter Danilo Riethmüller seine Podest-Premiere. «Ich freue mich jetzt auf meine Frau und meinen Dackel», sagte Riethmüller, der selber nicht genau wusste, wie er bei seinem Coup Dominator Johannes Thingnes Bö aus Norwegen hinter sich hielt und nur dessen Bruder Tarjei den Vortritt lassen musste.
«Mir fehlen noch etwas die Worte, ich bin wahnsinnig happy», sagte der 25-Jährige, der tags zuvor im Verfolger mit dem Sprung von Rang 29 auf sieben schon ein Achtungszeichen setzte. Nach seinem erfüllten Lebenstraum schickte er einen Dank an Bundestrainer Uros Velepec und seinen Heimcoach Alexander Wolf.
Männer treten aus dem Schatten
«Dass sie mir das Vertrauen geben, mich auch durch das Tal der Fehler begleitet und mir weiter die Chance gegeben haben», sagte Riethmüller, der in Hochfilzen durch eine Strafrunde das Staffelpodest verpatzte.
Die Männer standen im Schatten der Frauen, bevor Riethmüller seinen Coup landete. In der ersten Saison nach dem Rücktritt von Benedikt Doll, dem letzten Vertreter der Goldenen Generation um Arnd Peiffer, Erik Lesser und Schempp, sind die Leistungen solide, aber vor allem am Schießstand klappt es noch nicht konstant gut. Riethmüllers Erfolg könnte eine Initialzündung sein.