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Deutscher Boxer Nelvie Tiafack gewinnt Bronzemedaille in Tokio

Tiafack verpasst Olympia-Finale im Superschwergewicht, plant Wechsel ins Profilager nach erfolgreicher Karriere als Amateur.

Boxer Nelvie Tiafack verpasst das Olympia-Finale, kann sich aber mit Bronze trösten.
Foto: Jan Woitas/dpa

Nachdem Nelvie Tiafack enttäuscht aus dem Ring gestiegen war, schien der Kölner Koloss völlig erschöpft zu sein. Der deutsche Boxer hat das Olympia-Finale im Superschwergewicht verpasst und muss sich mit der Bronzemedaille zufrieden geben. Der 25-Jährige verlor sein Halbfinale gegen den Tokio-Olympiasieger Bakhodir Jalolov aus Usbekistan einstimmig nach Punkten. Bronze war Tiafack schon vor dem ersten Gong sicher gewesen, da sich die Halbfinal-Verlierer bei Olympia den dritten Platz teilen.

Vor etwa 14.000 Zuschauern im Court Philippe-Chatrier im Stade Roland Garros, wo normalerweise die großen Tennismatches der French Open stattfinden, fehlte Tiafack etwas der Mut für eine Überraschung gegen den souveränen Favoriten.

Der Deutsche Boxsport-Verband hat zum ersten Mal überhaupt eine Olympia-Medaille im Superschwergewicht gewonnen und das erste Edelmetall seit 2016, als Artem Harutyunyan im Halbweltergewicht in Rio de Janeiro Bronze holte. Maxi Klötzer aus Chemnitz und Magomed Schachidov aus München schieden bereits in der ersten Runde aus.

Für Tiafack war es wahrscheinlich der letzte Kampf als Amateur. Der Europameister von 2022 plant den Wechsel ins Profilager. Im Falle eines Olympiasiegs wären die Vermarktungschancen für den 1,89 Meter großen Athleten mit einem Kampfgewicht von 110 Kilogramm noch einmal deutlich größer gewesen.

Kein Erbe von Lewis, Klitschko und Co.

Tiafack kann damit nicht mehr in die Fußstapfen von Box-Superstars wie Lennox Lewis, Wladimir Klitschko und Anthony Joshua treten, die in der prestigeträchtigen Gewichtsklasse alle Olympiasieger wurden. Dabei war genau das sein Plan gewesen. «Ich traue mir einiges zu. Ich setzte meine Ziele relativ hoch», hatte Tiafack nach seinem Viertelfinalsieg gesagt: «Wer mich kennt, der weiß: Wenn ich in den Ring steige, dann will ich gewinnen. Das werde ich auch immer zeigen.»

Im Finale hat es jedoch nicht ganz gereicht, die Niederlage nach Punkten war deutlich. Dennoch ist die Bronzemedaille der bisher größte Erfolg in der Karriere des gebürtigen Kameruners, der mit 15 Jahren zum Boxsport kam. Sein Talent wurde früh beim SC Colonia 06 erkannt. Mit 19 Jahren wurde er bereits deutscher Meister in der Elite-Klasse. Doch Verletzungen und Gewichtsprobleme haben ihn immer wieder gebremst.

Seine Liebe zu Süßigkeiten führte dazu, dass er oft zehn, zwölf Kilogramm zu viel wog. Jetzt isst er gesünder und bewusster, was ihn im Ring explosiver und beweglicher macht.

Zweites Standbein: Autovermietung

An Willen im Ring hat es ihm nie gemangelt. Auch im wahren Leben musste er sich früh durchkämpfen. Mit seiner Mutter Josephine («Ihr verdanke ich alles»), die seine Olympiakämpfe in Paris vor Ort verfolgte, war er als Achtjähriger alleine nach Deutschland gekommen, «da hatte ich gar keine andere Möglichkeit, als stark zu sein». Er probierte Fußball und Basketball aus, doch erst beim Boxen konnte er seine Emotionen in die richtigen Bahnen lenken. Sein sportliches Vorbild ist Mike Tyson, «so ein Kämpferherz haben nicht viele».

Sollte es mit der Profikarriere nicht klappen, hat sich Tiafack bereits ein zweites berufliches Standbein aufgebaut. Mit seinem Kumpel gründete er eine Autovermietung. «Ich wollte nie vom Sport abhängig sein. Beim Boxen kann jeden Tag etwas passieren», sagte er bei Sky: «Wenn ich davon abhängig wäre, würde meine sportliche Karriere oder mein Leben an einem seidenen Faden hängen.»

dpa