Deutsche Topclubs erobern den US-Markt mit Fan-Events und Botschaften, auf der Jagd nach Deals und neuen Fans.
FC Bayern und BVB auf US-Markt-Offensive
Beim Maßkrug-Stemmen zeigen die Bayern-Legenden Giovane Elber und Claudio Pizarro in einem Wettbewerb mit Fans in Lederhosen vollen Einsatz. Im Bierhaus in Miami werden Schnitzel, Leberkäse und Bier vom Sponsor des deutschen Fußball-Meisters serviert. Egal ob in Miami, wo viele fußballbegeisterte Lateinamerikaner leben, in Cincinnati oder in Charlotte: Die Münchner veranstalten während des Langzeit-Turniers der Club-WM Fan-Events an ihren Spielorten.
Nicht nur der FC Bayern, sondern auch Borussia Dortmund ist bestrebt, den großen und finanziell lukrativen US-Markt zu erschließen. Der BVB hat Fan-Botschaften in New York, Cincinnati und Atlanta eröffnet, die Dortmunder Bier anbieten. Die deutschen Spitzenclubs sind auf der Suche nach Geschäften im Land von Donald Trump.
In diesem Jahr ist es zeitlich nicht möglich, dass die beiden Bundesliga-Topclubs wie üblich im Sommer eine Marketingreise nach Asien oder Amerika unternehmen. Dennoch kann der Club-Event im neuen XXL-Format optimal als Werbeplattform genutzt werden. Besonders dann, wenn man auch sportlich erfolgreich ist.
Länger als eine klassische Sommer-Werbetour
«Man merkt, dass ein offizielles Turnier immer eine andere Wahrnehmung und Wertschätzung erfährt als eine Vorbereitungsreise. Wir sind ja auch länger hier als im Rahmen einer Sommertour», sagte Geschäftsführer Carsten Cramer der Deutschen Presse-Agentur im Basiscamp des BVB in Fort Lauderdale.
Im Jahr 2026 wird es für die Vereine schwieriger. Das WM-Turnier der Nationalmannschaften mit erstmals 48 Teilnehmern in den USA, Kanada und Mexiko ermöglicht praktisch keine eigenen Fernreisen. Die Topspieler benötigen auch mal eine Pause. Abseits der direkten Hoheitsgebiete der FIFA mit ihren Sponsoren – beispielsweise in den Stadien – können nun auch einige Möglichkeiten für die eigenen, oft international tätigen Werbepartner genutzt werden.
Über 100 Bayern-Fanclubs in den USA
Es geht um Big Business. Bayern-Chef Jan-Christian Dreesen spricht von «einem Momentum», das nie so günstig gewesen sei, «den Fußball in den USA nachhaltig zu etablieren». Der Soccer will im Land der großen Profi-Sportarten American Football, Basketball, Baseball und Eishockey in die TV-Primetime.
Über 100 Bayern-Fanclubs mit mehr als 6.500 Mitgliedern gibt es in den Vereinigten Staaten. Viele Anhänger kommen im Trikot zu den WM-Spielen. Sie empfangen ihre Idole am Teamhotel, hoffen auf ein Selfie und Autogramme. «Unsere Fanbasis wächst», berichtete Finanzvorstand Michael Diederich. Das Basiscamp des Rekordmeisters ist in Orlando, quasi mitten im Disneyland. Thomas Müller posierte dort für Fotos mit Micky Maus und Goofy.
Der FC Bayern betreibt seit langem ein Büro in Manhattan. Der BVB hat ebenfalls nachgezogen. Seit 2024 haben die Schwarz-Gelben auch eine feste Vertretung in New York City. Die Club-WM ist für beide Bundesligisten aus finanzieller Sicht äußerst attraktiv. Vor dem Achtelfinale in der Nacht zum Mittwoch in Atlanta gegen CF Monterrey aus Mexiko hatte der BVB fast 40 Millionen Euro aus dem Prämientopf der FIFA eingespielt.
Die Club-WM als Goldgrube
Die Bayern haben nach dem Erreichen des Viertelfinals gegen den Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain bereits die 50-Millionen-Euro-Marke erreicht. Der Gewinn des Titels würde den 100-Millionen-Euro-Jackpot bedeuten. Einige Mittelklasse-Bundesligisten erzielen nicht einmal so viel Umsatz in einer gesamten Saison.
Die nationalen Ligen und die nicht an der WM teilnehmenden Clubs befürchten, dass die WM-Gelder die finanzielle Überlegenheit der Topvereine noch weiter stärken. Dies ist jedoch nur teilweise richtig: Das Turnier soll alle vier Jahre stattfinden und bietet daher nur einen einmaligen Effekt.
Die jährlichen Einnahmen aus der Champions League von Stammteilnehmern wie Bayern, Dortmund, Real Madrid, PSG oder Manchester City bewegen sich jedes Jahr im hohen zweistelligen Millionenbereich und sogar darüber. Europas Königsklasse verstärkt das finanzielle Gefälle nachhaltig.
WM-Millionen für Woltemade
Trotzdem könnte der WM-Geldregen im aktuellen Sommer-Transferfenster Shoppingtouren eröffnen. Die Bayern könnten einen Großteil ihrer WM-Millionen einfach in den zum Transferziel erkorenen Shootingstar Nick Woltemade vom DFB-Pokalsieger VfB Stuttgart investieren.
Während des Aufenthaltes in den USA geht es für die Bayern und den BVB neben dem Preisgeld von insgesamt einer Milliarde US-Dollar vor allem um Markenbildung. Dortmunds Marketingchef Cramer ist mit seinem Team fleißig unterwegs. In den Fan-Botschaften haben sich mehrere tausend Anhänger getroffen und gefeiert. In Cincinnati, wo der BVB zweimal spielte, wurde ein neuer Fanclub gegründet. Dortmund hat nun 45 Fanclubs in Nordamerika.
Der Verein lud in Manhattan mehrere hundert Gäste, Sponsoren und Prominente zu einer Rooftop-Party ein. Ehemalige BVB-Profis wie Lucas Barrios, Patrick Owomoyela oder Roman Weidenfeller umwarben potenzielle Sponsoren.
Der Wert von «Aktionen vor Ort»
«Man muss die Aktivitäten vor Ort auch immer auf die lokalen Interessen herunterbrechen», verdeutlichte Cramer. «Das, was hier nicht funktioniert, ist womöglich zum Beispiel in Dortmund genau richtig – und umgekehrt. Die Aktionen, die wir hier mit unserem Maskottchen machen, die kommen in Deutschland im Zweifel als albern an. Die funktionieren in den USA oder in Asien aber.» Erst wer häufiger vor Ort ist, lernt, wie Amerikaner ticken.
Seit zehn Jahren unternimmt der BVB aus Marketinggründen mehrtägige Fernreisen. «Unsere Netzwerke, unsere Partner, die Anzahl unserer Fans, unsere digitale Reichweite, natürlich auch unsere Umsätze werden immer größer», schilderte Cramer. Während der Club-WM gewannen die Dortmunder etwa zwei Millionen neue Social-Media-Follower hinzu.
Rückenwind für die Auslandsvermarktung
Auch die Deutsche Fußball Liga möchte von den Auftritten der Bundesliga-Spitzenteams bei der WM profitieren. Je länger sie im Turnier bleiben, desto besser. Die letzte Turnierwoche mit den beiden Halbfinalspielen und dem Endspiel am 13. Juli im MetLife Stadium findet praktisch in New York statt, dem Finanzzentrum mit der legendären Wall Street. Wenn Bayern und/oder der BVB noch im Rennen sind, wäre das für die DFL hilfreich für die TV-Auslandsvermarktung.
«Unsere Teilnahme an der Club-WM wird uns helfen, weil 2026 die Rechte für den amerikanischen Markt neu vergeben werden», glaubt Cramer. Momentan bringe dieser 49 Millionen Euro ein. «Das ist im internationalen Vergleich eher wenig. Wir müssen etwas dafür tun, dass wir das zukünftig übertreffen.» Mit einem deutschen Club-Weltmeister ließe sich vermutlich besser verhandeln.