Kommt jetzt die Ronaldo-Show? Portugals Superstar will erneut den Titel holen. Viel hängt von einem guten Start ins Turnier ab. Und von einem, der den Bayer-Schwung aus der Bundesliga mitnehmen will.
«Denken in großen Dimensionen» – Ronaldos EM-Mission
Bei seiner Rekord-EM zählt für Cristiano Ronaldo nur der Titel. Das ist auch den Mitspielern des 39-jährigen portugiesischen Superstars bewusst.
«Er denkt immer in großen Dimensionen, und wir wollen ihn unterstützen, denn er ist unser Kapitän», versicherte Abwehrspieler Diogo Dalot von Manchester United. «Er ist Inspiration, er zeigt uns, dass alles möglich ist», betonte Auswahlkollege Rúben Dias von Manchester City in Leipzig: «Er ist unser Kapitän und wir gehen mit ihm bis zum Ende.»
Ein Sieg zum Auftakt in Leipzig gegen Tschechien ist Pflicht für die große Ronaldo-Mission, bei der der Bayer-Angreifer Patrik Schick, der zusammen mit Ronaldo bei der EM 2021 Torschützenkönig wurde, antritt. Es wird seine sechste EM sein – so viele schaffte vor ihm keiner – und wahrscheinlich auch seine letzte.
Wie bei der ersten verspürt er ab «dieses Kribbeln im Magen, besonders am Tag vor dem Spiel. Ich bin froh, dass ich es spüre. Wenn ich es nicht spüre, ist es besser, aufzugeben und aufzuhören.» Doch daran denkt er noch nicht.
Gruppenphase nur als Vorspiel?
Dass Portugal als letzter der Favoriten im letzten Spiel der ersten Gruppenrunde in das Turnier startet, sorgt im noblen EM-Quartier mit Wiedersehen-Effekt am Rande des Teutoburger Waldes auch für Ungeduld. «Wenn du eines der letzten Teams bist, das einsteigt, ist die Angst ein bisschen größer, du willst loslegen, du willst spielen», sagte Dalot.
Am Samstag wird das Spiel gegen die Türkei in Dortmund fortgesetzt, noch vier Tage später in Gelsenkirchen gegen Georgien. Für die Portugiesen, die die Qualifikation für die EM mit zehn Siegen in zehn Spielen ohne Makel gemeistert haben, sollte die Gruppe F nur das Vorspiel sein. Besonders für eine Mannschaft mit den Ansprüchen von Ronaldo.
Nur wollen die Tschechen da nicht mitspielen. «Wir wollen Ronaldo neutralisieren. Unsere Spieler werden sich an dieses Spiel ein Leben lang erinnern, wenn sie erfolgreich spielen werden», betonte Trainer Ivan Hasek am Montag bei einer Pressekonferenz im Leipziger Stadion.
«Wir alle kennen die Qualitäten von Ronaldo, besonders, wenn er Raum hat, dann wird er ein Tor schießen. Wir können ihm also keinen Raum geben. Wir müssen die Verteidigung dort verdoppeln», meinte Kapitän Tomas Soucek, der sich seinerseits rechtzeitig wieder gut und einsatzbereit fühlt.
Ronaldo ist mit den Rekorden noch nicht fertig
Bei seiner ersten EM im Jahr 2004, die damals sogar in der Heimat stattfand, wurde Ronaldo am ersten EM-Triumph von den Überraschungs-Griechen von Otto Rehhagel gehindert. Im Finale der EM 2016 trieb er verletzt von der Seitenlinie die Mannschaft zum Titel gegen den damaligen Gastgeber Frankreich an. Ronaldo hat mittlerweile 25 seiner insgesamt 207 Länderspiele bei einer EM bestritten – beide Zahlen sind Rekorde im Weltfußball. Ebenso wie seine 14 EM-Tore und insgesamt 130 Treffer. Die Liste könnte fast endlos fortgesetzt werden.
Zahlen sind das eine, Emotionen das andere. Und Entschlossenheit ist das, was Ronaldo immer noch hat. Trotz der Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit seit dem Wechsel in die saudi-arabische Liga reagierte er auf seine Weise: Im letzten EM-Test führte er sein Team mit einem Doppelpack zum 3:0-Sieg gegen Irland. 44 Tore in den 45 Pflichtspielen in seiner neuen Fußball-Wahlheimat sind auch nicht zu verachten, und dass er bei einem verlorenen Pokalfinale bitterlich weinte, zeigt erneut den Ehrgeiz des fünfmaligen Weltfußballers, auch im Alter.
Was 2006 klappte, soll auch 2024 gelingen
Bei der Ankunft der portugiesischen Delegation wurde deutlich, welchen Hype Cristiano Ronaldo immer noch auslöst. Tausende Fans pilgerten zum EM-Quartier und wollten jeden Moment auf dem Smartphone festhalten – Flitzer beim Training inklusive. Es ist Teil der EM-Story 2024 von CR7, dass Ronaldo sowohl das Hotel als auch die Trainingsplätze bereits kennt. Schon 2006 logierte das Team mit dem damals 18 Jahre jüngeren Ronaldo im selben Hotel, als sie den vierten Platz bei der WM belegten.
Eine gute Vorahnung? Es ist klar, dass die aktuelle Mannschaft sehr stabil ist und gut funktioniert. Roberto Martínez, ein 50-jähriger Spanier mit Spieler- und Trainererfahrung, vor allem auf der britischen Insel, ist seit Januar 2023 für das Team verantwortlich. Von den 15 Spielen unter seiner Leitung seitdem endeten 13 mit einem Sieg für Portugal, zwei mit einer Niederlage.
Auch Pepe steht vor einem EM-Rekord
«Im ersten Spiel gegen Liechtenstein (4:0) habe ich es in der Halbzeit gesehen», sagte Martínez vor dem EM-Auftakt in einem UEFA-Interview mit Blick auf sein Debüt als Portugal-Coach. «In diesem Moment habe ich gemerkt, dass das Team in der Lage ist, Großes zu erreichen.»