Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Existenzkampf: Schalke 04 vor dem Abgrund

Die Fans halten dem Verein die Stange, aber die Existenz des Clubs steht auf dem Spiel. Die finanzielle und sportliche Lage ist prekär.

Sportdirektor Marc Wilmots schwört S04 auf die entscheidende Saisonphase ein. Es geht um nichts weniger als die Existenz des Clubs.
Foto: Soeren Stache/dpa

Die Anhänger des FC Schalke 04 halten zumindest noch die Stange. Am Dienstag pilgerten mehrere hundert Fans des Revierclubs zum Start in die Trainingswoche für das wichtige Spiel seit Langem.

Doch auch bei ihnen war die Anspannung vor dem Spiel am Ostersonntag gegen den Karlsruher SC (13.30 Uhr/Sky) deutlich zu spüren. «Jeder weiß, wie wichtig das Spiel ist», sagte Sportchef Marc Wilmots unmissverständlich.

Die Nervosität bei den Verantwortlichen nimmt täglich zu, die Angst im Umfeld ist enorm. Dem einstigen Europapokal-Dauergast, der noch vor sechs Jahren Vizemeister war, droht der zweite Abstieg in Serie. So schweigsam wie die Führung derzeit ist, so redselig sind die besorgten Ex-Spieler des im Abstiegskampf der zweiten Liga steckenden Revier-Riesen.

«Dann bekommt man teilweise Panikattacken», berichtete der 1974er-Weltmeister Helmut Kremers im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur zu dem Auftreten Schalkes. «Ich hoffe, dass es uns nicht erwischt. Das wäre dramatisch», sagte sein Zwillingsbruder Erwin.

Weiterer Abstieg wäre «bestandsgefährdend»

Das ist nicht untertrieben. Für Schalke 04 geht es in den kommenden Wochen um die Existenz. Denn ob der Club einen Abstieg in die Drittklassigkeit überleben würde, ist fraglich. Im Geschäftsbericht wird der nicht unrealistische zweite Abstieg am Stück als «bestandsgefährdendes Risiko» für den Verein eingestuft. «Was die Drittliga-Planungen betrifft, rechnen wir damit, dass die vorläufige Erteilung der Lizenz nur unter Bedingungen erfolgen wird», sagte Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers zuletzt. Wenn sie denn überhaupt erteilt würde.

Der ehemalige Bundesligist ist immer noch hoch verschuldet mit 168 Millionen Euro. Selbst in der zweiten Liga ist es dem Verein kaum möglich, das negative Eigenkapital von derzeit 103 Millionen Euro signifikant zu reduzieren. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) fordert genau das, und zwar eine Reduzierung um fünf Prozent bis zum Kalenderjahr 2024. Wenn dies nicht gelingt, droht ein Punktabzug. Im Geschäftsjahr 2023 konnte der klamme Revierclub zumindest erstmals seit fünf Jahren wieder einen Gewinn in Höhe von 6,9 Millionen Euro verzeichnen.

Der Gewinn im ersten Halbjahr 2023 betrug neun Millionen Euro, da Schalke zu dieser Zeit noch erstklassig war. Jedoch war das zweite Halbjahr in der zweiten Liga wieder verlustreich. In den unteren Ligen ist die Verdienstmöglichkeit sogar noch geringer.

Es ist ungewiss, in welcher Liga Schalke in der nächsten Saison spielen wird, da sie sich acht Spieltage vor dem Saisonende in einer schwierigen Position befinden. Nach dem 2:5-Debakel gegen Hertha BSC beträgt der Vorsprung auf den Abstiegsrelegationsplatz nur zwei Punkte, während es drei Punkte bis zu den direkten Abstiegsplätzen sind. Sollte Schalke absteigen und keine Lizenz für die dritte Liga erhalten, würden sie in der viertklassigen Regionalliga West antreten müssen, wo sie auf Teams wie die Reserve des SC Paderborn, den SV Rödinghausen oder den 1. FC Düren treffen würden.

Baustellen überall: Finanziell, sportlich, strukturell

Zu den finanziellen Problemen kommen die sportlichen. Besonders auswärts präsentiert sich der in diesem Jahr auf fremden Plätzen noch punktlose Club nicht zweitligareif. Mit 54 Gegentoren hat der Bundesliga-Absteiger die schlechteste Abwehr der gesamten Liga. Trainer Karel Geraerts steht trotzdem zumindest nicht akut zur Disposition. «Es gibt keine Trainerdiskussion», sagte Wilmots in Bezug auf seinen belgischen Landsmann. Sollte Schalke allerdings auch daheim mal gegen den Karlsruher SC patzen und der Revierclub in der Tabelle weiter abstürzen, wird der bereits zweite Trainer in dieser Saison auf Schalke heftig wackeln. «Keiner hat eine Jobgarantie», bemerkte Wilmots denn auch.

Noch versuchen es die Königsblauen mit anderen Personalien, Reize zu setzen. Für Club-Idol Gerald Asamoah ist am Ende der Saison als Lizenzspieler-Chef Schluss. Der Posten wird eingespart. Der frühere Sportchef André Hechelmann musste nach der Wilmots-Verpflichtung bereits gehen. Coach Geraerts verbannte den erst im vergangenen Sommer geholten Transfer-Flop Timo Baumgartl in die zweite Mannschaft. «Hier war kein einziger Tag ruhig», klagte der Coach in einem Interview des Magazins «Humo» aus seiner belgischen Heimat. «Ständig kommen Geschichten ans Licht, die dem Verein schaden.»

Es ist kein Wunder, dass der ehemalige Frankfurter Ben Manga, der als Kaderplaner für den FC Watford angeworben wurde, laut Medienberichten Zweifel daran hat, ob er tatsächlich ins Ruhrgebiet kommen soll.

dpa