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Deutscher Darts-Profi Pietreczko auf dem Weg ins Achtelfinale der Weltmeisterschaft

Pietreczko überrascht mit unkonventionellem Tagesablauf und hofft auf Erfolg gegen englischen Gegner Williams.

Letzte deutsche Hoffnung im Alexandra Palace: Ricardo Pietreczko.
Foto: John Walton/Press Association/dpa

Ricardo Pietreczko wurde gefragt, den typischen Tagesablauf eines Darts-Profis vor der WM zu beschreiben. Er erwähnte, dass er bereits am Morgen an das Training gedacht habe, aber dann habe ihn seine Freundin an die bevorstehende Medienrunde erinnert.

«Dann habe ich mir erstmal die Playstation angemacht und bin zwei, drei Rennen bei Gran Turismo gefahren. Wenn ich Lust habe, werde ich mich danach mal ein bisschen ans Board stellen – wenn nicht, werde ich weiter Playstation spielen», schilderte Pietreczko in einer bemerkenswerten Offenheit, wie sie in anderen Sportarten undenkbar wäre. 

Überraschung gegen van Veen

Die Kritiker bezeichneten die Äußerungen von Pikachu, wie Pietreczko genannt wird, nicht als offen, sondern als äußerst unprofessionell. Es ist daher nicht ohne eine gewisse Ironie, dass genau dieser Pietreczko Deutschlands letzter verbleibender Vertreter bei der WM im Ally Pally ist.

Am Samstag (14.45 Uhr/Sport1 und DAZN) hat er die Möglichkeit, gegen den englischen Vorjahres-Halbfinalisten Scott Williams anzutreten, um erstmals und als zweiter Deutscher überhaupt ins Achtelfinale des wichtigsten Turniers der Welt einzuziehen. Während Hoffnungsträger wie Martin Schindler und Gabriel Clemens direkt in ihrem ersten Spiel scheiterten, konnte Pietreczko bereits zwei Partien für sich entscheiden – darunter das Spiel gegen Geheimfavorit Gian van Veen.

Ab und an saloppe Sprache

An den Weihnachtsfeiertagen, für die er auf der Insel blieb, zeigte Pietreczko, dass er nicht nur Playstation kann – sondern auch Albert Einstein. «Wenn’s alte Jahr erfolgreich war, dann freue dich aufs neue. Und war es schlecht, ja dann erst recht», zitierte Pietreczko den Wissenschaftler bei einem Post in den sozialen Netzwerken. 

Mit seiner Sprache ist der Darts-Profi immer mal wieder etwas salopper unterwegs. Als er über sein Jahr 2024 und die deutlichen Schwankungen in seinen Leistungen sprach, erzählte er schon mal, seine Spiele abseits der großen Bühnen seien in diesem Jahr nicht «das Grüne vom Ei» gewesen. 

Ausbildungen als Kellner, Maler und Postbote

Apropos Eier: Als Pietreczko im Vorjahr eine 3:1-Führung gegen den späteren Weltmeister Luke Humphries verspielte, wetterte Michael van Gerwen ohne Gnade: «Wie ist sein Name nochmal? Pietreczko? Er hat überhaupt keine Eier», sagte van Gerwen. Es war in Pikachus fünf WM-Spielen die bislang einzige Niederlage. Die schmerzte aber ganz besonders.

Pietreczko wird nach der WM Landsmann Clemens überholen und zur neuen deutschen Nummer zwei in der Rangliste. Das ist ein bemerkenswerter Aufstieg, wenn man bedenkt, welchen Werdegang der gebürtige Berliner hinter sich hat.

Pietreczko hat Ausbildungen als Postbote, Kellner und Maler abgeschlossen, bevor er den Wechsel an die Scheibe wagte. Dort scheint er seine Berufung gefunden zu haben. «Ich sehe mich so lange Darts spielen, bis ich nicht mehr stehen kann», sagte er.

In London stehen Pietreczko britische Tage bevor. Sollte er gegen Williams gewinnen, wird er gegen Nathan Aspinall oder Andrew Gilding antreten, die ebenfalls beide aus England stammen. Möglicher Viertelfinal-Gegner wäre der Topfavorit und Teenager Luke Littler. Die Duelle versprechen Spannung. Williams, Pietreczkos Gegner, hatte im letzten Jahr nach einem Sieg über den Deutschen Schindler kontroverse Aussagen mit Bezug zum Weltkrieg gemacht und sich später ausdrücklich dafür entschuldigt.

dpa