Vier Interessenten in Deutschland gibt es für die Ausrichtung von Olympia. Noch ist das Rennen komplett offen.
Deutscher Olympia-Traum: So geht es mit der Bewerbung weiter
Die Hürden sind hoch, aber das Ziel ist klar: Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) will Olympia erstmals seit den Sommerspielen 1972 in München wieder nach Deutschland holen. 2036, 2040 oder 2044 können dafür infrage kommen. Wenn die Sommerspiele vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wieder nach Europa vergeben werden, will der DOSB bereit sein, wie der Verband nun noch mal in einem Pressegespräch mit Nachdruck erklärte. «Deutschland muss ready sein, wenn Europa gefragt wird», sagte Michael Mronz, Mitglied des IOC und des DOSB-Präsidiums. Doch bis dahin wartet viel Arbeit.
Welche Städte und Regionen wollen sich bewerben?
Berlin in Kooperation mit dem kleineren Partner Leipzig sowie Hamburg, München und die Region Rhein-Ruhr sind an der Ausrichtung interessiert. Sie arbeiten in Abstimmung mit dem DOSB an Regionalkonzepten. Der Großteil der Athletinnen und Athleten soll in einem olympischen Dorf nach dem «One-Village»-Konzept unterkommen.
Wie geht es in den kommenden Wochen und Monaten ab?
Die Bewerber müssen im Rahmen eines sogenannten Drei-Stufen-Modells zunächst bis Ende Mai verfeinerte Konzepte beim DOSB einreichen. Diese werden bis Ende September 2025 auf die Erfüllung der Mindestanforderungen und die entsprechende Plausibilität geprüft. Alle Konzepte, die diese Prüfung bestehen, werden bei der Mitgliederversammlung Ende dieses Jahres vorgestellt. Entschieden werden soll dann aber noch nichts.
Wann steht fest, mit welchem Bewerber Deutschland ins Rennen gehen will?
Die endgültige Entscheidung über ein deutsches Bewerbungskonzept soll bis spätestens Herbst 2026 getroffen werden. Danach müssen die DOSB-Mitglieder noch zustimmen. Dies wird jedoch als Formalität angesehen. Der DOSB geht davon aus, dass das IOC frühestens 2027 über die Vergabe entscheiden wird.
Inwieweit wird die Bevölkerung eingebunden?
Zwei deutsche Olympia-Bewerbungen sind zuletzt gescheitert, da die Bevölkerung dagegen gestimmt hat. Sowohl die Bewerbung von München für die Winterspiele 2022 als auch die von Hamburg für die Sommerspiele 2024 fielen bei einem Referendum durch.
Um zu verhindern, dass es erneut zu einem Debakel kommt, plant der DOSB in enger Zusammenarbeit mit dem Bund und den Bewerbern Maßnahmen, um die Gesellschaft rund um mögliche Referenden, aber auch darüber hinaus, stärker in die Planung der Spiele einzubeziehen.
Mögliche Bürgerentscheide in diesen Städten und Regionen müssten nach DOSB-Angaben bis Juni 2026 durchgeführt werden. «Über Datum, Fragestellung und Option eines gleichzeitigen Referendums entscheiden allein die politischen Instanzen», hieß es. Eine zwingende Voraussetzung, um sich für Olympia zu bewerben, ist ein Referendum also nicht.
Dieter Reiter, der Oberbürgermeister von München (SPD), kündigte jedoch im Deutschlandfunk an, dass noch in diesem Jahr ein Bürgerentscheid stattfinden werde.
Wie hoch werden die Kosten einer Bewerbung sein?
Der DOSB nennt noch keine konkreten Kosten. Der laufende nationale Prozess, der bis Mitte 2024 aus Eigenmitteln finanziert wird, soll jedoch deutlich günstiger sein als frühere deutsche Bewerbungen. Günstiger beispielsweise als die rund 50 Millionen Euro, die Hamburg für den Anlauf auf die Sommerspiele 2024 eingeplant hatte.
Wer gilt als deutscher Favorit?
Es ist schwierig zu sagen, da der DOSB nicht transparent ist. Alle Interessenten sehen gute Chancen für sich. Berlin könnte als Hauptstadt in Kombination mit dem kleineren Partner Leipzig möglicherweise die größte internationale Anziehungskraft haben und als ehemals geteilte deutsche Stadt den größten Charme der ersten gesamtdeutschen Spiele seit der Wiedervereinigung. Und es gibt bereits ein modernes Olympiastadion.
Die Stadt München muss sich erst noch erneuern. Die European Championships vor fast drei Jahren, als mehrere Sportarten ihre Europameisterschaften in der bayerischen Landeshauptstadt ausgetragen hatten, waren jedoch ein voller Erfolg. Das Signal: München ist in der Lage, Großereignisse auszurichten.
Die Region Rhein-Ruhr profitiert hauptsächlich davon, auf vorhandene Sportstätten zurückgreifen zu können. Es fehlt jedoch ein Olympiastadion. Das gilt auch für die Stadt Hamburg, die als kein anderer Bewerber maritime Spiele präsentieren könnte. Temporäre Leichtathletik-Stadien wären hier möglich.
Inwieweit ist der DOSB mit dem IOC im Gespräch?
Seit Beginn des Jahres steht der Dachverband den eigenen Angaben zufolge in einem «regelmäßigen, vertrauensvollen Austausch» mit dem IOC. Nach einem Beschluss bei der Mitgliederversammlung 2024 wird der DOSB in diesem Jahr in einen Continuous Dialogue – die nächste formelle Phase des Bewerbungsverfahrens – eintreten. Mit diesem Schritt ist Deutschland dann auch international offiziell ein Interessent für die Ausrichtung der Olympischen und Paralympischen Spiele.
Es gibt jedoch starke Konkurrenten, wie der scheidende IOC-Chef Thomas Bach von einer zweistelligen Anzahl spricht. Insbesondere Indien und Katar gelten als Favoriten für die nächste Vergabe, auch Indonesien, die Türkei und Saudi-Arabien haben Pläne für die Olympischen Spiele. Ägypten und Südafrika könnten mit den ersten Spielen auf dem afrikanischen Kontinent locken.
Wie steht eine neue Bundesregierung zu einer deutschen Olympia-Bewerbung?
Die Unterstützung auch der neuen Koalition gilt als sicher. Sowohl CDU/CSU als auch SPD befürworten eine deutsche Olympia-Bewerbung. «Es bestehen positive Signale dafür, dass die politische Unterstützung auf Bundesebene auch künftig Bestand haben wird», teilte der DOSB mit.