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Flick hebt ohne «große Worte» zur WM-Mission ab

Bundesliga war gestern, jetzt ist WM: Hansi Flicks Spieler müssen im Kopf ganz flott umschalten. Der Zwischenstopp in Maskat soll dabei helfen. Zu Sonne, Strand und Palmen kommt ein letztes Testspiel.

Abflugbereit: Der DFB-Tross hat das Unternehmen Katar-WM gestartet.
Foto: Boris Roessler/dpa

Es war kurz nach Mitternacht, als Hansi Flick und seine WM-Spieler in zwei Bussen mit der Aufschrift «Team Germany» am luxuriösen Teamhotel im Oman vorfuhren. Der Halbmond leuchtete über Maskat bei immer noch warmen 28 Grad.

Als Erster schritt der Bundestrainer an einer kleinen Gästeschar vorbei, trug seinen Rollkoffer eine Treppe hoch und verschwand nach einem kurzen «Servus» in dem luxuriösen Komplex direkt am Meer zum raschen Check-in. Seine Spieler folgten ihm, Rückkehrer Mario Götze begrüßte noch einige lange nicht mehr gesehene und vorab angereiste DFB-Mitarbeiter.

«Alles daran setzen, Weltmeister zu werden» 

Gut sieben Stunden zuvor hatten sich Flicks und seine WM-Hoffnungsträger um Jungstar Jamal Musiala noch im Frankfurter Herbstwetter in ihren schicken schwarzen Anzügen mit einer Deutschland-Fahne zum Abschiedsfoto auf der Gangway des «Fanhansa»-Fliegers aufgereiht. Am Montag begann für Joachim-Löw-Nachfolger Flick mit der Reise an den Persischen Golf die erste Turniermission als Fußball-Bundestrainer, die am 18. Dezember nach dem Finale im Lusail Stadium von Katar mit einem Jubel-Schlussbild enden soll – mit dem goldenen WM-Pokal in Händen. 

Kapitän Manuel Neuer hatte das ambitionierte Ziel des fünften deutschen Titelgewinns schon beim Amtsantritt des früheren Bayern-Titelsammlers Flick vor 15 Monaten formuliert. Und der Team-Senior bekräftigte es kurz vor seinem persönlich vierten WM-Turnier. «Wir werden alles daran setzen, Weltmeister zu werden», sagte der 36 Jahre Torwart und Weltchampion von Brasilien 2014. Flick glaubt an ein sportliches WM-Wintermärchen: «Wir haben Spieler dabei, die genau wissen, worauf es ankommt, die die anderen mitnehmen.»

Mehr als Fußball: «Botschaft in die Welt»

Beim Aufbruch ins umstrittene Gastgeberland mit dem kurzen Zwischenaufenthalt im Sultanat Oman sendete der DFB mit seinem Partner Lufthansa eine «Botschaft in die Welt». Die Abschieds-Inszenierung auf dem Rhein-Main-Airport verdeutlichte bildstark, dass das erste WM-Turnier in einem arabischen Land keines ist, bei dem es allein um Tore, Siege und den von 32 Nationen angestrebten Titelgewinn geht. Das superreiche Emirat Katar steht am Pranger für seinen Umgang mit Menschenrechten, Gastarbeitern und Minderheiten. 

Das Flugzeug mit dem gesamten DFB-Tross um Verbandspräsident Bernd Neuendorf an Bord zierte mit dem Slogan «Diversity Wins» («Vielfalt siegt») eine weithin sichtbare gesellschaftspolitische Aussage. Figuren mit unterschiedlichen Hautfarben sind Arm in Arm und im Großformat auf dem Rumpf des Airbus 330 abgebildet, dessen Zielort allerdings am Montag nicht Katars Hauptstadt Doha war – sondern das erste Reiseziel Oman.

Abflug ohne Nummer 2 im Tor

Turnier-Veteran Thomas Müller filmte alles mit dem Handy, sein Bayern-Kollege Leon Goretzka lächelte dabei ebenfalls bestens gelaunt in die Kamera. Nach dem Foto-Termin schnappten sich die Spieler ihre Rollköfferchen und begaben sich an Bord. Mit zwei Bussen waren sie aufs Vorfeld logiert worden. Mit leichter Verspätung ging es dann los. Kaum war der Airbus 300-330 von der Startbahn West abgehoben, setzte ein Nieselregen ein. Auf einen exklusiven Charterflug verzichtete der DFB anders als bei früheren Turnieren. Der Verband gab dafür ökologische Gesichtspunkte an, um Leerflüge zu vermeiden. 

Einen WM-Fehlstart erwischte Neuers Ersatzmann Marc-André ter Stegen: Der 30 Jahre alte Torwart des FC Barcelona konnte neun Tage vor dem ersten Gruppenspiel gegen Japan wegen eines Magen-Darm-Infekts nicht mit seinen 25 Teamkollegen losfliegen. Ter Stegen blieb in Deutschland. Er soll nach seiner Genesung nachreisen, wie der DFB mitteilte. 

In Maskat will Flick seine WM-Kicker inklusive Testspiel gegen die nicht für die WM qualifizierte Auswahl des Sultanats aufs Turnier einstimmen. Eine erste Ansprache ans Team am Montag nach dem Frühstück hielt er bewusst kurz. «Es wird keine großen Worte geben», hatte er zuvor angekündigt: «Das kommt dann in Katar.»

Zunächst «akklimatisieren und erholen»

Vor dem Champions-League-Triumph mit dem FC Bayern 2020 beim Finalturnier in Lissabon hatte Flick ebenfalls zuvor ein Kurztrainingslager an der Algarve abgehalten – dieser Plan soll nun auch als Nationalcoach aufgehen. Flick ist aber erst einmal wichtig, dass seine Vielspieler wie Mittelfeldchef Joshua Kimmich nach der Spielehatz der vergangenen Wochen «vor Ort runterfahren». Das Umschalten in den WM-Modus muss gerade auch im Kopf blitzschnell gelingen. Eine echte Turniervorbereitung entfällt bei der ersten WM mitten in der europäischen Saison. Helfen könnte das totale Kontrastprogramm mit Sonne, Strand, Meer, Pool und Palmen, das die Nationalspieler in ihrem Luxushotel in Maskat vorfinden.

Vor dem Abflug ging’s noch stressig zu. Letzte Werbemaßnahmen waren in Frankfurt noch vom Team mit den Länderspiel-Neulingen Youssoufa Moukoko (17) und Niclas Füllkrug (29) sowie dem prominenten Rückkehrer Mario Götze und dem so formstarken Bayern-Block zu erledigen. Erst am Samstag, «am Match Day minus 4», wie der Bundestrainer sagte, «beginnt für uns der Fokus auf Japan», den ersten WM-Gruppengegner. In den kommenden Tagen gehe es vor allem darum, «uns akklimatisieren und erholen zu können und die Körner aufzufüllen». Diese sollen in Katar schließlich bis wenige Tage vor Weihnachten reichen.

dpa