Typisch Bayern: Die Münchner Dauer-Meister liefern, wenn die Wachablösung droht. Ein Teamabend verleiht Schub. Kahn findet ein bisschen Reibung gut. Und Müller bleibt halt «ein wichtiger Faktor».
Kahns Machtwort: Titel-Ansage mit BVB-Warnung
Oliver Kahn nahm das mächtige Topspiel-Statement der Bayern-Profis im Münchner Schneetreiben als willkommene Vorlage für ein paar klare Ansagen als Ober-Boss.
Langsam schlenderte er nach seinem Kabinenbesuch im Anschluss an das meisterlich anmutende 3:0 gegen Union Berlin durch die Interview-Zone der Allianz Arena und baute sich dann nur zu gerne vor den Journalisten auf. Kahn wollte am Sonntagabend sprechen – und eine zentrale Botschaft lautete: «Das war ein wichtiger Moment in der Saison – für alles.» Die Wachablösung in der Bundesliga wurde erst mal abgewendet – und ein Signal gesendet.
Mächtige Worte vom Bayern-Titan
Wenn Kahn über Fußball doziert, dann spricht aus dem Vorstandschef immer noch der frühere Torwart-Titan und Kapitän, der die Mechanismen beim FC Bayern besser kennt und versteht als viele andere. Für Kahn ist jetzt die Zeit für ein dauerhaftes «Mia san mia» auf dem Platz gekommen – und zwar in allen Wettbewerben. «Es muss jetzt diese Stimmung in der Mannschaft entstehen, den Kampf um die deutsche Meisterschaft anzunehmen und die Spannung, den Fokus oben zu halten. Denn jetzt kommt eine Entscheidung nach der anderen. Und der FC Bayern war schon immer besonders gut in diesen Momenten.»
Das ungewohnt enge Titelrennen im Liga-Alltag mit den punktgleichen Dortmundern als Hauptrivale («Sie sind gut drauf, wir sind gewarnt») deutete der Bayern-Chef einfach um zur Chance vor den großen Prüfungen wie gegen Paris Saint-Germain in der Champions League. «Vielleicht ist es insgesamt gar nicht so schlecht. Es ist gut, wenn du in allen Wettbewerben fighten musst, wenn du dranbleiben musst. Das erhöht die Spannung und hält sie oben», sagte Kahn: «Wenn es eng ist, zeigen sich die Spieler, die Verantwortung übernehmen.»
Angeheizt von Störfeuern
Sogar der latenten Unruhe seit Jahresbeginn mit diversen Nebenschauplätzen gewinnt Kahn etwas Gutes ab. «Beim FC Bayern gibt es immer wieder «irgendwelche Störfeuer». Und ein bisschen Reibung ist auch nicht ganz so schlecht. Wenn wir hier alle einen auf Harmonie machen, das ist auch nicht immer das Beste», sagte der 53-Jährige, der als Torwart auch mal Teamkollegen auf dem Platz durchschüttelte. Reibung und Druck erzeugen Leistung.
Druck war gegen Union vorhanden, auch wenn die Berliner drei Tage nach ihrem Europa-Highlight gegen Ajax Amsterdam kein Gegner auf Augenhöhe waren. «Wir hatten keine Chance. Bayern war um zwei, drei Klassen besser als wir», gestand Trainer Urs Fischer. Es war der Bayern-Klassiker. «Wir haben gezeigt, dass wir da sind, wenn wir zur Stelle sein müssen», tönte Thomas Müller, der schlussfolgerte: «So wollen wir als Bayern München auftreten. Wenn wir dieses Spiel als Beispiel heranziehen, können wir viel erreichen.»
Rekordmeister stellt die Egos hinten an
Julian Nagelsmann hatte als Trainer aus dem 2:3 in Gladbach wichtige Schlüsse gezogen. Müller war als zweifacher Torvorbereiter und Sprachrohr mal wieder der lautstarke Anführer. «Er ist mit seiner Riesenerfahrung ein wichtiger Faktor», kommentierte Kahn. Die Rückkehr von Kingsley Coman, neben Eric Maxim Choupo-Moting und Jamal Musiala Torschütze, gab dem Offensivspiel einen Push. «King gehört zu den top zwei, drei Außenspielern auf der Welt», sagte Nagelsmann mit schönen Grüßen an die Bankdrücker Serge Gnabry und Leroy Sané. Das 25-Minuten-Comeback von Stürmerstar Sadio Mané befeuert sogar noch den «gesunden Konkurrenzkampf», wie Sportvorstand Hasan Salihamidzic frohlockte.
«Genauso müssen wir spielen. Diese Dominanz, diese Präsenz, diese Zweikampfstärke, diese Mentalität wollen wir haben», sagte Salihamidzic. Konstant ans Limit gehen, so lautet die Vorgabe der Bosse. Auch ein Teamabend vorm Topspiel trug wohl zum Union-Schub bei. «Sehr wichtig» sei dieser gewesen, sagte Coman. Ein Ergebnis des internen Austausches sollte laut Müller sein, «die Egos in den Dienst der Mannschaft zu stellen».
Bayern freut sich auf den BVB
Kahn begrüßte «die Eigeninitiative» der Mannschaft. «Solche Momente sind wichtig, dass man sich mal im Mannschaftskreis die Meinung sagt, Dinge auch ausräumen kann. Das sind kleine Momente, die am Ende ein Mosaikstein für den Erfolg sein können.» Schließlich ahnt Kahn, dass der Weg zum elften Meistertitel am Stück nach Jahren der Alleingänge steinig wird. «Dieses Jahr ist es enger. Ausrutscher können wir uns nicht mehr erlauben.»
Nur noch vier Spieltage, dann kreuzt der gerade von Sieg zu Sieg eilende BVB in München auf. Die Bayern freuen sich schon, wie Nationalspieler Leon Goretzka nach dem kraftvollen Titel-Statement gegen Union verkündete: «Ich habe schon Anfang der Saison gesagt, dass Dortmund unser Hauptkonkurrent ist. Das ist so, das bleibt wahrscheinlich auch so – und das ist auch gut so.»