Der Football-Profi Jakob Johnson erlebt eine ungewisse Saison in der NFL, kämpft um seinen Platz im Kader und schätzt die Reise nach Deutschland.
Jakob Johnson: Vom Stuttgarter zum NFL-Profi
Wenn Football-Profi Jakob Johnson am Sonntag in München für die New York Giants auf dem Platz steht, dann sicher nicht als nette Geste für die deutschen Fans. «In der NFL ist jedes Spiel zu wichtig und Gewinnen zu schwer, als dass die da irgendwelche Charity-Projekte machen», sagte der gebürtige Stuttgarter der Deutschen Presse-Agentur vor der Reise nach Deutschland. «Es geht darum, wo die Kinder vieler Leute zur Schule gehen nächstes Jahr. Mir wird niemand einen Gefallen tun, um auf dem Platz zu stehen.» Unter dem Trainerteam um Chefcoach Brian Daboll haben die Giants in dieser Saison nur zwei von neun Partien gewonnen, weitere Niederlagen bedrohen Jobs.
Johnson hat eine Saison erlebt, die für Außenstehende willkürlich erscheint. Seit er im August seinen ersten Vertrag bei den New York Giants unterzeichnet hat, wurde er innerhalb von zwei Monaten bereits fünfmal entlassen. Zuletzt erst vergangene Woche – am Samstag, rechtzeitig vor der Reise nach Deutschland, haben ihn die Giants dann wieder für den Trainingskader unter Vertrag genommen.
Im Flugzeug am Donnerstag hat er einen Sitzplatz, ob er gegen die Carolina Panthers (15.30 Uhr/RTL) auch spielen darf, ist noch unklar. Johnson kennt natürlich die Fragen, wie er mit dem ständigen Hin und Her klarkommt: «Es ist besser, als keinen Job zu haben. Und ja, ich habe Spaß.»
Die Regeln für die Kader eines NFL-Teams sind streng
NFL-Teams dürfen während einer Saison nur 53 Profis im aktiven Kader haben. Es können auch bis zu 17 Spieler im Trainingskader sein. Ein Team kann jedoch nur auf 17 kommen, wenn ein Spieler Teil des Förderprogramms für internationale Spieler ist, durch das auch Johnson oder der derzeit verletzte David Bada ursprünglich ihren Weg in die Liga geschafft haben. Von den zehn Profis im Trainingskader müssen sechs im ersten oder zweiten NFL-Jahr sein, für die restlichen sechs gibt es keine Beschränkungen. Johnson hat also einen von nur sechs verfügbaren Plätzen im Trainingskader der Giants – und musste deswegen schon mehrfach weichen, weil das Team einen Platz für einen anderen Spieler brauchte.
Eine NFL-Karriere dauert im Schnitt 3,3 Jahre
«Nichts ist garantiert in der Liga. Ich finde, dass ich die Möglichkeit habe, hier zu sein und was ich daraus mache, das ist die Hauptsache», versichert Johnson. Seit er 2020 über das Förderprogramm zu den New England Patriots kam, hat er ohnehin viel mehr erreicht, als ihm die meisten Leute zugetraut haben.
Er wurde Teil des aktiven Kaders des Teams, das damals noch unter der Leitung des legendären Trainers Bill Belichick stand. Er stand an der Seite von Quarterback-Superstar Tom Brady. Er ist der erste deutsche Offensiv-Spieler in der Liga, der einen Touchdown erzielt hat. Er hat für die Las Vegas Raiders gespielt. Und er befindet sich in seinem sechsten Jahr in der NFL. Im Durchschnitt spielt ein Profi nur etwa 3,3 Jahre in der Liga.
Johnson kellnerte auf Volksfesten
«Ich spiele hier mit dem Geld der Bank. Meine Football-Karriere hätte 2017 vorbei sein können. Ich bin aber noch immer hier», sagt er mit Blick auf die Rückkehr nach Deutschland nach einer Verletzung am College in Tennessee. Danach kellnerte er unter anderem auf Volksfesten und spielte wieder Football für seinen Heimatclub, die Stuttgart Scorpions. «Ich bin aber noch immer hier und habe die Möglichkeit, in einem NFL-Kader zu sein und Einfluss zu nehmen darauf, wie Spiele ausgehen. Ich kann mich weiterentwickeln und dazu lernen. So lange diese Reise weitergeht, ist mir das Wie nicht so wichtig.»
In der Allianz Arena aufzulaufen würde Johnson dennoch viel bedeuten. «Es wäre einfach ein weiterer sehr, sehr cooler Moment auf meiner Reise, ich würde einfach viel Spaß haben vor Freunden und Familie in Deutschland spielen zu können», sagt er. Für das Spiel in München habe er für 52 Leute Karten organisiert. Aber selbst ohne Einsatz empfindet Johnson die Reise als Gewinn. «Für mich ist der Sieg, auch einfach dabei zu sein, egal, ob ich auf dem Platz bin oder nicht.»