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Geld für Gold: Debatte um Prämien-Novum bei Olympia

Der Leichtathletik-Weltverband zahlt seinen Olympiasiegern in Paris eine stattliche Geldprämie aus. Das gab es unter den fünf Ringen noch nie – das IOC übt Kritik. Doch was steckt hinter dem Novum?

So eine Goldmedaille ist für Leichtathleten in Paris 50.000 Dollar wert
Foto: Thibault Camus/AP/dpa

Was bedeutet ein Olympiasieg? “Ewiger Ruhm und Ehre”, sagen die Sport-Romantiker. “Aufmerksamkeit, Klicks und Follower”, antworten die Berater von heute. “Ganz viel Genugtuung und Erleichterung nach jahrelangen Strapazen”, berichten oft die Sportler.

Der Leichtathletik-Weltverband erhöht nun in Paris die Geldprämie für jede Goldmedaille um 50.000 US-Dollar, also etwa 46.000 Euro. Zum ersten Mal in der Geschichte der Spiele erhalten Olympiasieger Geldprämien von einem Fachverband. Die Athleten sind begeistert, während andere Verbände und das Internationale Olympische Komitee (IOC) Kritik üben.

In der Sportwelt ist seit der Ankündigung der Prämien im April eine heftige Debatte im Gang. Manche Beobachter sehen eine neue Zeitrechnung Olympischer Spiele, die in der Antike ein großes Fest des Friedens und später in der Neuzeit lange den Amateursportlern vorbehalten waren. Athletinnen und Athleten versuchen seit Jahren, ihre Interessen gegenüber jenen von Funktionären, Verbänden und staatlichen Institutionen in den Fokus zu stellen. Johannes Herber von der Vereinigung Athleten Deutschland hofft auf einen «Weckruf für das IOC».

«Kluges politisches Signal»

Doch steckt hinter dem Novum von World Athletic (WA) tatsächlich die Fürsorge für die Aktiven? Nein, meint der deutsche Sportökonom Christoph Breuer. Er wertet die Prämien im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur weniger als sportlichen Lohn, sondern eher als «interessantes und kluges politisches Signal, sowohl für die Leichtathletik, als auch für den Weltverband und Präsident Sebastian Coe persönlich».

Der Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln erklärt, dass WA gleich drei Ziele verfolge. Eines davon sei, Athleten davor zu bewahren, an externe, finanzstarke Veranstaltungen und Organisatoren zu verlieren – ähnlich wie es kürzlich im Golfsport der Fall war. Schon jetzt würden große Stadt-Marathons die Top-Läufer mit lukrativen Gagen und Prämien anlocken.

Außerdem würde die Stellung der Sportart innerhalb Olympias gestärkt, indem man noch attraktiver für Sportler werde und so auch Athletenvertreter – die bei IOC-Entscheidungen Einfluss haben – für sich gewinnt. «Die Leichtathletik ist zwar seit jeher eine olympische Kernsportart, aber das ist nicht auf Dauer zementiert», warnte Breuer. Nun aber seien die Leichtathleten in einer guten Verhandlungsposition.

«Und drittens bringt sich Coe selbst in Position, wenn es darum geht, den nächsten IOC-Präsidenten zu wählen», sagt Breuer. Dem ehemaligen Mittelstreckenläufer und zweimaligen Olympiasieger Coe (67) wird nachgesagt, dass er IOC-Präsident Thomas Bach (70) beerben will. «Er holt sich mit so einer populären Maßnahme Rückenwind von den Athleten. Und obwohl er noch gar nicht IOC-Präsident ist, kann er zeigen, dass er imstande ist, die Olympischen Spiele zu modernisieren und die Athleten noch mehr ins Zentrum zu rücken.»

Kritik von IOC und anderen Fachverbänden

Bei der Ringe-Organisation ist man sich bewusst über den sportpolitischen Schachzug des Leichtathletik-Bosses. Die IOC-Exekutive unter Präsident Bach betonte im Juni, dass es nicht die Aufgabe der Weltverbände sei, Sportler bei Olympia finanziell zu belohnen. Das IOC verteilt einen Teil seiner Milliarden-Einnahmen an die Mitgliedsländer und Verbände, um Sportler zu unterstützen – unabhängig von deren Leistung bei den Spielen. Die Vereinigung der Verbände von olympischen Sommersportarten (Asoif) kritisierte, dass andere Fachverbände sich solche Prämien nicht leisten könnten.

Der Leichtathletik-Weltverband vergibt erstmals direkte Gold-Prämien – Olympiasieger haben aber auch bislang schon finanziell von ihren Erfolgen profitiert. Sportökonom Breuer erinnert, dass schon seit jeher «eine Goldmedaille einen Fahrstuhl in die ökonomisch höhere Etage darstellt». Den Gewinnern winken etwa lukrative Werbe- und Sponsoringverträge.

20.000 Euro von Sporthilfe – warum nicht eine Million?

Und auch Belohnungen für Gold wurden schon immer reichlich bezahlt, nur eben nicht von einem Fachverband oder dem IOC. In Deutschland belohnt die Deutsche Sporthilfe einen Olympiasieg mit 20.000 Euro, während Sportler in anderen Ländern neben noch höheren Geldbeträgen auch andere Prämien wie Immobilien oder Rentenaufstockungen erhalten. Der ehemalige Schwimm-Bundestrainer Henning Lambertz hat immer wieder gefordert, dass Olympiasieger Millionenprämien erhalten sollten, auch als Motivation.

Deutschlands Top-Weitspringerin Malaika Mihambo berichtet im dpa-Gespräch, dass ein Olympiasieg «mich weder zu einem besseren Menschen noch zu einem besonderen Menschen macht». Klar, der Triumph 2021 in Tokio sei etwas ganz Besonderes gewesen, das Olympia-Gold habe sie «resilienter, achtsamer und glücklicher» werden lassen. Sie klingt dabei so, als würden 50.000 Dollar daran nicht viel ändern.

dpa