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Hamilton und die Last der Ferrari-Liebe

Ferrari. Der Name, der weltweit an den Rennstrecken große Emotionen auslöst. Lewis Hamilton. Der Fahrer, der ein globaler Superstar ist. Das neue Traumpaar will Geschichte schreiben. Aber klappt das?

Lewis Hamilton will Ferrari zurück zum Titelruhm führen.
Foto: Luca Bruno/AP/dpa

Die Liebe der Tifosi für ihre Scuderia Ferrari wurde Lewis Hamilton noch vor der Abreise nach Melbourne zur ersten großen Bewährungsprobe mit voller Wucht bewusst. Tausende sangen bei der Teampräsentation in den Straßen Mailands leidenschaftlich und sehnsüchtig die italienische Hymne. Wenn Leidenschaft auch zur Last werden kann.

Auch Hamilton staunt jeden Tag, auch er ist der roten Versuchung schon verfallen. Es sei so ein besonderes Gefühl, mit diesem Formel-1-Team zu arbeiten, betont er. Die Augen funkeln, die Mundwinkel zucken. «Du fühlst dich nicht wie auf der Arbeit, du willst gar nicht gehen.» 

Die Frage bleibt nur: Wird der Rekordweltmeister besser abschneiden als die gescheiterten ehemaligen Champions Sebastian Vettel oder Fernando Alonso? Ab diesem Wochenende in Australien wird es sich zeigen!

https://x.com/ScuderiaFerrari/status/1897967685343887816?

Vettel brachte vier WM-Titel von Red Bull mit – und es hat nicht mit einem weiteren geklappt. Vor ihm konnte auch Alonso, der einst die Ferrari-Ära von Michael Schumacher beendet hatte, seinen zwei Titeln keinen weiteren hinzufügen. Hamilton will es besser machen.

«Ich denke nicht an Nummer acht. Ich denke daran, die erste WM mit Ferrari zu gewinnen», sagt er. Der mittlerweile 40 Jahre alte siebenmalige Champion und 105-malige Grand-Prix-Sieger vertraut auf ein bewährtes Umfeld: Mit Ferraris Teamchef Frédéric Vasseur feierte er in den Nachwuchsserien bereits Erfolge. Zudem holte der Brite unter anderem seine ehemalige langjährige Fitnesstrainerin und Physiotherapeutin Angela Cullen zurück.

«Keine Zeit, sich zu sonnen»

Hamilton beginnt nicht dort, wo er mit Mercedes aufgehört hat, da dies nach den sechs Titeln von 2014 bis 2020 (2016 gewann Teamkollege Nico Rosberg die WM) keine Erfolgsgeschichte mehr war. Er startet neu – so scheint es zumindest. Wie praktisch alle, die zu Ferrari gegangen sind, ist er berauscht und beseelt vom Mythos und der Einzigartigkeit dieses Rennstalls.

Doch Achtung! «Diese Aura führt auch dazu, dass man sich ganz gerne mal in den Liegestuhl setzt und sich darin sonnt. Es ist aber keine Zeit, sich zu sonnen, sondern härteste Knochenarbeit», sagt der ehemalige Ferrari-Pilot Gerhard Berger in einem Gespräch der Deutschen Presse-Agentur. 

Der Mann im Alter von 65 Jahren fuhr insgesamt sechs Jahre lang für die Scuderia in den 1980er und 1990er Jahren, jedoch reichte es nicht für den Titel. Er betont, dass Erfolge mit Ferrari doppelt so schwer seien wie mit jedem anderen Team.

Wenn Hamilton an diesem Donnerstag im Albert Park in Melbourne ankommt, wird es wieder besonders laut. Wenn er das Fahrerlager zum ersten Mal an einem Grand-Prix-Wochenende als Fahrer der berühmten Scuderia Ferrari betritt, werden erst recht alle Kameras auf den Superstar der Motorsport-Königsklasse gerichtet sein.

Doch Hamilton wird auch liefern müssen. Und Norbert Haug, der ehemalige Mercedes-Motorsportchef, traut es ihm zu. «Gibt ihm Ferrari das dazu fähige Auto, halte ich Lewis bereits in seinem ersten Jahr für fähig, den WM-Titel zu gewinnen», sagte Haug der Deutschen Presse-Agentur. Schließlich schrammte Hamilton in seinem ersten Jahr in der Formel 1 überhaupt auch nur knapp am Triumph vorbei – um einen Punkt.

Vorteil Leclerc?

Hamilton war vor 18 Jahren ein Neuling in der Formel 1, jetzt ist er der Neue im ältesten Team der Rennserie – seit 75 Jahren und damit seit dem Beginn der Weltmeisterschaft 1950 ist Ferrari dabei. Hamiltons neuer Teamkollege Charles Leclerc startet bereits in sein siebtes Jahr bei Ferrari. Hamilton versucht gelegentlich auf Italienisch zu sprechen, während Leclerc die Sprache fließend beherrscht.

Der Monegasse, der 13 Jahre jünger ist als Hamilton, möchte selbst die titellose Ära der Scuderia beenden. Seit dem glücklichen Triumph von Kimi Räikkönen im Jahr 2007 hat kein Ferrari-Fahrer mehr den Weltmeistertitel gewonnen.

Hamilton ist aber Hamilton. Der erste Schwarze im Formel-1-Cockpit, der große Superstar über den Sport hinaus. «Man kann mich nicht mit einem anderen 40 Jahre alten Formel-1-Fahrer in der Geschichte vergleichen, weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart. Sie sind nicht wie ich», sagt er jüngst selbst über sich und andere im «Time»-Magazin. 

Kein Karriereende beim achten Titel

Er würde mit einem weiteren Titel auch Michael Schumacher überholen und alleiniger Rekordweltmeister mit acht Weltmeisterschaften werden. Vorbei wäre es dann aber noch nicht: «Wenn ich das Glück hätte, einen weiteren Titel zu gewinnen, was wir natürlich anstreben, würde ich nicht aufhören.» 

Klappt es aber nicht, könnte auch ein Hamilton neue Erfahrungen sammeln. «Ferrari-Fans kennen keine Gnade. Für die ist Ferrari das Wichtigste und nicht die Person, die im Auto sitzt», sagt Ralf Schumacher. Der 49 Jahre alte Bruder von Michael Schumacher und selbst ehemaliger Formel-1-Pilot erklärt: «Wenn derjenige – aus welchen Gründen auch immer – nicht die Leistung bringt, kommt Kritik sehr schnell und sie wird sehr laut.»

Da ist sie wieder, die Intensität der Zuneigung zu Ferrari, die auch zur Belastung werden kann.

dpa