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Hempel hofft, «Stein ins Rollen gebracht» zu haben

Die Missbrauchsvorwürfe Jan Hempels gegen seinen Ex-Trainer haben nicht nur die Welt der Wasserspringer erschüttert. Hempel hofft, dass sein Auftritt in einer ARD-Dokumentation eine «Welle» auslöst.

Der ehemalige Weltklasse-Wasserspringer Jan Hempel ist nach eigener Aussage jahrelang von seinem damaligen Trainer sexuell missbraucht worden.
Foto: Stefan Hesse/dpa

Die erschütternden Missbrauchsvorwürfe sollen etwas verändern. Das ist Jan Hempels großer Wunsch. «Wie groß die Welle sein wird, kann ja noch keiner so richtig abschätzen, aber es muss einfach was passieren», sagte Hempel der Deutschen Presse-Agentur.

«Das, was mir widerfahren ist, kann man nicht mehr rückgängig machen. Aber es gibt ja auch noch viele, die es in der heutigen Zeit betrifft und die heute Sport ausüben wollen. Dass das nie wieder auftritt: ich hoffe, da habe ich einen Stein ins Rollen gebracht.» Der frühere Weltklasse-Wasserspringer hat aber auch große Zweifel.

In einer Dokumentation der ARD unter dem Titel «Missbraucht – Sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmsport» berichtet der Olympia-Zweite von Atlanta 1996, Hempel, erstmals öffentlich über Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen seinen inzwischen gestorbenen früheren Trainer Werner Langer.

Hempel informierte 1997 die damalige Bundestrainerin

Von 1982 bis 1996 sei er von Langer immer wieder sexuell missbraucht worden. 1997 informierte Hempel nach eigenen Angaben die damalige Bundestrainerin über die Vorkommnisse. Er wirft dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) vor, zu jener Zeit falsch mit der Situation umgegangen zu sein.

«Mir ist vom DSV nahelegt worden, wenn du das an die große Glocke hängst, ist unsere Sportart in Gefahr und dann kannst du deine Sportart nicht mehr weitermachen», sagte er. «Ich war natürlich auf einem Leistungsstand, wo ich nochmal Ziele vor Augen hatte und die wollte ich erreichen. Da habe ich vieles runtergeschluckt.» Langer sei zwar damals suspendiert worden, aber nicht wegen eines Missbrauchs, sondern wegen einer angeblichen Stasi-Vergangenheit, sagt Hempel.

In einer Stellungnahme des Dresdner SC, für den Hempel früher aktiv war, wird DSC-Präsident Wolfgang Söllner mit den Worten zitiert: «Nach dem internen Bekanntwerden der Vorwürfe ist Herr Langer von der damaligen Bundestrainerin abgezogen und vom DSC mit einem lebenslangen Hallenverbot belegt worden.» Söllner sagt zudem: «Es war damals der ausdrückliche Wunsch von Jan Hempel, das Thema aus den Medien herauszuhalten.»

Amtierender Wassersprung-Bundestrainer freigestellt

Hempel sagt dazu: «Ich weiß natürlich nicht, was den Trainern damals offiziell rübergebracht wurde. Ob der DSV den Trainern gesagt hat, Jan möchte nicht, dass das an die große Glocke gehängt wird. Das kann ich nicht sagen. Ich habe es so nicht gesagt.»

Der frühere Spitzensportler wirft dem amtierenden Bundestrainer der Wasserspringer Lutz Buschkow vor, damals ebenfalls Kenntnis von den Vorwürfen gehabt zu haben. Der DSV stellte Buschkow bei den Europameisterschaften in Rom am Donnerstag bis zur finalen Klärung des Sachverhalts von seiner Tätigkeit frei. Der Verband teilte allerdings auch mit, dass die bisherige Akteneinsicht keinerlei Anhaltspunkte ergeben habe, dass Hempels Vorwürfe gegen Buschkow zuträfen.

Hempel wundert sich über dieses Statement: «Es heißt ja, es ist Akteneinsicht genommen worden, wo ich mich frage: Wo soll etwas drin stehen, wenn es über Jahre Stillschweigen darüber gab?»

Geschehnisse «immer wieder unter den Tisch gekehrt»

Der 50-Jährige bezweifelt, dass die Geschehnisse richtig aufgearbeitet werden. «Bisher war es ja so, dass es immer wieder unter den Tisch gekehrt wurde», sagte Hempel. «Wenn solche Dinge an die Öffentlichkeit gekommen sind, wurden sie schnell totgeschwiegen. Ich hoffe, dass es diesmal nicht der Fall ist. Dass es irgendwo eine Welle auslöst. Die Hoffnung stirbt zuletzt.»

Hempels früherer Synchronpartner Heiko Meyer wünscht sich ebenfalls, dass der Gang an die Öffentlichkeit etwas zum Positiven verändert. Er hofft zudem, dass der Schritt auch Hempel selbst hilft. «Ich wünsche mir, dass Jan ein bisschen seinen Frieden finden kann. Er ist ja eh seit Jahren ein gebrochener Mann», sagte Meyer.

dpa