Der Bundestrainer hat die Club-WM aus der Ferne verfolgt. Und hoffentlich auch so einiges gelernt. Aber er kann sich ja bei DFB-Kapitän Kimmich sowie Kompany und Kovac wertvolle Tipps besorgen.
Hitze, Camp, Strapazen: Drastische WM-Lehren für Nagelsmann

Julian Nagelsmann und Rudi Völler waren nicht persönlich bei den extremen Fußball-Herausforderungen im amerikanischen Sommer oder der Club-WM anwesend. Dennoch können sich der Bundestrainer und der DFB-Sportdirektor spätestens Anfang September beim Start in die Qualifikation für die WM 2026 bei den Münchner Nationalspielern um Kapitän Joshua Kimmich oder denen von Borussia Dortmund ausführlich informieren.
Dann wird ihnen etwa Leon Goretzka berichten von Spielen in gänzlich offenen American-Football-Arenen in der Mittags- oder Nachmittagshitze. «Es ist schon krass. Es kostet extreme Kräfte», stöhnte der 30 Jahre alte Bayern-Profi.
Goretzka: «Es ist schon krass»
Trotzdem will er natürlich beim Mammut-Turnier mit erstmals 48 Mannschaften vom 11. Juni bis 19. Juli 2026 in Mexiko, Kanada und den USA wieder dabei sein. Denn die «richtige» WM wird nicht nur noch größer sein, sie wird vor allem sportliche eine ganz andere Wertigkeit haben als der Vereinswettbewerb.
Nagelsmann strebt bekanntlich danach, Weltmeister zu werden. Bayern-Trainer Vincent Kompany und BVB-Kollege Niko Kovac könnten ihm sicherlich einige Erfahrungen vermitteln. Wichtig ist es, die herausfordernden Bedingungen anzunehmen. Und bereits bei der Organisation des Turniers, vom Basiscamp bis zu den Reisen, bestens vorbereitet zu sein.
«Ein ganz wichtiger Punkt ist die Anstoßzeit», sagte Kovac nach dem Viertelfinal-Aus mit Dortmund gegen Real Madrid. «Dass die Spieler der Mittagssonne ausgesetzt sind, wo es so heiß hergeht, dass ein Normal-Sterblicher nicht vor die Tür gehen soll und die Fußballer Höchstleistungen bringen sollen, das ist sehr grenzwertig», kritisierte Kovac. «Ich würde mir wünschen, dass man etwas Rücksicht auf die Spieler nimmt.»
2026 wird jedoch nicht nur in den späten Abendstunden gespielt, was ein utopischer Wunsch ist. Nicht jedes Stadion verfügt über ein Dach und kann wie die Arena in Atlanta auf angenehme Temperaturen heruntergekühlt werden, wo sich DFB-Star Jamal Musiala beim Bayern-Aus gegen Paris so schwer verletzte.
Die FIFA plant, mehrere Anstoßzeiten am Tag zu haben. Das Fernsehen zahlt jedoch Milliarden für die Übertragungsrechte. In Deutschland sollen Kimmich und Co. daher nicht immer mitten in der Nacht, sondern idealerweise zur europäischen Primetime zu sehen sein. Zumindest soll die Mittagszeit in den extremen Spielorten vermieden werden.
Effenberg: Du hast nicht die volle Power
Völler ist damit vertraut. Der 65-Jährige war bei der WM 1994 in den USA als Spieler dabei, als die Nationalelf in der Gluthitze von Dallas gegen Südkorea spielen musste und nach einer 3:0-Führung zur Pause knapp mit 3:2 gewann.
Stefan Effenberg stand damals auf dem Platz und erinnert sich immer noch gut. Es sei brutal gewesen, erzählte der 56-Jährige vor einem Bayern-Spiel in Miami: «Du wirst als Spieler trainiert, dass du 90 oder 120 Minuten gehen kannst. Aber hier kannst du mal 20 Minuten abziehen. Du hast nicht die volle Power.»
104 Spiele, vier Zeitzonen, 16 Spielorte
Es müssen 104 Spiele, vier Zeitzonen und große Entfernungen zwischen den 16 Spielorten in drei Ländern berücksichtigt werden. Von Mexiko-Stadt bis Kansas City sind es wie von Miami bis Toronto mehr als 2000 Kilometer. Der DFB prüft derzeit mehrere Quartier-Optionen und konkurriert dabei mit anderen Nationen, die ebenfalls intensiv in Nordamerika suchen.
«Man kann schon einiges mitnehmen. Viele Nationaltrainer waren ja hier», sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl: «Einige Verbände haben sich informiert. Und das wird im Nachgang sicherlich auch noch mal mit dem DFB stattfinden.» Es sei elementar, welche Rahmenbedingungen man wähle, etwa Trainingszeiten. «Ich glaube, die Organisation rund um die Mannschaft ist extrem wichtig.»
Ein Basiscamp garantiert keine Tore oder Siege, aber es kann den Geist im Tross prägen, der aus Spielern, Trainern, Betreuern und vielen weiteren Menschen rund ums Team besteht. Bayern und Dortmund hatten ihre Basis in Florida. Das Münchner Luxusresort im Disneyland von Orlando mit der ESPN-Sportanlage als Trainingsstätte bot alles von Top-Plätzen über Golfplatz bis zum Pool. «Ein Lagerkoller», erzählte Goretzka, kam da nicht auf.
Der Rasen als Problem für «Highspeed-Fußball»
Erst nach der Gruppenauslosung im Dezember, möglicherweise bei einer großen Show im Spielerparadies Las Vegas, wird auch Nagelsmann erfahren, wo die ersten drei von insgesamt acht erhofften WM-Spielen einschließlich des Finales stattfinden werden.
Ein Problem, das gerade die europäischen Teams bei der Club-WM deutlich reklamierten, waren die Spielfelder. «Für Highspeed-Fußball brauchst du andere Bedingungen», sagte Kovac. Die Grasart ist anders, die Plätze wurden nicht so intensiv gewässert. Dortmunds Nationalspieler Pascal Groß würde sich «schon wünschen, dass man in jedem Stadion auf demselben Rasenplatz spielt».