Von wegen Dreikampf! Der slowenische Ausnahmekönner zeigt eine weitere Machtdemonstration und lässt Remco Evenepoel und Co. verzweifeln.
Im Weltmeister-Trikot zum EM-Sieg: Pogacar düpiert Rivalen
Mit einem breiten Grinsen blickte Tadej Pogacar noch einmal kurz zurück, dann fuhr der slowenische Ausnahmekönner nach einer weiteren Machtdemonstration mit erhobenem Zeigefinger über die Ziellinie. In den Weinbergen der Ardèche hat der Tour-de-France-Champion seinen Rivalen einen weiteren schweren Schlag versetzt und nur eine Woche nach dem WM-Triumph von Kigali auch erstmals die Straßenrad-Europameisterschaft gewonnen. Pogacar siegte nach einem beeindruckenden 75-Kilometer-Soloritt vor seinem großen Widersacher Remco Evenepoel und dem französischen Top-Talent Paul Seixas.
Der erwartete Dreikampf auf der schweren Rennstrecke über 202,5 Kilometer fiel aus, da Tour-Rivale Jonas Vingegaard aus Dänemark keine Rolle spielte und bereits 109 Kilometer vor dem Ziel abgehängt wurde. Bei Doppel-Olympiasieger Evenepoel wurde erneut deutlich, dass er zwar über einen großen Motor verfügt, aber an den langen Anstiegen gegen Pogacar hoffnungslos unterlegen ist.
Deutsches Team wieder ohne Medaille in den Eliterennen
Auch das deutsche Team um den Ex-Junioren-Weltmeister Lennard Kämna hatte keine Chance. Schon früh im Rennen war kein Fahrer mehr in der Lage, zur Spitzengruppe aufzuschließen. Der Tour-Dritte Florian Lipowitz war wie bei der WM abwesend, aber er könnte in Zukunft gerade auf so anspruchsvollen Strecken eine Rolle spielen.
Das deutsche Team blieb ohne Medaille in den EM-Eliterennen, aber einige Erfolge bei den Junioren verbesserten die Bilanz etwas. Franziska Koch und Antonia Niedermaier sorgten am Samstag mit den Plätzen fünf und acht für eine starke Teamleistung bei den Frauen, aber das niederländische Team mit Europameisterin Demi Vollering war einfach zu stark.
Vingegaard und seine Probleme bei Eintagesrennen
Im Männer-Rennen war die Hoffnung auf einen offenen Schlagabtausch groß. Nie zuvor bei einer EM war das Feld derart hochkarätig besetzt. Und ähnlich wie vor einer Woche in Ruanda ging es bereits frühzeitig zur Sache. Für Vingegaard war das Tempo allerdings viel zu hoch. «Ich hatte immer Probleme mit Eintagesrennen. Dieses Rennen ist ein Test», hatte der zweimalige Tour-de-France-Sieger gesagt. Nur drei Wochen nach seinem Vuelta-Sieg dürfte die Ernüchterung bei Vingegaard, der erstmals seit 2018 im Nationaltrikot unterwegs war, groß gewesen sein.
Gerade als Vingegaard abgehängt war, setzte Evenepoel ein wahnsinniges Tempo. Der Belgier, der bald für das deutsche Red-Bull-Team fahren wird, wollte sich für das WM-Rennen vor einer Woche revanchieren. Doch am Côte de Saint-Romain-de-Lerps, einem sieben Kilometer langen Anstieg mit durchschnittlich 7,2 Prozent Steigung, zeigten sich erneut die Schwächen des WM-Zweiten im Gebirge. Nur in Zeitfahren ist derzeit der 25-Jährige unschlagbar – Evenepoel gewann Mitte der Woche nach den Siegen bei Olympia und der WM auch bei der EM das Rennen gegen die Uhr.
18. Saisonsieg für Pogacar
Pogacar hat bereits seinen 18. Saisonsieg errungen. Neben dem WM-Titel in Ruanda hat der Slowene unter anderem vier Etappensiege und seinen vierten Gesamtsieg bei der Tour de France errungen sowie die Klassiker Flandern-Rundfahrt, Flèche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich gewonnen.
Und es gibt noch ein letztes Highlight in diesem Jahr. Nächste Woche steht die Lombardei-Rundfahrt auf dem Programm, das letzte sogenannte Monument in diesem Jahr – ein Rennen, das Pogacar in den letzten vier Jahren dominiert hat.