Leclerc sichert ersten Ferrari-Triumph in Monza seit fünf Jahren durch hochriskante Einstopp-Strategie und bewahrt Verstappen vor Rückschlag.
Ferrari-Triumph in Monza durch Leclercs Alles-oder-Nichts-Taktik
Charles Leclerc hat den Tifosi mit einer Alles-oder-Nichts-Taktik den ersten Ferrari-Triumph im Königlichen Park von Monza seit fünf Jahren beschert. Durch die hochriskante Einstopp-Strategie hat der Monegasse auch unfreiwillig Formel-1-Weltmeister Max Verstappen im immer schwächer werdenden Red Bull vor einem noch größeren Rückschlag bewahrt. Der Sieger der letzten beiden Jahre kam beim Großen Preis von Italien diesmal nicht über den sechsten Platz hinaus.
«Mamma mia», funkte Leclerc nach der Zieldurchfahrt an die Box: «Grazie, grazie, grazie.» Es war der siebte Grand-Prix-Sieg seiner Karriere, in diesem Jahr hatte er auch schon sein persönliches Heimrennen in Monaco gewonnen. «Es ist unglaublich», sagte er unter dem ohrenbetäubenden Lärm der italienischen Fans.
Im WM-Kampf verfehlte Lando Norris, Verstappens ärgster Rivale, trotz Pole Position die maximale Punktzahl. Der Zweitplatzierte in der WM musste sich eine Woche nach seinem Sieg beim Heimrennen von Verstappen in den Niederlanden am Sonntag auch noch hinter seinem ehrgeizigen McLaren-Teamkollegen Oscar Piastri einreihen. Durch den zusätzlichen Punkt für die schnellste Rennrunde konnte Norris den Rückstand im Gesamtklassement um acht Punkte auf 62 verkürzen.
Kein guter Tag für den einzigen Deutschen
Nico Hülkenberg hatte kein Glück: Das Rennen des 37-jährigen Rheinländers wurde nach dem guten zehnten Platz im Qualifying frühzeitig beeinträchtigt. Er war in einen Unfall verwickelt und landete schließlich auf dem 17. Platz im Haas.
Norris hatte den Start sicherlich anders erwartet. Er kam zwar gut weg und behielt die Führung in der ersten Schikane bei, aber in der zweiten engen Kurvenkombination griff ausgerechnet Teamkollege Piastri an. Es folgte ein hartes Duell Rad an Rad und der Australier zog vorbei.
Norris kämpfte mit seinem Auto. Eine Gelegenheit, die sich auch Leclerc nicht entgehen ließ. Sehr zur Freude der italienischen Fans überholte auch der Monegasse im Ferrari Norris. Zuvor hatte er bereits von einem Fehler von George Russell im Mercedes profitiert, der nach wenigen Metern vom dritten Startplatz auf den siebten Platz zurückgefallen war.
In den vergangenen acht Rennen in Monza war die Pole Position, die Norris zum fünften Mal erreichte, keine Garantie für den Sieg. Nur zweimal konnte der Fahrer, der von der ersten Position gestartet war, auf der Strecke im Königlichen Park gewinnen.
Es ist bemerkenswert, dass Norris den Start bei seinem Sieg in Zandvoort im Vergleich zur Vorwoche nicht vermasselte, aber stark von Piastri unter Druck gesetzt wurde. Angesichts des Titelkampfes zwischen Norris und Verstappen war der Niederländer nur auf dem enttäuschenden siebten Startplatz in der Qualifikation gelandet – eine Gelegenheit für Norris, den Rückstand auf den dreifachen Champion und Titelverteidiger weiter zu verkürzen, möglicherweise sogar erheblich.
Vermasselter Reifenwechsel bei Verstappens Red Bull
Im Gegensatz zu Norris und den anderen vor ihm startete Verstappen auf harten Reifen und nicht auf den Mediums. Dadurch konnte er länger draußen bleiben bis zum ersten Boxenstopp. McLaren beorderte Norris eiligst in die Box, um an Leclerc vorbeizukommen. Der 24-Jährige, der in Monza noch über seine Nervosität gesprochen hatte, bremste hart auf dem Weg in die Boxengasse und streifte einen Poller.
Immerhin: Der sogenannte Undercut, bei dem ein Fahrer vor einem Rivalen zum Reifenwechsel gerufen wird, war erfolgreich. Dadurch konnte er an Leclerc vorbeiziehen, der danach in die Box fuhr. Nachdem Verstappen ebenfalls an der Box war und ein Problem mit einem Rad für eine ungewöhnlich lange Verzögerung sorgte, war die Reihenfolge praktisch wieder hergestellt: Piastri führte vor Norris, dahinter kam Leclerc. Verstappen war Sechster.
Nachdem McLaren beim Rennen in Ungarn mit einigen Teamordern für Verwirrung und auch lange Gesichter gesorgt hatte, als Norris am Ende Piastri zu dessen Premierensieg vorbeilassen musste, bekamen die beiden die Freigabe per Boxenfunk, gegeneinander zu fahren – nach «Papaya-Regeln», wie über Funk gesagt wurde, denn der Wagen ist größtenteils Papayafarben lackiert.
Norris versuchte, den Abstand von etwa drei Sekunden auf Piastri zu verringern, aber der 23-Jährige konterte jedes Mal. Anstelle dessen machte Norris auch noch einen Fehler und kam dann weit vor Piastri zum zweiten Reifenwechsel herein. Als auch der Australier die nächsten Reifen bekam, lag er wieder vor Norris, der nun auch noch Verstappen im Weg war, als er versuchte, an seinem Teamkollegen vorbeizukommen.
Der Niederländer erhielt die Genehmigung vom Kommandostand, gegen Norris zu kämpfen, obwohl er noch neue Reifen brauchte. Es wurde schnell deutlich, wie viel stärker der McLaren derzeit ist. Norris machte kurzen Prozess.
Jedoch ergab sich plötzlich eine andere Frage, da Leclerc und sein Teamkollege Carlos Sainz in Führung lagen. Würden sie es schaffen, mit einem Boxenstopp durchzukommen? Ferrari nahm das volle Risiko auf sich. Sainz hatte gegen den herannahenden Piastri mit seinen abgefahrenen Reifen jedoch keine Chance, während Norris mehr zu kämpfen hatte. Weder Piastri noch Norris konnten jedoch an Leclerc vorbeikommen, der vom vierten Platz gestartet war.