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Mit Blick auf WM-Trophäe: Verstappen reicht den Druck weiter

Die Trophäe ist zum Greifen nah. Nicht nur bildlich. Schafft Norris den ersten WM-Triumph? Er hat in der Formel 1 die besten Chancen – und am meisten zu verlieren.

Die drei WM-Rivalen und der Pokal der Begierde.
Foto: David Davies/PA Wire/dpa

Max Verstappen saß am weitesten entfernt vom glänzenden Original-WM-Pokal mit den Namen und Signaturen aller Titelträger seit 1950. «Ich habe vier davon zu Hause. Ich kenne meine Unterschrift», sagte der 28 Jahre alte Niederländer, der sich 2021, 2022, 2023 und 2024 auf der Trophäe verewigen durfte, mit einem Grinsen: «Ich habe alles erreicht in der Formel 1, was ich wollte. Alles andere ist nur noch Zugabe.» Davon können Lando Norris und Oscar Piastri nur träumen. 

Sehnsucht als Treibstoff oder Bremse? 

Wird es vielleicht doch der fünfte Titel in Serie für Verstappen? Oder schaffen es das McLaren-Duo und ihre Chefs zumindest, dass einer der beiden Teamkollegen am Sonntag (14.00 Uhr MEZ/Sky) nach dem Großen Preis von Abu Dhabi die Trophäe in die Höhe halten darf, die während der offiziellen Pressekonferenz nur eine Armlänge von Piastri entfernt war. In Verstappens Zuhause stehen Nachbildungen.

Der Druck liegt hauptsächlich auf Norris, der auf dem fast weißen Sofa in der Mitte Platz nehmen durfte. «Angesichts der Position (im Klassement) habe ich natürlich am meisten zu verlieren», sagte der WM-Führende. Ein bisschen auch sich selbst beschwörend ergänzte der 26 Jahre alte Brite, der öfter mal mit den Nerven zu kämpfen hat: «Es ist auch nur ein Rennen um die WM.»

Ralf Schumachers Gefühl: Die McLaren kommen sich in die Quere 

Das Problem: Es ist DAS Rennen um die WM 2025. Norris führt nur noch mit 12 Punkten vor Verstappen. 16 Zähler hat er mehr als Piastri, der nach sieben Siegen bis Ende August lange wie der Titelanwärter Nummer eins ausgesehen hatte und nun nur noch der Außenseiter ist. «Es wäre natürlich ein cooler Erfolg, aber ich will die Erwartungen nicht zu hoch hängen», sagte der 24 Jahre alte Australier. 

Norris wird entweder gewinnen oder Zweiter oder Dritter werden. In diesem Fall können Verstappen und Piastri nichts mehr ausrichten, und Norris würde der 35. Weltmeister in der Geschichte der Formel 1 sein.

Und das würde Ralf Schumacher freuen. «Er ist eine interessante Persönlichkeit», lobte er den Briten auch für dessen Umgang mit dem Thema mentale Herausforderungen. Der ehemalige Formel-1-Pilot sagte in einer Presserunde als Experte des Senders Sky aber auch: «Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass sich die McLaren in die Quere kommen und Max Weltmeister wird. Ich weiß auch nicht warum.»

Mercedes-Rivale Russell mit klarer Ansage

Die Gefahr jedenfalls fährt mit, dass es zwischen Piastri und Norris kracht. Die hauseigenen Regeln, die Disqualifikation in Las Vegas und der schwere Taktikaussetzer am vergangenen Sonntag in Katar haben das nur noch befeuert. «Wir haben uns das Leben als Team selbst schwer gemacht, indem beide Fahrer um die WM kämpfen», räumte Norris nun ein.

Um Hilfe von Piastri im Rennen in Abu Dhabi will er nicht bitten und betteln. Eine Teamorder, bisher von den McLaren-Bossen auf ihrem Fairness-Kurs verpönt, stand den Aussagen beider Fahrer zufolge bisher nicht zur Diskussion. «Ich denke, dass es inakzeptabel ist, einen Fahrer, der selbst noch im Rennen um die Weltmeisterschaft ist, zu bitten, für den Teamkollegen Platz zu machen», betonte sogar Rennfahrer-Kollege George Russell von Mercedes als nicht direkt Beteiligter. Eine klare Ansage. 

Ein bisschen Monaco, ein bisschen 1001 Nacht

Die Weltmeister-Krönung einer verrückten Saison hat also alles für ein Dreikampf-Drama vor einer Kulisse, die einer Mischung aus Jacht-Protz wie in Monaco sowie Prunk, Palmen und Lichtern wie aus 1001 Nacht gleicht. Gestartet wird das Rennen Ortszeit so, dass die Fahrer in die Abenddämmerung rasen und unter Fluchtlicht am frühen Abend gegen 19.00 Uhr (16.00 Uhr MEZ) ins Ziel kommen.

Genau wie 2010, als Sebastian Vettel das bisher letzte Finale mit drei Titelanwärtern gewann. Geschlagen wurden damals der zuvor führende Fernando Alonso und Vettels Red-Bull-Teamkollege Mark Webber. Eine interessante Randnotiz für das bevorstehende Finale: Alonsos damaliger Renningenieur Andrea Stella ist jetzt der Teamchef von McLaren. Webber ist der Manager von Piastri.

Ein Ort also mit wenigen positiven Erinnerungen für manche, für andere jedoch schon: Allen voran Verstappen. Im Jahr 2021 beendete er auf dem Yas Marina Circuit die Titelserie von Lewis Hamilton im Mercedes in einem wohl unvergesslichen Finale mit der Entscheidung in der letzten Runde des Rennens nach einem folgenschweren Alleingang des damaligen Rennleiters.

Wo Verstappens Titelreigen mit einem Zweikampf-Drama begann

Verstappen hat bereits 70 Grand-Prix-Siege errungen, ein fünfter Titel würde ihn auf die gleiche Stufe wie die argentinische Rennlegende Juan Manuel Fangio stellen, der in den 1950er Jahren fünfmal die Weltmeisterschaft gewann. Nur Hamilton und Michael Schumacher wären dann noch erfolgreicher mit jeweils sieben Weltmeistertiteln. Norris hat in seiner siebten Saison bisher elf Grand-Prix-Siege errungen, Piastri hat in insgesamt drei Jahren neun Siege erzielt.

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Für die beiden McLaren-Kollegen ist der bevorstehende Showdown Neuland. Norris entspannte sich mit einer Runde Golf, Piastri spielte Padel-Tennis, und Verstappen verbrachte Zeit mit seiner kleinen Tochter.

Unterstützt werden seine Rivalen beim letzten Rennen des Jahres auch von Eltern und Freunden in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Verstappens Eltern werden nicht vor Ort sein. Vater Jos nimmt an einer Rallye in Afrika teil und die Mutter passt auf die Hunde auf. Er habe nicht geplant, dass sie an der Strecke seien. «Aber ich hatte auch nicht geplant, im Titelkampf zu sein», sagte er lachend: «Sie vertrauen ihrem Sohn.»

dpa