Die 37-jährige Schwäbin erreicht erstmals das Einzel-Viertelfinale in Wimbledon und trotzt den Wetterkapriolen. "Das war mein schwierigstes Match. Ich bin einfach super happy."
Historischer Erfolg für Laura Siegemund in Wimbledon
Laura Siegemund warf ihren Schläger in die Luft, schüttelte ungläubig den Kopf und formte mit den Händen ein Herz für die Zuschauer. Die 37-Jährige hat bei ihrem märchenhaften Lauf in Wimbledon auch den Wetterkapriolen mit Gewitter und Regen getrotzt und zum ersten Mal in ihrer Karriere das Einzel-Viertelfinale beim Rasen-Klassiker erreicht. Dank einer abgeklärten Leistung setzte sich die Schwäbin in der Runde der besten 16 gegen die Außenseiterin Solana Sierra aus Argentinien mit 6:3, 6:2 durch.
«Das war mein schwierigstes Match. Ich bin einfach super happy», schwärmte Siegemund in ihrem Interview auf dem Platz. Bei der Erwähnung ihres Alters als älteste verbliebene Spielerin spendete das Publikum einen Extra-Applaus. «Das ist nicht oft, dass man so ein Kompliment dafür bekommt, dass du alt bist.»
Siegemund ließ sich auch von zwei längeren Regenunterbrechungen nicht aus der Ruhe bringen. Im Viertelfinale wird die Doppelspezialistin nun gegen die Siegerin des Spiels zwischen der Weltranglistenersten Aryna Sabalenka und Elise Mertens aus Belgien antreten.
Siegemund ist jetzt Teil des exklusiven Last-8-Clubs von Wimbledon, der allen Viertelfinalisten lebenslange Tickets garantiert. Die Schwäbin erhält außerdem ein Preisgeld von 400.000 britischen Pfund (464.000 Euro).
Zweites Viertelfinale bei einem Grand Slam
Siegemund stand bisher nur einmal im Einzel unter den besten Acht bei einem Grand-Slam-Turnier: 2020 bei den French Open verlor sie ebenfalls als ungesetzte Spielerin gegen die Tschechin Petra Kvitova. «Das ist absolut einer der größten Erfolge meiner Karriere, und dann auch noch auf Rasen», hatte sie schon vor dem Achtelfinale gesagt.
Sierra, 21 Jahre alt, schied eigentlich in der Qualifikation aus, kam aber aufgrund des Rückzugs einer Spielerin ins Hauptfeld. Sie hätte die erste „Lucky Loserin“ in der Geschichte des Profi-Damentennis sein können, die es bei einem Grand Slam ins Viertelfinale geschafft hätte.
Blitz und Donner über London
Beim ersten Aufschlag von Sierra grollte bereits der Donner über dem Gelände des All England Clubs. Das Spiel fand auf Court Nr. 2 statt, dem größten Platz in Wimbledon ohne Dach. Nach nur vier gespielten Punkten begann es immer stärker zu regnen, die Spielerinnen hielten sich kurz auf dem Platz auf, bis sie nach dem nächsten heftigen Blitz in die Kabine gingen.
77 Minuten später ging es weiter. Siegemund nahm ihrer 16 Jahre jüngeren Kontrahentin direkt den Aufschlag ab, kassierte jedoch ebenfalls sofort das erste Break. Es entwickelte sich eine nervös geführte Partie mit reichlich Fehlern auf beiden Seiten, den Spielerinnen war die Bedeutung des Spiels deutlich anzumerken.
«Ganz stark»: Siegemund feuert sich selbst an
Siegemund spielte stabiler und setzte Sierra mit einer Mischung aus schnellen und unterschnittenen Bällen unter Druck. Das entscheidende Break gelang ihr beim Stand von 4:3, nach 48 Minuten landete ein Ball der Argentinierin im Aus, was das Ende des ersten Satzes bedeutete. Insgesamt waren 21 unerzwungene Fehler von Sierra deutlich zu viel.
Siegemund glückte auch der Start in den zweiten Durchgang. «Ganz stark», feuerte sie sich nach einem gelungenen Ball selber an. Wenige Sekunden später folgte der nächste Donner – und die nächste Zwangspause.
Dieses Mal dauerte es fast eine Stunde, als die Sonne wieder herauskam. Siegemund fand schnell wieder ins Spiel zurück und führte mit 3:0. Obwohl sich Sierra noch gegen die Niederlage wehrte, durfte Siegemund nach 1:19 Stunden jubeln.
Zusätzlich hat sie auch im Doppel noch die Möglichkeit auf einen Titel, da sie im Achtelfinale mit der Brasilianerin Beatriz Haddad Maia spielt. Aufgrund der Dreifachbelastung hat sie sich aus dem Mixed zurückgezogen. In ihrer Karriere hat Siegemund bisher drei Grand-Slam-Titel gewonnen: Zwei im Mixed und einen im Doppel.