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Trainerbesuch und Titelträume vor EM-Generalprobe

Die Nationalmannschaft träumt vom EM-Triumph und holt sich Inspiration von Basketball-Weltmeistern für klare Rollenverteilung im Team.

Antonio Rüdiger (M) stand erstmals mit den Teamkollegen während der EM-Vorbereitung auf dem Platz.
Foto: Christian Charisius/dpa

Der Trainer der Basketball-Weltmeister besuchte die Fußball-Nationalmannschaft, die Champions-League-Sieger Toni Kroos und Antonio Rüdiger standen erstmals auf dem Platz, und Julian Nagelsmann bekannte sich dazu, auch tagsüber vom EM-Triumph zu träumen. Kurz vor der EM-Generalprobe gegen Griechenland lag ein verlockender Hauch von Titel in der Luft über dem Trainingsgelände. Das gefiel dem Bundestrainer sehr. Die Tor-Tristesse im Ukraine-Test war in Herzogenaurach kein großes Thema mehr.

Nach der Übungseinheit durften vier Schulmädchen Rüdiger auf dem Pressepodium nach seinem besten Fußball-Erlebnis fragen, und seine Antwort war überraschend und passend zugleich. Seine Antwort war nicht der frische Sieg in der Königsklasse mit Real Madrid am Samstag in Wembley gegen Borussia Dortmund. Nagelsmanns Abwehrchef denkt am liebsten an den Sieg beim Confederations Cup 2017 zurück.

Ein vergleichsweise kleiner Titel in seiner Sammlung. Aber der bislang letzte, den die Nationalmannschaft vor den folgenden drei Turnier-Pleiten feierte. «Das war mein schönster Moment», sagte Rüdiger zur schwarz-rot-goldenen Fußball-Nostalgie.

Geht es nach Nagelsmann, sollen Rüdiger und Kroos als Königsklassen-Helden jetzt nicht nur Vorbild, Anstifter und Motivator im EM-Kader sein. «Was wir aus Madrid mitnehmen können, ist der Killerinstinkt», sagte Rüdiger recht plakativ. Jene mysteriöse Gabe, ein Spiel doch noch immer zu gewinnen, ist in den kommenden Wochen eine willkommene Fähigkeit.

Nagelsmann erlaubt Tagträume

Auf der Zielgeraden zum Eröffnungsspiel am 14. Juni in München gegen Schottland dürfen alle sogar mit Trainer-Erlaubnis einen Monat vorausdenken. «Man sollte schon davon träumen und sich auch bei dem ein oder anderen Tagtraum mal vorstellen, wie es ist im Finale zu sein oder vielleicht auch das Ding sogar zu gewinnen», sagte der Bundestrainer bei «Spielmacher – der EM-Podcast von 360Media mit Sebastian Hellmann».

Einer, der weiß, wie es ist, in einem großen Finale zu stehen und dieses zu gewinnen, kam am Mittwoch mit Rudi Völler zum Trainingsplatz. Gordon Herbert, Trainer der deutschen Basketball-Weltmeister, war dort schnell in ein Gespräch mit Nagelsmann vertieft. Es wurde fachgesimpelt und auch gelacht. Herbert ist für Nagelsmann eine Art Mentor in Fragen nach Titeln. Das WM-Prinzip der klaren Rollenverteilung für seine Basketballer hat der Bundestrainer für die EM der Fußballer übernommen – bislang mit vielversprechendem Erfolg.

«Ich habe neulich eine Dokumentation über die deutschen Basketballer angeschaut. Man konnte die Gespräche zwischen Trainer und Spielern vor der WM beobachten. Da wurde klar: Jeder Einzelne kannte Monate vor dem Turnier seine Rolle», erzählte Nagelsmann kürzlich. Rüdiger gefällt das: «Jeder weiß, wo er dran ist, dann gibt es keine Komplikationen», sagte er. Den passenden Zusatz, nicht wie bei den letzten Turnieren, verkniff er sich wohl.

Basketballer für Rüdiger Vorbilder

Rüdiger verpasste die erste Begegnung mit Herbert, weil er vor seinem Presseauftritt noch duschen wollte. Er freute sich jedoch auf einen Vortrag des Kanadiers. «Die Basketball-Jungs haben einen großartigen Erfolg gehabt. Und natürlich können wir das eine oder andere von ihnen lernen», sagte der 31-Jährige. Der Real-Abräumer ist selbst ein Gewinner der neuen Philosophie. «Zu meiner Rolle hat Julian gesagt, ich soll ein Leader sein», erzählte Rüdiger.

Nagelsmann konnte sich vor seinem erfolgreichen Training mit der bisher größten Trainingsgruppe auf den letzten Test vor dem EM-Anpfiff vorbereiten. In den bisherigen zehn Tagen hatte er noch nie gleichzeitig 27 Spieler auf dem Platz. Maximilian Mittelstädt fehlte aufgrund der notwendigen Belastungssteuerung, U21-Gastspieler Brajan Gruda hatte muskuläre Probleme. Nach dem Griechenland-Test am Freitag in Mönchengladbach wird Nagelsmann seinen Kader auf die EM-Größe von 26 Spielern reduzieren müssen.

Sollte im Eröffnungsspiel gegen Schottland oder einer der folgenden Partien etwas schiefgehen, hat Nagelsmann einen Plan B einstudiert: «Natürlich haben wir schon einen Notfallplan, was passiert, wenn noch zehn Minuten zu spielen sind und wir unbedingt ein Tor brauchen. Den haben wir auch vorher trainiert, sodass die Spieler wissen, wenn ich ‘Notfallplan’ reinrufe, was müssen wir jetzt machen, die Abläufe sind drin.»

dpa