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Deutschland schockt Frankreich: Nagelsmanns Masterplan geht auf

Nagelsmanns klare Rollenverteilung und die Leichtigkeit im Spiel führten zu einem überraschenden Sieg gegen den EM-Favoriten.

Bundestrainer Julian Nagelsmann jubelt an der Seitenlinie beim Spiel gegen Frankreich.
Foto: Christian Charisius/dpa

Nicht nur Rudi Völler hat dieser Sieg «richtig gutgetan». Wie dem DFB-Sportdirektor ging es auch Julian Nagelsmann. Der Bundestrainer kann sich nach dem 2:0 gegen den großen EM-Favoriten Frankreich in seiner knallhart durchgezogenen Linie komplett bestätigt fühlen.

Vor dem großen Fußball-Abend der Nationalmannschaft in Lyon hätte man das nicht erwartet. Das meistverwendete Wort war „Spaß“. Nagelsmann kann einige Erkenntnisse in den nächsten EM-Test gegen die Niederlande am Dienstag in Frankfurt mitnehmen.

In Krisensituationen ist es wichtig, klare Rollen zu haben, um Sicherheit zu gewährleisten. Jeder sollte wissen, was zu tun ist und sich darauf konzentrieren. Nagelsmann ist mit dieser Einstellung in das EM-Jahr gestartet und hat seinen ausgewählten Turnier-Kandidaten klare Rollen zugewiesen. Es konnte niemand versprechen, dass diese sofort erfolgreich umgesetzt werden, auch nicht der Bundestrainer. Dennoch haben sie funktioniert – genauso wie Nagelsmann in seiner zuletzt so ungewohnten Rolle als Bundestrainer.

Entfesselung für die Nationalmannschaft

Auch das von ihm ausgerufene Wochen-Motto «Wir kicken» wurde mit der darin enthaltenen Hoffnung auf Leichtigkeit mit Fußball-Leben gefüllt. In der Vergangenheit sei einiges «verknotet» gewesen bei der DFB-Elf, meinte der 36-Jährige. Das Frankreich-Spiel war für die Nationalmannschaft wie eine Entfesselung von alten Lasten. 

Toni Kroos ist der Antrieb und das Rückgrat: Statt Querpass-Toni gibt es jetzt Steilpass-Toni – diese positive Umkehr seines Spitznamens erreichte der Rückkehrer von Real Madrid gleich mit seinem Assist zum Blitz-Tor von Florian Wirtz nach wenigen Sekunden. Doch damit war die Arbeit des 34-Jährigen noch nicht beendet. Kroos erfüllte in seinem 107. Länderspiel alle anderen – positiven – Klischees. Ruhe am Ball, präzise Pässe und sogar mal eine Grätsche, körperliche Stärke, wenn nötig. Der deutsche Fußball-Souverän könnte den besten Sommer seit dem WM-Sieg von Rio 2014 erleben. Dass er sein Comeback initiiert hat, kann Nagelsmann sich selbst hoch anrechnen.

Spaß, Spaß, Spaß

Kimmich unterstützt in der rechten Verteidigung: Einer der am meisten von Nagelsmanns Rollenverteilung betroffenen Spieler war Joshua Kimmich (29). Der Bayern-Profi akzeptierte jedoch die Versetzung aus dem Zentrum zur rechten Außenverteidigung und setzte sie äußerst erfolgreich um. Das deutliche Geschwindigkeitsdefizit gegenüber Frankreichs Kylian Mpabbé glich er mit Spielintelligenz und Einsatz aus. Frankreichs Trainer Didier Deschamps betonte nach dem Spiel die Bedeutung von Können und Wollen als wichtige Komponenten. Bei Kimmich war zu erkennen: Er konnte und wollte.

Wirtz und Musiala zaubern: Florian Wirtz und Jamal Musiala sind nicht die deutsche Zukunft. Sie sind die deutsche Gegenwart. Die von Nagelsmann zu seinen «Zauberern» ernannten Jungstars offerierten in Lyon nicht nur die erhofften Kunststücke. Sie demonstrierten, dass sie gemeinsam den Unterschied ausmachen können. Wirtz brauchte für sein Premierentor nur knappe acht Sekunden – deutscher Rekord. Musiala holte sich für einen Magier untypisch die Spielsicherheit auch mit robusten Balleroberungen. Spaß, Spaß, Spaß. Das deutsche Mode-Wort erfüllten die Jungstars von Bayer Leverkusen und Bayern München mit Leben. 

dpa