Tah erfüllt Nagelsmanns Wünsche mit Selbstvertrauen nach Blockbuster-Sieg. Schlotterbecks Ausfall wirkt als Dämpfer vor WM-Qualifikation gegen Luxemburg.
DFB-Elf: Tahs Verteidigungslust, Nagelsmanns Safety-First-Strategie

Jonathan Tah erfüllt mit seiner großen Lust aufs Verteidigen alle Wünsche von Julian Nagelsmann für dessen neue Safety-First-Strategie. Nach dem extra langen Geheimtraining der Fußball-Nationalmannschaft saß der Bayern-Verteidiger eine knappe Viertelstunde lang auf dem Medienpodium und strahlte bei jeder Antwort das Selbstvertrauen aus, das nach dem Münchner Blockbuster-Sieg bei Paris Saint-Germain die DFB-Elf beflügeln soll.
«Nein», antwortete Tah so knapp wie möglich auf die Frage, ob es noch Zweifel gäbe, an der direkten WM-Qualifikation und lachte. Nur die Nachricht vom praktisch besiegelten Ausfall von Nebenmann Nico Schlotterbeck für den vorletzten Schritt Richtung WM 2026 am Freitag (20.45 Uhr/RTL) in Luxemburg wirkte auch für ihn wie ein Dämpfer.
Slowakei-Spiel als Ziel für Schlotterbeck
«Angesichts der Tatsache, dass er jetzt noch gar nicht auf dem Platz stand, können wir, glaube ich, mit Hoffnung auf die Slowakei blicken», sagte DFB-Sprecherin Franziska Wülle auf eine entsprechende Frage nach Schlotterbeck. Die Partie gegen die Slowakei findet zum Gruppenfinale am Montag statt. Luxemburg kommt für Schlotterbecks verletzten Fuß zu früh.
Der Gesundheitszustand des 25-Jährigen habe sich zwar «deutlich verbessert», eine Einheit auf dem Platz war aber auch zwei Tage vor dem Spiel noch nicht möglich. Nagelsmann muss also umbauen. Schlotterbecks BVB-Kollege Waldemar Anton steht als Ersatzmann parat. DFB-Rückkehrer Malick Thiaw wäre eine Überraschungs-Alternative.
Defensiv-Fokus kein Paradox
Vor dem erwarteten Tore-Wettballern beim Underdog rückte die Personalie Schlotterbeck erneut die Abwehr in den Mittelpunkt. Nagelsmann hatte zu Wochenbeginn eine neue Ausrichtung auf die Defensive ausführlich thematisiert – und damit auch überrascht. Luxemburg als Gegner und dann ein Defensiv-Fokus? Das klang wie eine neue Unwucht in der DFB-Vita des Bundestrainers.
Vor 35 Jahren gelang Luxemburg der letzte Treffer gegen Deutschland bei einem deutschen 3:2-Sieg in der EM-Qualifikation. Robby Langers, der Anfang der 1980er Jahre für Borussia Mönchengladbach spielte, erzielte das Tor. Rudi Völler traf für Deutschland, das ist schon lange her. Seitdem lautet die Bilanz: 22:0-Tore bei vier deutschen Siegen.
Natürlich hat der Bundestrainer jedoch auch das Duell mit der Nummer 97 der Weltrangliste im kleinen Großherzogtum hinaus im Blick. Die drei Punkte sind fest eingeplant, um das weiterhin ungelöste Direkt-Ticket für die WM-Endrunde in Amerika zu sichern.
Am Montag findet der große Showdown in Leipzig gegen die Slowakei statt – möglicherweise auch wieder mit Schlotterbeck. Nagelsmann hat den klaren Plan, sein Team für anspruchsvollere Aufgaben stabil zu halten und endlich eine dauerhafte sportliche Balance zu finden.
Eine handvoll Zonen hat der Bundestrainer für seine Arbeit aufgezeichnet. «Aber es gibt immer die richtige Hierarchie der einzelnen fünf Spielphasen und da steht schon die Defensive nach wie vor auf Platz eins», sagte Nagelsmann.
Fünf Innenverteidiger seit der EM
Der Bundestrainer kann den Vorwurf der personellen Zickzack-Strategie für sein Abwehrzentrum nicht gelten lassen. Seit der EM haben in 14 Spielen nur fünf verschiedene Innenverteidiger in den Startformationen gestanden. Neben Tah, Schlotterbeck und Anton waren das Antonio Rüdiger und Robin Koch. Wechsel wurden lediglich durch Sperren oder Verletzungen begründet.
Schlotterbeck spielte nach seiner langen Zwangspause aufgrund einer Knieoperation eine entscheidende Rolle dabei, dass es zuletzt defensiv besser lief. Am Samstag erlitt der Dortmunder in der Bundesliga-Partie gegen den Hamburger SV einen Schlag auf den Fuß, wodurch die Wunde genäht werden musste.
Zunächst hatte der Innenverteidiger selbst Entwarnung gegeben und als Football-Fan am Sonntag die NFL-Partie der Indianapolis Colts gegen die Atlanta Falcons in Berlin besucht. Nach der Anreise nach Wolfsburg hatte sich aber Nagelsmann pessimistisch geäußert: «Ich habe nur ein Bild vom Fuß gesehen. Das sieht jetzt nicht überragend gut aus, ehrlich gesagt.»
Natürlich hat der Offensivdenker Nagelsmann nicht von seiner Tore-Philosophie abgeschworen. Die DNA bleibt nach vorne ausgerichtet. Doch ein neuer Weg soll zum Ziel führen. Die Formel lautet Angriffskraft durch Defensivpower. «Da muss man schon wieder hinkommen, eben ein gutes Gleichgewicht zwischen der defensiven Stabilität und aber auch der nötigen Offensivpower zu kriegen», sagte Nagelsmann. Die Anfälligkeiten, besonders beim 3:3 gegen Italien und dem bitteren 1:2 gegen Portugal, waren echte Tiefschläge.
Gegentorschnitt raste in die Höhe
Sein Handeln basiert daher auf den Erkenntnissen der verschiedenen enttäuschenden Auftritte von März bis September, als die Gegentorquote pro Spiel (1,83) stark anstieg. Im EM-Jahr 2024 lag sie noch bei 0,77 und war damit sogar niedriger als der Durchschnitt aus dem WM-Sieg-Jahr 2014 (0,81).
Drei Spiele ohne Gegentor in Serie gelangen Nagelsmann als Bundestrainer noch nie. David Raum, als neue Stammkraft als linker Außenverteidiger, spürt schon den ersten Ertrag der Arbeit. «Verteidigen ist immer wichtig, vor allem, dass alle verteidigen. Ich glaube, das war unsere Priorität auch in den letzten zwei Länderspielen, dass wir sehr, sehr gut verteidigen», sagte der Leipziger.
Gegen Nordirland führte die robuste Arbeit zum 1:0-Ertrag. Raum ist aber vor allem eine Szene aus dem vorangegangenen Spiel als stilprägend in Erinnerung, als Offensivmann Serge Gnabry «ganz vorne losläuft und hinten abgrätscht». Der Gegner damals: Luxemburg, das Ergebnis: 4:0.








