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Leichtathletik der Zukunft: Neue Formate und Stars am Horizont

Die Leichtathletik sucht nach innovativen Formaten, um jüngeres Publikum zu begeistern. Neue Wettkampfstrukturen und bekannte Athleten sollen frischen Wind bringen.

Stabhochspringer Armand Duplantis ließ Hürdenläufer Karsten Warholm keine Chance über 100 Meter.
Foto: Michael Buholzer/KEYSTONE/dpa

So stellen sich Modernisierer der Leichtathletik das vor: eine gute Show, ein bestens inszeniertes Duell zweier Stars, und nach eineinhalb Stunden ist alles schon wieder vorbei. Das 100-Meter-Rennen zwischen Stabhochsprung-Ass Armand «Mondo» Duplantis und Hürden-Weltrekordler Karsten Warholm in Zürich bot beste Abendunterhaltung. Und mit seiner Siegerzeit von 10,37 Sekunden hätte Duplantis bei Olympia in Paris noch so manchen Spezialisten in den Vorläufen locker abgehängt. Auch die 10,47 Sekunden von Warholm waren noch aller Ehren wert.

Das Rennen, das vom Getränkehersteller Red Bull in ihrem eigenen TV-Kanal übertragen wurde, war seit Tagen medial beworben worden. Die Zuschauer auf der Haupttribüne im altehrwürdigen Letzigrund von Zürich wurden mit einem Unterhaltungsprogramm und Interviews mit anderen Leichtathletik-Größen eingestimmt.

Coe: Nur Puristen schauen noch traditionelle WM

Derartige Formate dürften das sein, was sich Weltverbands-Präsident Sebastian Coe künftig vorstellt. «Wir sind als Sportart viel zu konservativ», sagte der einstige britische Mittelstrecken-Star vor den Weltmeisterschaften im vergangenen Jahr dem «Spiegel» und urteilte über die WM in seiner Sportart unverblümt: «Ein neuntägiger Wettbewerb, bei dem täglich drei- bis vierstündige Sessions ausgetragen werden – so was schauen sich doch nur noch Puristen wie ich an.» 

Im Gegensatz dazu gibt es Begeisterung bei den Olympischen Spielen in Paris. 70.000 lautstarke Zuschauer im Stade de France machten die Vormittagsveranstaltungen zu einer unvergesslichen Erfahrung für die meisten Athleten. Die Leichtathletik in ihrer alten Form hätte sich keine bessere Werbung wünschen können.

Coe indes betonte schon vor einem Jahr vor der WM: «Ich befürchte, ein solches Format passt einfach nicht mehr zum Lebensstil jüngerer Menschen, die viel eher an schnelleren Veranstaltungen interessiert sind und an entsprechenden digitalen Inhalten, die gut aufbereitet sind.»

Duplantis in der Badewanne

Das Event in Zürich am Tag vor dem traditionellen Meeting bot genau das. Im Mittelpunkt standen – in Bademänteln präsentiert wie Boxer vor dem Kampf – zwei der bekanntesten Protagonisten, die die Leichtathletik seit dem Abschied des kaum zu ersetzenden Usain Bolt zu bieten hat. Duplantis arbeitet daran, nicht nur mit Titeln und Weltrekorden noch bekannter zu werden. Der 24-Jährige postete nachts noch ein Foto von sich – in der Badewanne liegend.

In Deutschland wird Zehnkämpfer Leo Neugebauer als potenzielles Gesicht der hiesigen Leichtathletik gehandelt. Der Olympia-Zweite, der in den sozialen Medien sehr aktiv ist, berichtete, dass er mittlerweile hierzulande ständig erkannt wird. Um Neugebauer zu präsentieren, fand beim Berliner Istaf ein Dreikampf statt, bei dem der abschließende 1.500-Meter-Lauf als Verfolgungsrennen diente. Neugebauer erreichte als Erster das Ziel und wurde damit sofort von 40.000 Zuschauern als Sieger identifiziert. Der ehemalige Zehnkämpfer und ARD-Experte Frank Busemann betonte, dass er sich schon seit geraumer Zeit für einen solchen Modus ausspricht.

Neue Formate bei Meeting in Fribourg

Auch Coe unterstützt die Idee, die Sportart verständlicher und zugänglicher zu machen und ihre Langatmigkeit zu reduzieren. Beim Weitsprung wird vorgeschlagen, den Balken durch eine Absprungzone zu ersetzen, um die Anzahl der Fehlversuche zu reduzieren. Diese Änderungen wurden beim Meeting in Fribourg in der Schweiz am vorigen Sonntag ausprobiert. Es gab auch ein Hindernisrennen über 1.600 Meter anstelle von 3.000 Metern. Im Speerwurf wurde die Weite nur bei einer Verbesserung gemessen.

Johnson plant Grand Slam Track

Eine eigene Serie mit Laufveranstaltungen will der einstige 200- und 400-Meter-Star Michael Johnson aus den USA aufziehen. Die als Grand Slam Track firmierende Serie soll ab 2025 viermal im Jahr über jeweils drei Tage stattfinden und insgesamt 12,6 Millionen Dollar Preisgeld an die Athletinnen und Athleten ausschütten. Hürden-Olympiasiegerin Sydney McLaughlin-Levrone hat schon zugesagt, ebenso alle Medaillengewinner über 1.500 Meter der Männer, weitere Verpflichtungen sind angekündigt. «Die Welt wartet auf so etwas, und wir können diese Lücke füllen», sagte Johnson bei der Vorstellung der Pläne. Das muss sich noch zeigen.

https://x.com/GrandSlamTrack/status/1831415201364889964

Der Weltverband hält mit einer neuen, dreitägigen WM dagegen, die erstmals im September 2026 in Budapest und dann alle zwei Jahre steigen soll. Weltmeister, Olympiasieger, Diamond-League-Gewinner und die leistungsstärksten Athleten des Jahres treten gegeneinander an, um den «ultimativen Champion» zu küren. Ausgeschüttet werden sollen zehn Millionen Dollar Preisgeld. Für Duplantis und Warholm dürfte sich schon ihr Duell am Mittwochabend auch finanziell gelohnt haben.

dpa