Die deutsche Auswahl ist nur noch einen Sieg vom Finale entfernt. Trotz fehlendem Zverev wird ein Duell auf Augenhöhe erwartet.
Deutschland vor Davis-Cup-Halbfinale gegen Holland
In der Ecke des Palacio de Deportes José María Martín Carpena steht das Objekt der Begierde. Der 1,10 Meter hohe und insgesamt 105 Kilogramm schwere Davis Cup thront majestätisch im Scheinwerferlicht, während auf dem Centre Court um ihn gerungen wird. «Wir sehen schon den Pokal, wäre schön, wenn wir mal wieder um ihn spielen können», sagte der deutsche Teamchef Michael Kohlmann.
Durch das 2:0 gegen Kanada ist die Auswahl des Deutschen Tennis Bundes nur noch einen Sieg davon entfernt, erstmals seit 31 Jahren wieder um die «hässlichste Salatschüssel der Welt» zu kämpfen. Im Halbfinale trifft das deutsche Team an diesem Freitag (17.00 Uhr) auf Holland, das sich im Viertelfinale überraschend gegen Spanien durchgesetzt und damit die große Karriere von Rafael Nadal beendet hatte.
Niederlande statt Nadal
«Natürlich wäre es etwas Besonderes gewesen, hier in Spanien noch einmal gegen Nadal zu spielen», sagte Jan-Lennard Struff. Beim letzten Spiel des 22-maligen Grand-Slam-Turnier-Siegers war das komplette deutsche Team in der Halle, «um ein bisschen diese spezielle Atmosphäre aufzusaugen», wie es Struff beschrieb.
Nadal hat jedoch gegen Botic van den Zandschulp verloren und ist inzwischen bereits wieder auf Mallorca. Statt Nadal heißt es nun für die deutsche Mannschaft Niederlande. Die Aufgabe für die deutsche Auswahl, die ohne Spitzenspieler Alexander Zverev nach Andalusien gereist ist, wird dadurch nicht einfacher.
Duell auf Augenhöhe
«Es wird wie schon gegen Kanada ein Duell auf Augenhöhe. Die Niederländer haben eine sehr gute Mannschaft und wie wir ein starkes Doppel», warnte Kohlmann. Anders als im Fußball ist die Rivalität zwischen den beiden Nachbarländern im Tennis nicht so groß. «Man kennt sich von der Tour, wir kommen gut miteinander aus», sagte Kohlmann, wie sein Gegenüber Paul Haarhuis ehemaliger Profi.
Im deutschen Lager ist man sich jedoch bewusst, dass es eine bedeutende Gelegenheit ist, nach 1993 erneut das Finale des Davis Cups zu erreichen. Zu diesem Zeitpunkt führte Michael Stich das deutsche Team gegen Australien in Düsseldorf zum bisher letzten der insgesamt drei Titel.
Die andere Turnierhälfte mit Italien um den Weltranglisten-Ersten Jannik Sinner und die USA mit dem ATP-Finals-Finalisten Taylor Fritz wirkt etwas stärker. «Wir sind ausgeglichen besetzt und haben ein gutes Doppel. Wir brauchen uns vor niemandem zu verstecken», sagte Struff.
Ausgeglichenheit als Trumpf
Kohlmann betonte auch die Ausgeglichenheit seines Teams. Im Tour-Alltag liegt das Interesse immer auf Zverev, der bereits im Urlaub auf den Malediven ist und seinen ersten Grand-Slam-Titel jagt. Dies liegt auch daran, dass die anderen deutschen Profis nur selten herausragende Ergebnisse erzielen.
Im Davis Cup überrascht die zweite Garde jedoch oft, egal wer spielt. In der ersten Runde in Ungarn im Februar gewann Dominik Koepfer einen wichtigen Sieg. Bei der Zwischenrunde in China im September waren es Maximilian Marterer und Yannick Hanfmann, die ohne Zverev und Struff das Team gemeinsam mit den Punktegaranten Krawietz und Pütz ins Finale nach Malaga führten.
«Diese Davis-Cup-Saison ist ein Paradebeispiel dafür, dass man im Laufe eines Jahres viele Spieler braucht und breit aufgestellt sein muss», sagte Kohlmann. Vielleicht reicht diese Breite sogar, um endlich mal wieder den imposanten Davis Cup aus der Nähe zu sehen.