Die deutschen Skispringer halten bei der Tournee nicht mit dem Co-Gastgeber mit. Am berühmt-berüchtigten Bergisel in Tirol wartet eine Atmosphäre wie lange nicht.
Österreich dominiert die Tournee: Mit «Gaudi» ins Heimspiel

Von einem Seitenwechsel in seine Wahlheimat hält Andreas Wellinger nichts. «Ich glaube, es reicht, wenn wir einen Österreicher hier in der Runde sitzen haben», sagt der Skisprung-Olympiasieger scherzhaft mit Blick auf Bundestrainer Stefan Horngacher, der aus Österreich kommt. Die Lacher hatte der charismatische Wellinger definitiv auf seiner Seite.
Wie sein Chefcoach hat auch der Vorjahreszweite einen speziellen Bezug zur dominierenden Nation dieser Vierschanzentournee. Wellinger lebt dort. Dennoch stellt der 29-Jährige mit einer Portion Stolz fest: «Schwarz-Rot-Gold ist meine Farb-Kombi.»
Drei Österreicher auf den ersten drei Plätzen
Sticheleien zwischen den Tournee-Gastgebern gehörten allerdings dazu, sagt Wellinger. «Das ist wahrscheinlich auch, weil die Österreicher versuchen, Deutsch zu reden», witzelt er. Für das sprachliche Original hält Wellinger da schon sich und seine Teamkollegen.
Wellinger und seine Teamkollegen können in diesen Tagen noch mit Sticheleien und Scherzen mithalten. Auf der Schanze hat sich aus dem erwarteten Duell Deutschland gegen Österreich eine völlig andere Situation entwickelt. Die ÖSV-Adler dominieren das traditionelle Event bisher und könnten zum ersten Mal seit 13 Jahren das gesamte Podium in Rot-Weiß-Rot besetzen.
Vor der zweiten Hälfte der Tournee mit den Wettbewerben in Innsbruck an diesem Samstag (13.30 Uhr/ARD und Eurosport) und in Bischofshofen (6. Januar) führt Daniel Tschofenig vor Jan Hörl und Stefan Kraft. Der sechstplatzierte Teamkollege von Wellinger, Pius Paschke, hat als bester Deutscher bereits mehr als 25 Punkte Rückstand auf die Spitze. Und das, obwohl Paschke den Weltcup bis zur Weihnachtspause dominiert hatte.
Geiger sieht keinen «Wunderanzug» bei den Österreichern
Die Begeisterung im benachbarten Land ist enorm. Zum ersten Mal seit langem ist das beeindruckende Sprungstadion am Bergisel hoch über der Stadt mit 22.500 Zuschauern ausverkauft. Was macht die ÖSV-Adler so erfolgreich?
Der Sprunganzug ist es laut Karl Geiger auf jeden Fall nicht. «Man redet hier über einen Wunderanzug. Ich habe noch nie einen gehabt», sagt der Oberstdorfer. «Ein Anzug ist noch nie von alleine geflogen. Es gehört immer auch noch ein guter Sprung dazu», ergänzt Geiger und tritt damit aufkommenden Spekulationen über Materialvorteile der Konkurrenz entgegen. Am österreichischen Topspringer prallt das Thema ebenfalls ab. «Darüber sollen sie ruhig diskutieren, haben wir gar kein Problem damit», sagt Tschofenig.
Tschofenig: Österreichs Team so cool «wie noch nie»
Eine zusätzliche Last verspürt der 22-Jährige, der auch im Gesamtweltcup die Führung von Paschke übernommen hat, durch die gestiegenen Erwartungen nicht. Die Mannschaftsstärke macht es ihm und seinen Teamkollegen leichter. «Du kannst den Druck, der von außen kommt, ein bisschen aufteilen. Das nimmt schon ein bisschen Druck von den Schultern», sagt Tschofenig, der zudem feststellt: «Ich glaube, dass das Team so cool ist wie noch nie.»
Statt sich gegenseitig zu belauern und auf Fehler der Kollegen zu hoffen, haben Tschofenig, Kraft und Co. gemeinsam Spaß. Bei Instagram teilten Kraft und Michael Hayböck zuletzt ein Bademantel-Bild vom gemeinsamen Gang in die Sauna. Bei Spieleabenden sitzt die Mannschaft in fröhlicher Runde beisammen. «Wir haben a Riesen-Gaudi», sagt Kraft.
Nach den beiden Spielen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen freut sich der 31-jährige Kraft, der 2015 als bisher letzter Österreicher den goldenen Adler für den Tournee-Champion gewonnen hat, auf die besondere Heim-Stimmung.
«Das ist eines der größten Highlights, was dir als Skispringer passieren kann: Wenn du wieder nach Österreich kommst und der Bergisel ist voll», sagt er. «Das ist von der Atmosphäre fast mit keinem Sportevent zu vergleichen. Das ist so cool. Das beflügelt uns sicher.»