Nach schwachem Auftritt gegen Spanien steht Italien unter Druck, Kroatien braucht dringend einen Sieg.
Italien vor entscheidendem Spiel gegen Kroatien
Die Furcht vor dem nächsten italienischen Debakel wollte Gianluigi Buffon am liebsten komplett ausblenden. «Wir dürfen nicht mit Angst ins Spiel gehen», sagte der Teammanager der italienischen Fußball-Nationalmannschaft, der nach den verpassten Weltmeisterschaften 2018 und 2022 der nächste Tiefpunkt droht. Im EM-Gruppenfinale gegen Kroatien am Montag (21.00 Uhr/ZDF/Magenta TV) kämpfen sowohl der Titelverteidiger als auch der WM-Dritte gegen einen vorzeitigen K.o. in der Vorrunde. «Wir müssen die Sicherheit und das Vertrauen in uns wiederfinden», forderte Ex-Weltmeister Buffon.
Nach der klaren Niederlage von 0:1 gegen Spanien geht Italien zwar mental geschwächt in das Spiel, aber dennoch mit einer deutlich besseren Ausgangsposition. Ein Unentschieden reicht der Mannschaft von Nationaltrainer Luciano Spalletti bereits aus, um den Einzug in die K.o.-Runde als Gruppenzweiter sicherzustellen. Kroatien hingegen benötigt nach nur einem Punkt aus zwei Spielen und einer bisher enttäuschenden EM einen Sieg.
Kroatiens Problem mit Modric
Mit Platz drei bei der WM und dem Finaleinzug in der Nations League hatte sich das Team von der Adria den Status des Geheimfavoriten erkämpft. Doch die goldene Generation der Kroaten scheint in die Jahre gekommen. Beim 2:2 gegen Albanien lief die älteste kroatische Mannschaft auf, die es jemals bei einer EM gab. Die fehlende Spritzigkeit ist den Routiniers um Luka Modric (38) und Ivan Perisic (35) anzumerken. «Es fehlt uns an Aggressivität. Wir sind oft zu weit weg vom Ball und dem Gegner», bemängelte Nationalcoach Zlatko Dalic.
Die bislang schwachen Auftritte der Vatreni verbinden viele Experten vor allem mit Kroatiens Fußball-Legende Modric. Der alternde Superstar hat bei dieser EM seine Klasse verloren, spielt quasi überhaupt keine Rolle bislang. «Unsere Spieler werden älter und der Ausgang des Turniers ist total offen», musste sich auch Dalic eingestehen. Der 57-Jährige kündigte dennoch trotzig an: «Für uns beginnt jetzt die K.o.-Phase, also lasst es uns angehen.»
«Haben unser Schicksal in der Hand»
Doch gerade die Erfahrung von Modric und Co. ist es, die den Italienern Sorgen bereitet. «Kroatien ist stark, sie haben Erfahrung und viele Spieler mit Qualität, da müssen wir aufpassen», warnte Abwehrspieler Matteo Darmian. Das sonst so große Selbstvertrauen der stolzen Fußball-Nation ist nach dem schwachen Auftritt gegen Spanien massiv angeknackst.
«Das war ein Rückschlag, den wir nicht erwartet hätten», gab Buffon zu. Vor allem Torhüter Gianluigi Donnarumma, der eine deutlich höhere Niederlage mit zahlreichen starken Paraden verhinderte, war frustriert: «Wir sind wütend, aber das sollten wir für die letzte Partie nutzen, wir haben unser Schicksal noch in der eigenen Hand», forderte der Kapitän.
Italien könnte trotz einer knappen Niederlage als einer der vier besten Gruppendritten noch weiterkommen, aber darauf will sich niemand verlassen. Der Dritte würde einen deutlich schwereren Weg durch das Turnier mit Portugal als Achtelfinal-Gegner haben.
Spallettis mutige Entscheidungen
Trotz der Ernüchterung nach dem Spanien-Spiel und dem drohenden nächsten Tiefpunkt will Italien an seinem Weg festhalten. Spalletti soll nach nur zehn Monaten im Amt weitere Zeit bekommen, Spieler zu entwickeln und dem Team seine offensive Spielidee zu vermitteln. «Wir brauchen Geduld und viel harte Arbeit», mahnte Verbandspräsident Gabriele Gravina. Spalletti sei der bestmögliche Coach für die Squadra Azzurra, betonte der 70-Jährige. «Er hat eine Philosophie, die wir teilen und der wir folgen wollen.»
Spalletti könnte den ersten mutigen Schritt in die Zukunft schon gegen Kroatien machen: Der gegen Spanien schwache 2021-Europameister Jorginho (32) ist ein Kandidat für die Ersatzbank. Für ihn könnte Spalletti Nicolò Fagioli, 23 Jahre alt und eines der größten italienischen Talente, bringen. Es wäre der erste EM-Einsatz für den Mittelfeldspieler – kurz nach dem Ende seiner siebenmonatigen Sperre im Wettskandal.