Mit fast 4.500 Höhenmetern und acht Bergwertungen werden die Radprofis bei der Tour gefordert. Am Ende jubeln die Ausreißer mit dem ersten Iren im Gelben Trikot seit 38 Jahren.
Nichtangriffspakt im Zentralmassiv: Pogacar verliert Gelb
Nach einem Nichtangriffspakt im Zentralmassiv hat Tadej Pogacar vorübergehend sein Gelbes Trikot verloren, stattdessen war am französischen Nationalfeiertag die Stunde von Ausreißerkönig Ben Healy gekommen. Als erster Ire seit Stephen Roche vor 38 Jahren hat der Youngster nach 4.450 Höhenmetern und acht Bergwertungen mit dem dritten Platz hinter Tagessieger Simon Yates auf dem Puy de Sancy die Spitzenposition bei der Tour de France übernommen.
Die Grande Nation wartet weiterhin seit 2017 auf einen Tagessieg am Fête Nationale, konnte jedoch auf der zehnten Etappe über 165,3 Kilometer zumindest das Bergtrikot von Lenny Martinez feiern. Dass die Gastgeber im Kampf um das Gelbe Trikot kaum noch eine Rolle spielen, hat bereits seit 40 Jahren zum Ärger von Ex-Champion Bernard Hinault Tradition.
Lipowitz in der Favoritengruppe
Zumindest vorübergehend hat auch Pogacar sein Lieblingstrikot noch einmal abgegeben. Der Weltmeister, Rivale Jonas Vingegaard und die anderen Anwärter auf eine Top-Platzierung haben es bereits vor dem Ruhetag in Toulouse ruhig angehen lassen und erreichten mit 4:51 Minuten Rückstand das Ziel der zehnten Etappe in 1.324 Metern Höhe. Auch der deutsche Hoffnungsträger Florian Lipowitz war lange in der Favoritengruppe und erreichte das Ziel drei Sekunden hinter Pogacar.
«Es war ein super harter Tag. Zehn Tage in Folge Rennen fahren. Alle waren am Limit und ich kann positiv in die nächste Woche schauen», sagte Lipowitz der ARD.
Das große Kräftemessen fand nicht statt. Pogacar griff am Ende des Anstiegs an, entschied sich jedoch dagegen. Das Tempo war sowieso nicht besonders hoch. Es war kein Vergleich zum Vortag, als die zweitschnellste Etappe in der Geschichte der Tour verzeichnet wurde.
Healy nun 29 Sekunden vor Pogacar
Healy machte sich das zunutze. Der Ire, der schon auf der sechsten Etappe gewonnen hatte, führt jetzt mit 29 Sekunden Vorsprung vor Pogacar. Der Tour-Neuling Lipowitz liegt mit einem Rückstand von 3:34 Minuten auf dem achten Platz. Sein deutscher Landsmann Georg Zimmermann gab jedoch nach dem schweren Sturz am Sonntag das Rennen auf.
Am Nationalfeiertag waren die französischen Fahrer traditionell sehr aktiv. Einige Franzosen waren Teil einer größeren Ausreißergruppe. Wie zum Beispiel der ehemalige Weltmeister Julian Alaphilippe und Martinez, der fleißig Punkte für das Bergtrikot sammelte. Diese Tradition liegt bereits in der Familie, sein Großvater Mariano Martinez hatte sich das rot-weiß-gepunktete Trikot 1978 gesichert. Trotzdem reichte es nicht für den ersten französischen Etappensieg am Nationalfeiertag seit 2017.
Im Hauptfeld war das UAE-Team um Pogacar darum bemüht, den Rückstand nicht allzu groß anwachsen zu lassen. Das bedeutete für Nils Politt wieder eine Menge Arbeit, zumal Pogacars wichtigster Berghelfer João Almeida nach seinem Rippenbruch am Freitag nicht mehr dabei ist. «Wir werden mit sieben Fahrern weiterkämpfen und versuchen, diese Tour auch für João zu gewinnen», erklärte Pogacar.
Zimmermann steigt aus
Zimmermann, der am Sonntag schwer gestürzt war, erlitt ein ähnliches Schicksal. Nach einer schmerzhaften Nacht entschied der Augsburger, auf einen Start zu verzichten und beendete seine fünfte Tour vorzeitig. Am Vortag war er durch eine Trinkflasche zu Fall gekommen. Obwohl der deutsche Meister keine Knochenbrüche erlitt, musste er an zwei Stellen genäht werden. Besonders am linken Ellenbogen litt Zimmermann unter starken Schmerzen.
Am Mittwoch wird die 112. Tour de France mit der elften Etappe über 156,8 Kilometer rund um Toulouse fortgesetzt. Eine Bergwertung der dritten Kategorie könnte für die Sprinter zu anspruchsvoll sein. Ab Donnerstag geht es dann in die Pyrenäen.