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FC Bayern vor unscheinbarer Aufgabe gegen Lazio Rom – aber unangenehme Atmosphäre erwartet

Lazio-Fans gelten als rechte Krawallmacher mit Verehrung für Faschismus, UEFA verbietet Einreise nach Marseille wegen Nazi-Gruß und Gewalt

Die Anhängerschaft von Lazio hat sich in Europas Fußball über Jahrzehnte hinweg einen Ruf als rechte Krawallmacher erarbeitet.
Foto: Gregorio Borgia/AP/dpa

Das Champions-League-Achtelfinale gegen den Tabellenachten der italienischen Liga, Lazio Rom, am Mittwochabend (20.45 Uhr, DAZN), scheint für den FC Bayern auf dem Papier eine unscheinbare Aufgabe zu sein. Allerdings könnte es außerhalb des Spielfeldes unangenehm werden: Die Anhängerschaft von Lazio hat sich in der europäischen Fußballwelt über Jahrzehnte hinweg einen Ruf als rechte Krawallmacher erarbeitet. Besonders schlimm gilt die Nordkurve im Olympiastadion von Rom, wo Ultras stehen, die ihre Verehrung für den Faschismus offen zeigen.

Die «Società Sportiva» (abgekürzt S.S.) wurde 1900 gegründet. Anfangs hatte sie eine bürgerlich-konservative, später eine eindeutig faschistische Anhängerschaft. Auch Diktator Benito Mussolini (1883-1945) hatte einen Vereinsausweis. Heute ist das längst Vergangenheit, aber immer noch wird bei Spielen der rechte Arm zum «saluto romano» («Römischer Gruß») in die Höhe gestreckt. In Deutschland ist der Hitler-Gruß verboten, bei Lazio hingegen gilt die Geste fast schon als Folklore.

Erbitterte Konkurrenz mit AS Rom

Aus der Nordkurve ist nach Toren auch immer wieder der Ruf nach dem «Duce» («Führer») zu hören. Besonders bejubelt wurde bis vor einigen Monaten ein Spieler namens Romano Floriani Musssolini – ein Urenkel des Diktators. Der 21-Jährige ist inzwischen aus sportlichen Gründen an den Drittliga-Verein Delfino Pescara ausgeliehen. Rund ums Stadion finden sich auch Lazio-Schmierereien mit der Abkürzung SS in Runenschrift.

Der harte Kern der rechten Szene besteht aus einer mehrere Tausend Mann starken Truppe, die sich «Irriducibili» nennt. Zu deutsch: die «Unbeugsamen». Sie treiben seit Jahrzehnten ihr Unwesen. Besonders erbittert ist die Konkurrenz zum anderen Hauptstadtverein AS Rom, der politisch als links gilt. Unvergessen, wie sie beim Derby 1999 dem Gegner ein 18 Meter langes Transparent entgegenhielten: «Auschwitz ist eure Heimat, die Öfen euer Zuhause».

Auch in diesem Jahr ereignete sich der bisher traurige Höhepunkt des römischen Derbys. Erneut streckten zahlreiche Lazio-Fans den Arm in die Höhe. Der schwarze AS-Stürmer Romelu Lukaku wurde mit Affenlauten beleidigt. Nach dem Spiel kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen beiden Lagern. Bei einem Angriff auf eine Kneipe mit AS-Fans wurde ein 31-Jähriger durch einen Stich in den Unterleib schwer verletzt. 16 Hooligans erhielten ein Stadionverbot. Lazio musste ein Ligaspiel vor halb leeren Rängen austragen.

Solche Situationen beschränken sich jedoch keineswegs nur auf das Derby. Vor kurzem wurde der französische Ex-Weltmeister Samuel Umtiti bei einem Auswärtsspiel gegen US Lecce von Lazio-Fans so schlimm rassistisch beleidigt, dass das Spiel kurz vor dem Abbruch stand. Umtiti verließ den Platz unter Tränen. Auch bei Lazio-Auftritten in europäischen Wettbewerben gab es bereits mehrfach solche schlimmen Szenen.

Immer wieder Vorfälle mit Lazio-Fans

In Glasgow marschierten Römer erhobenen Armes durch die Fußgängerzone. In Marseille prügelten sich Hunderte Hooligans von Lazio und Olympique. Daraufhin verbot das französische Innenministerium allen Lazio-Anhängern die Einreise zum nächsten Spiel – wegen deren bekannter Gewalt und der «Gewohnheit, faschistische Chöre anzustimmen und den Nazi-Gruß zu zeigen». Auch Eintracht Frankfurt und Werder Bremen machten bei Aufeinandertreffen auf europäischer Ebene schon unangenehme Erfahrungen. Die Antwort von Lazio-Ultras auf die UEFA-Aktion «Zusammen gegen Rassismus» damals: der rechte Arm.

Die Vereinsführung hat sich von solchem Verhalten immer wieder distanziert – bislang ohne große Wirkung. Auch die Gründung einer Fangruppe gegen rechts namens «Dissidenti» brachte nicht viel. Trotzdem darf man natürlich nicht alle Lazio-Fans unter Verdacht stellen. Die prominente TV-Journalistin Giovanna Botteri sagt beispielsweise: «Ich bin Lazio-Anhängerin. Aber ich bin weder Faschistin noch gewalttätig.»

Das Spiel gegen den FC Bayern wird nun gespannt erwartet – ein Verein, der seinen langjährigen jüdischen Präsidenten Kurt Landauer (1884-1961) vor einiger Zeit zum Ehrenvorsitzenden ernannte und eine wissenschaftliche Aufarbeitung seines eigenen Verhaltens in den Nazi-Jahren durchführte. Beim letzten Aufeinandertreffen mit Lazio blieb alles ruhig: Die beiden Achtelfinalspiele im Frühjahr 2021 fanden aufgrund der Corona-Pandemie praktisch vor leeren Rängen statt. Am Tag des Spiels wird das Stadio Olimpico wieder gut gefüllt sein – auch die Nordkurve.

dpa