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Deutsche Handballer feiern Silbermedaille ausgelassen in Lille

Die deutschen Handballer ließen es nach dem sensationellen zweiten Platz bei den Olympischen Spielen krachen und träumen von einer titelreichen Zukunft.

Justus Fischer, Renars Uscins und Torhüter David Späth gehört die Zukunft im DHB-Team.
Foto: Tom Weller/dpa

Alfred Gislason hatte keine Lust auf eine ausgiebige Silberparty. Der Handball-Bundestrainer verbrachte den letzten Olympia-Abend lieber alleine in der Altstadt von Lille. «Abschlussfeiern und so ist nichts für mich. Einfach ab nach Hause», sagte der Isländer vor dem Rückflug in die Heimat.

Als der 64-Jährige in das Flugzeug stieg, dürfte der Kopf seiner Schützlinge noch ordentlich gepocht haben. Anders als ihr Trainer ließen es die deutschen Handballer nach ihrem sensationellen zweiten Platz bei den Olympischen Spielen krachen. Erst bei der Abschlusszeremonie, später mit einigen Kaltgetränken im Deutschen Haus.

Beim Medal Walk nach Mitternacht war der Frust über die dänische Abreibung längst vergessen. «Drauf geschissen», posaunte Routinier Kai Häfner auf der Bühne ins Mikrofon und gab den Startschuss für eine ausgelassene Party. Im Hintergrund bestellte Teamkollege Rune Dahmke per Handzeichen schon die ersten Biere. Saxofonist Andre Schnura heizte den Spielern ein, dann ging es an die Theke. 

Näher dran an der Weltspitze

Nach den überraschend erfolgreichen Olympiatagen sieht der Deutsche Handballbund optimistisch in die Zukunft. Das jüngste und unerfahrenste Olympia-Team kehrt mit einer Silbermedaille nach Hause zurück, was den Verband von einer vielversprechenden Zukunft träumen lässt. Die Heim-WM 2027 könnte ein Wintermärchen werden.

Das wissen auch die Spieler. «Es ist noch viel mehr drin», versicherte Linksaußen Dahmke, der mit 31 Jahren einer der Ältesten im deutschen Olympia-Aufgebot war. «Wenn wir uns alle gemeinsam so weiter entwickeln wie in den letzten sechs Monaten, dann ist da noch sehr viel Potenzial und dann kommen vielleicht da auch noch ein paar Medaillen mehr».

Auch wenn der desolate Finalauftritt gegen Olympiasieger Dänemark einen anderen Eindruck hinterließ: Die deutschen Handballer haben einen Schritt nach vorn gemacht und die Lücke zur Weltspitze mit Siegen über Schweden, Europameister Frankreich und Angstgegner Spanien weiter geschlossen. «Die Mannschaft ist jetzt deutlich weiter. Die ist viel stabiler», lobte Gislason und sprach von einer «sehr guten Entwicklung» seit der Heim-EM im Januar.

Gislason als Architekt und Entwicklungshelfer

Wenn die Handball-Teams ab dem 14. Januar in Kroatien, Dänemark und Norwegen um den WM-Titel spielen, blickt die Konkurrenz mit anderen Augen auf das unbekümmerte deutsche Team. «Wenn man die Mannschaft sieht, kann es nur besser werden. Wir stehen ohne Erfahrung da, knacke-jung. Für die meisten war es die erste Olympia-Teilnahme. Ich sehe uns in einer sehr schönen Position, wo wir selbst entscheiden, was wir in der Zukunft machen», sagte Jungstar Renars Uscins. 

Kaum ein anderer Spieler verkörpert Gislasons Philosophie so sehr wie Uscins. In den letzten Jahren haben viele erfahrene Spieler der Nationalmannschaft den Rücken gekehrt – manchmal verletzungsbedingt, manchmal aus familiären Gründen. Der Trainer war gefordert als Architekt und Entwicklungshelfer und setzte voll auf junge Talente. Neue Spieler wie die U21-Weltmeister Uscins (22) und Torhüter David Späth (22) hatten plötzlich keine Schonzeit mehr und mussten stattdessen Verantwortung übernehmen.

Mit Erfolg. Vor allem Uscins avancierte bei Olympia zu einem Führungsspieler. Das Sechs-Sekunden-Wunder von Lille, bei dem das Rückraum-Ass die deutsche Auswahl mit der Schlusssirene in die Verlängerung rettete, wird für immer mit seinem Namen verbunden bleiben. «Wir haben eine Mannschaft, die Zukunft hat. Die vielversprechend ist und die nicht das letzte Mal in einem Finale gestanden hat», kündigte Torhüter Andreas Wolff an.

dpa