Der erfolgreiche Skispringer reflektiert seine Karriere und den Zusammenhalt der Skisprung-Familie. Trotz Abschied und Rekordflug von Prevc bleibt der Anzug-Skandal präsent.
Markus Eisenbichler verabschiedet sich mit Emotionen und Dankbarkeit
Markus Eisenbichler verfolgte die spektakuläre Weltrekord-Flugshow von Domen Prevc mit Sonnenbrille und einem Dosenbier in der Hand. Am Fuße der riesigen Schanze von Planica fiel er am zweiten Tag seiner großen Abschiedsparty Weggefährten in die Arme und freute sich mit ihnen. Der Bayer ließ seine erfolgreiche Skisprung-Karriere bei der 254,5-Meter-Bestmarke des Slowenen Prevc und beim dritten Platz von Teamkollege Andreas Wellinger Revue passieren.
Der «Eisei» genannte Springer, der beim zweiten Platz im Teamfliegen am Samstag seine letzten Flüge genossen hatte, verdrückte ein paar Tränen. «Aktuell ist es hart für mich und sehr emotional – weil das war mein Leben, was ich da gemacht habe», sagte er in der ARD.
Eisenbichler: «Ich werde es vermissen – wahnsinnig vermissen»
Der 33-Jährige hatte am Abend zuvor mit zahlreichen Freunden ausgiebig gefeiert und das ein oder andere Bier mehr getrunken, «als eigentlich geplant war». Mit Blick auf den Skisprung-Zirkus erklärte er: «Man ist einfach eine große Familie. Ich werde es vermissen – wahnsinnig vermissen.»
Beim Saison-Finale geriet zumindest vorübergehend in den Hintergrund, dass der Zusammenhalt dieser großen Familie durch die Anzug-Manipulationen bei der norwegischen Mannschaft zuletzt stark bröckelte.
Abschiede und der beeindruckende Flug von Prevc, der den Österreicher Stefan Kraft als Rekordhalter ablöste, standen im Mittelpunkt. Bundestrainer Stefan Horngacher sprach angesichts des packenden Wettkampfs von «super Werbung für unseren Sport». Der Skandal ist jedoch noch lange nicht vorbei.
Nicht nur Eisenbichler hört auf
Während die Aufarbeitung im Hintergrund weitergeht, geht für die deutschen Springer ein verrückter Winter zu Ende, dem ein Umbruch folgt. Neben dem sechsmaligen Weltmeister Eisenbichler hört auch Stephan Leyhe auf. Andere Leistungsträger wie der dreimalige Olympia-Medaillengewinner Karl Geiger (32) und Pius Paschke (34) sind ebenfalls bereits im fortgeschrittenen Skisprung-Alter.
Paschke war in den ersten Wochen der Saison die große Überraschung. Von den ersten acht Einzelweltcups gewann der Oldie des Teams fünf. Mit dem Gelben Trikot des Gesamtweltcupführenden reiste er zur Vierschanzentournee. Dort konnten jedoch weder Paschke noch seine Teamkollegen die Erwartungen erfüllen. Den Sieg des Österreichers Daniel Tschofenig, der auch den Gesamtweltcup gewann, konnte kein deutscher Springer auch nur annähernd gefährden.
Die Adler des Deutschen Skiverbands schafften es drei Monate lang nicht, im Weltcup auf das Podest zu kommen. Bei der WM in Trondheim gewann Wellinger mit Silber von der Normalschanze die einzige Medaille für das deutsche Männer-Team.
Bekommt Wellinger noch nachträglich WM-Gold?
Die Titelkämpfe wurden aufgrund der gezielten Anzug-Manipulation der norwegischen Gastgeber in den Medien bekannt. Insgesamt wurden acht Norweger disqualifiziert, darunter Weltmeister Marius Lindvik, Teamkollegen und Betreuer.
Es ist möglich, dass weitere Disqualifikationen folgen könnten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Wellinger im Sommerurlaub doch noch von WM-Gold erfährt – nämlich dann, wenn Goldgewinner Lindvik für das Normalschanzen-Einzel auch noch disqualifiziert wird.
Es wird auch an neuen Regeln gearbeitet. Die Vorschriften sollen strenger und transparenter werden. Die Skisprung-Welt versucht, den durch den Skandal verursachten Verlust an Glaubwürdigkeit zu bekämpfen. Manipulationen sollen ausgeschlossen werden.
Suche nach jungen deutschen Weltklasse-Springern
Und wie sieht es mit dem Sportlichen aus? Auch für Horngacher und sein Team gibt es viel Arbeit. Obwohl es gegen Ende der Saison etwas besser aussah, wird die Frage nach neuen Leistungsträgern immer dringlicher. Abgesehen von dem 24-jährigen Philipp Raimund, der aufgrund gelegentlicher Höhenangstprobleme auf Flüge nach Planica verzichtete, drängt kein jungerer Springer wirklich in die absolute Weltspitze.
Eisenbichler wird das alles zunächst aus der Ferne verfolgen. Irgendwann will er es mal als Trainer probieren, allerdings nicht sofort. «Ich brauche jetzt einfach mal Ruhe. Ich brauche Abstand vom Skispringen», sagte er.