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Sport-Hype oder Geld-Sorgen? München stimmt über Olympia ab

Will München sich nochmal um Olympia bewerben? Das entscheiden die Bürger am Sonntag. Befürworter träumen vom großen Sportfest und einem Wirtschaftsboom. Wieviel das alles kostet, das bleibt unklar.

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Befürworter und Gegner werben um die Stimmen in München. (Archivfoto)
Foto: Peter Kneffel/dpa

Vor dem Topspiel Bayern-Dortmund schwärmen Sportler und Funktionäre auf dem Rasen der Allianz Arena von der Münchner Olympia-Bewerbung. Turner Lukas Dauser träumt davon, wie sein kleiner Sohn Willi irgendwann selbst bei Spielen vor der Haustür dabei ist. München ist voll von Fahnen und Plakaten mit den fünf Ringen. Kurz vor der Bürgerbefragung geben Olympia-Befürworter – aber auch die Gegner – noch mal alles, um die Unentschlossenen vor der Abstimmung an diesem Sonntag zu überzeugen.

Etwa 1,1 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Münchens haben die Möglichkeit zu entscheiden, ob sich die bayerische Landeshauptstadt um die Sommerspiele bewerben soll. Es ist noch unklar, ob es um 2036, 2040 oder 2044 geht – zunächst wird lediglich die grundsätzliche Bereitschaft in München abgefragt.

Söder: Wenn nicht hier, dann woanders auch nicht

Während Kritiker vor allem die hohen Kosten – sowohl der Bewerbung als dann auch des Events – anprangern, setzen die Befürworter auf einen Mix aus Folklore, Wirtschafts-Versprechen und Mia-san-Mia-Attitüde. «München ist weltweit bekannt und beliebt. Deshalb haben wir die größten Chancen, am Ende die Bewerbung für Deutschland beim IOC zu gewinnen», sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zuletzt der «Bild am Sonntag» und meinte: «Wenn es hier nicht klappt, dann wohl auch woanders nicht.»

Als großes Plus der Münchner Kampagne wird darauf hingewiesen, dass fast alle Wettkampfstätten bereits vorhanden sind und höchstens modernisiert oder renoviert werden müssen: Vom Olympiastadion über verschiedene Hallen bis zum Eiskanal in Augsburg; auch wenn es bei der Kanu-Anlage zuletzt öfter Probleme mit dem Wasser gab. Die Sanierung einiger Sportstätten könnte gerade – oder nur – bei einem Olympia-Zuschlag klappen, heißt es darüber hinaus.

Befürworter setzen auf «Rückenwind» für etliche Projekte

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagt, dass bei einem Zuschlag für München «viele für unsere Stadt wichtige Projekte Rückenwind bekommen, zum Beispiel der Ausbau des ÖPNV und der Bau von dringend benötigten Wohnungen. Diese Chance sollten wir nutzen!» Im Nordosten der Stadt ist der Bau des olympischen Dorfes geplant, aus dem nach Olympia und den Paralympics Wohnungen für mehr als 10.000 Menschen werden sollen.

Just da aber haken die Kritiker ein – es geht vor allem um Geld. Der Grünen-Politiker Ludwig Hartmann etwa schimpft, dass Steuergelder in Millionenhöhe für eine Bewerbung und dann in Milliardenhöhe für die Spiele ausgegeben werden, wenn man diese doch gleich in Stadtentwicklung und Wohnungsbau stecken könnte. «Ich warte doch nicht bis 2044 für eine Lösung», sagt der prominenteste Olympia-Gegner. «Die Lösung muss jetzt kommen!»

Olympische Spiele der Vergangenheit immer teurer als geplant

München hat bisher nach eigenen Angaben rund acht Millionen Euro für die Olympiabewerbung einschließlich des bevorstehenden Bürgerentscheids ausgegeben. Wenn München sich im deutschen Wettbewerb gegen Berlin, Hamburg und die Region Rhein-Ruhr durchsetzt und dann die Spiele vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) erhält, dann kommen erst die großen Gelder ins Spiel. Es fehlen jedoch bisher konkrete Finanzprognosen.

Bei den Ausgaben für die Olympischen Spiele wird normalerweise zwischen Eventkosten – den Kosten für die tatsächliche Durchführung der Spiele – und anderen Kosten unterschieden. Dies umfasst in der Regel langwierigere, umfangreichere und teurere Projekte wie Investitionen in die Infrastruktur. Es gibt oft Diskussionen darüber, wie genau diese nachhaltigen Investitionen bewertet und berechnet werden sollen – schließlich profitiert eine Stadt auch nach den Spielen davon.

Von München gibt es keine konkrete Vorhersage in dieser Hinsicht. Da die Spiele – insbesondere die von 2040 und 2044 – auch in einer ungewöhnlich fernen Zukunft liegen, scheint eine solche Prognose kaum seriös möglich zu sein. Ein Trend bei Olympia besteht jedoch seit Jahrzehnten: Die Spiele werden fast immer teurer als ursprünglich geplant. Dies ergab eine Studie der Universität Oxford. Selbst Paris 2024, das von München und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) als Beispiel für begeisternde Spiele genannt wird, war laut der Erhebung doppelt so teuer wie geplant.

Zweifel an Wirtschaftlichkeit von Olympia

Die OlympJa-Kampagne versucht derartige Sorgen zu zerstreuen und hofft, dass ein möglicher Wirtschaftsboom durch Olympia die Ausgaben rechtfertige. Bei einer dpa-Umfrage gaben diverse Wirtschaftsforschungsinstitute an, dass es sehr schwer sei, dass sich Spiele wirtschaftlich im engeren Sinne lohnen – also rentabel sind. Eine Studie der TU München zur Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit einer Bewerbung ergab zuletzt, «dass der gesamtwirtschaftliche Mehrwert sowohl positiv als auch negativ ausfallen kann.»

Viele Befürworter setzen deshalb auf emotionale Aspekte und erinnern daran, wie die Sommerspiele 1972 München auf ein neues Level katapultiert hatten. «Ich glaube, diese zweite Olympiade nach 1972 würde dieser Stadt noch mal einen Auftrieb und Aufschwung geben», sagte etwa Bayern-Patriarch Uli Hoeneß, der selbst damals als Fußballer dabei war. «Wir brauchen Aufbruch in diesem Land. Wir brauchen eine Perspektive.» Am Sonntag wird sich zeigen, ob das auch die Münchnerinnen und Münchner so sehen.

dpa