Die Popularität von Tennis bringt Schattenseiten: Stalking und Hassattacken gegen Spielerinnen nehmen zu, trotz Sicherheitsmaßnahmen und technologischer Lösungen.
Tennis-Stars im Visier: Stalking und Hassattacken nehmen zu
Die Beliebtheit des Tennis hat auch für die deutsche Nummer eins Eva Lys drastische Schattenseiten. Hassattacken im Internet oder aufdringliches Belästigen werden zu größeren Themen. «Dementsprechend werden natürlich viel mehr Menschen aufmerksam, die dann leider auf sehr, sehr schlechte Gedanken kommen», sagte die 23-Jährige beim Turnier in Stuttgart. Es seien heikle Themen, über die laut geredet werden müsse, weil es im Endeffekt zu wenig Möglichkeiten gebe, dagegen vorzugehen.
Üble Nachrede und Belästigungen im Internet sind keine neuen Themen im Tennis, haben aber kürzlich wieder mehr Aufmerksamkeit erlangt. Zwei Stalking-Vorfälle mit der ehemaligen Weltranglistenersten Iga Swiatek und der ehemaligen US-Open-Siegerin Emma Raducanu – zwei der bekanntesten Spielerinnen auf der Damen-Tour – sorgten für Aufsehen. Raducanu versteckte sich Mitte Februar in Dubai während eines Matches aus Angst vor einem Stalker sogar hinter dem Schiedsrichterstuhl.
Raducanu erzählt von Angst: «Ich konnte kaum atmen»
Sie konnte «den Ball buchstäblich vor lauter Tränen nicht sehen», sagte die US-Open-Gewinnerin von 2021 später. «Ich konnte kaum atmen.» Seitdem sei sie wachsamer und habe die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Der Mann sei ihr schon zu Turnieren in Singapur, Abu Dhabi und Doha gefolgt. Er wurde vorübergehend für alle WTA-Events gesperrt, teilte die Damen-Organisation mit.
Es dauerte nur wenige Wochen, bis das Thema Stalking erneut auftauchte. Laut der BBC wurde die polnische Weltranglisten-Zweite Swiatek in Miami beim Training von einem Mann bedroht. Das Management teilte dem britischen Sender mit, dass der Mann aggressiv und höhnisch war. Nur Stunden nach dem Bericht scheiterte sie überraschend im Viertelfinale von Miami. In dieser Woche tritt Swiatek erstmals wieder in Stuttgart an.
Der Übergang von Online-Aggression in die reale Welt
«Ich würde es nicht als Bedrohung bezeichnen», sagte Swiatek beim Porsche Grand Prix über den Vorfall in Florida. Es habe aber einen Fan gegeben, der ihren Rhythmus stören wollte. Die Damen-Organisation WTA habe ihr geholfen, «schnell zu reagieren», sagte die Polin. «Und ich habe mich sicher gefühlt.» Sie sei auch dankbar, ihr Team um sich zu haben, das ihr in solchen Situationen helfe.
Wie die BBC berichtete, hatte der Mann ihr zuvor bereits beleidigende Nachrichten über die Sozialen Medien geschickt. «Der Zwischenfall in Miami scheint ein direkter Übergang von verbaler Online-Aggression zu einer Bedrohung in der realen Welt zu sein», hieß es nach BBC-Angaben vom Management.
Erinnerungen an Attentat auf Monica Seles
Das Stuttgarter WTA-Turnier, bei dem jedes Jahr zahlreiche Top-Spielerinnen vertreten sind, betont, dass die Sicherheit eine hohe Priorität hat. Trotz der jüngsten Vorfälle wurde das Sicherheitspersonal an den Match- und Trainingsplätzen nicht verstärkt.
«Ich glaube, es gab solche Fälle schon immer und es wird sie wahrscheinlich auch immer geben», sagte die Sportliche Leiterin des Turniers, Anke Huber. «Ich glaube nicht, dass man es komplett verhindern kann.» Im Kopf geblieben ist der früheren Tennisspielerin die Tragödie des Attentats auf die damalige Weltranglistenerste Monica Seles vor 32 Jahren durch einen fanatischen Steffi-Graf-Fan. Seitdem hat sich bei der Sicherheit auf der Tennis-Tour viel getan.
Die WTA arbeitet laut eigenen Angaben nicht nur mit den Turnierveranstaltern, sondern auch mit lokalen Behörden und Sicherheitsexperten zusammen. Die Spielerinnen werden ermutigt, jegliche Hinweise unabhängig von ihrem Ausmaß oder ihrem Bedrohungspotenzial sofort zu melden.
WTA: 12.000 auffallende Posts in neun Monaten
Um die Spielerinnen im Internet besser zu schützen, hat die WTA zu Beginn des letzten Jahres in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen eine technologische Lösung eingeführt. Künstliche Intelligenz soll Nachrichten filtern. Zwischen Januar und Oktober 2024 wurden etwa 12.000 Beiträge und Kommentare entdeckt, die gegen die Regeln verstoßen. 15 Konten wurden an nationale Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet.
Hassbotschaften hat auch die beste deutsche Tennisspielerin Lys schon einmal öffentlich gemacht. Sie ist froh, dass übergriffige Kommentare und Personen gemeldet werden können, wenn sich Spielerinnen unwohl fühlen. «Da wird die WTA auch alles tun, dass diese Person auf jeden Fall kein Ticket mehr bei den Tennis-Turnieren bekommt», sagte Lys. «Wir müssen da auf jeden Fall ein Statement setzen.»