Matthias Blübaum sichert sich historischen Platz bei Schach-Weltmeisterschaft, trotz Außenseiterrolle im kommenden Turnier.
Deutscher Schachspieler qualifiziert sich für Kandidatenturnier

Nach seiner Schach-Großtat legte Matthias Blübaum zunächst eine typisch ostwestfälische Zurückhaltung an den Tag. «Jo, das war okay», schrieb der 28-Jährige als Antwort an Bundestrainer Jan Gustafsson, der ihm zu einer «unglaublichen Sensation» gratuliert hatte. Erstmals seit 34 Jahren hat ein Deutscher wieder die Chance, Herausforderer für einen Schach-Weltmeister zu werden.
«Sternstunde fürs deutsche Schach»
Durch seinen zweiten Platz beim Fide Grand Swiss im usbekischen Samarkand qualifizierte sich Großmeister Blübaum für das Kandidatenturnier, bei dem der Kontrahent von Titelverteidiger Dommaraju Gukesh aus Indien ermittelt wird. Von einer «Sternstunde fürs deutsche Schach», schrieb der Deutsche Schachbund (DSB) auf seiner Internetseite: «Der Erfolg ist historisch.»
Blübaum hat es geschafft, als erster Deutscher nach dem im vergangenen Januar verstorbenen Robert Hübner aus Köln einen Platz bei einem allgemein anerkannten Kandidatenturnier zu ergattern. In dieser exklusiven Gruppe wird der Gegner des Weltmeisters bestimmt. Wann und wo das Turnier mit acht Spielern im nächsten Jahr stattfinden wird, ist noch nicht bekannt.
«Ich hätte niemals erwartet, dass ich das schaffen kann. Umso schöner, dass es geklappt hat», sagte Blübaum. Der Lemgoer sicherte sich in Samarkand als Zweiter hinter dem Niederländer Anish Giri einen der zwei zu vergebenden Plätze für das prestigeträchtige Kandidatenturnier. Das sei auch «schön für die deutschen Fans».
Als Underdog nun zum Titel?
Das Jahr lief für ihn mit dem Europameister-Titel schon prächtig, außerdem schlug Blübaum in Samarkand die hoch eingeschätzten Rameshbabu Praggnanandhaa und Erigaisi Arjun. Doch klar ist, dass er beim Kandidatenturnier als krasser Außenseiter antreten wird. Aber diese Rolle liege dem Deutschen, sagte DSB-Präsidentin Ingrid Lauterbach: «Diese Leistung ist fantastisch. Er war die ganze Zeit vorne dabei, das ist nicht hoch genug einzuschätzen für einen Underdog.»
Und Weltmeister Gukesh, der deutlich an Elopunkten (minus 14) verlor, während Blübaum (plus 22) kräftig zulegte, spielte ein schwaches Turnier. Doch von möglichen WM-Ehren wollte Blübaum noch nicht träumen: «Ich weiß nur, dass ich im Moment sehr gut spiele.»
Auch Keymer überzeugt
Vincent Keymer aus Mainz beendete das Turnier mit der gleichen Punktzahl wie Blübaum (7,5/11), landete jedoch aufgrund der Zweitwertung knapp dahinter. Der 20-Jährige hat immer noch die Möglichkeit, sich beim World Cup für das Kandidatenturnier zu qualifizieren.
Hübner war der letzte Deutsche, der 1991 an einem anerkannten WM-Kandidatenturnier teilgenommen hatte. In Sarajewo schied er im Achtelfinale aus. Zu dieser Zeit war der Weltmeister der Russe Garri Kasparow.