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Der Terminator staunt: Dreßens Abschied, Straßers Sieg

Das Ski-Wochenende in Kitzbühel wird zum Spektakel. Thomas Dreßen sagt Servus, Cyprien Sarrazin fährt wie von einem anderen Stern. Für den deutschen Höhepunkt sorgt dann ein Slalom-Ass.

Linus Straßer hat den Slalom in Kitzbühel gewonnen.
Foto: Expa/Johann Groder/APA/dpa

Thomas Dreßen verabschiedete sich von seinen Kollegen mit „Servus“, während Linus Straßer im Slalom zu seinem größten Karriereerfolg raste. Bei einem atemberaubenden Skiwochenende in Kitzbühel sorgten zwei deutsche Sportler für emotionale Höhepunkte und beeindruckten sogar den Terminator.

Straßer konnte vor einem riesigen Publikum, bestehend aus zahlreichen Fans, Freunden, Verwandten und Arnold Schwarzenegger, nicht besiegt werden. Nach seinem Erfolg kniete er mit Tränen in den Augen im Schnee des berühmten Ganslernhangs nieder. Dies war der Ort, an dem er als Kind das Skifahren erlernte und nun endlich seine Freude ausdrücken durfte.

«Ich fahre gerade saugut Ski», sagte der 31-Jährige nach seinem Coup. «Mein Ziel war, eine Gams mit heimzunehmen.» Die begehrte Kitzbühel-Trophäe fehlte dem Athleten des TSV 1860 München noch – anders als Teamkamerad Dreßen, der 2018 auf der Streif-Abfahrt gewonnen hatte und nun seinen Abschied gab. Einen Tag nach dem emotionalen Lebewohl war Dreßen als Edelfan im Stadion und freute sich mit Straßer. «Ja Wahnsinn, dass der Linus das so runtergedrückt hat», sagte Dreßen und räumte ein: «Ich war viel nervöser als ich jemals bei mir war.»

«Balsam auf jede Wunde»

Straßer kämpfte sich mit einem beeindruckenden zweiten Durchgang vom vierten auf den ersten Platz vor. Er überholte den Halbzeit-Führenden Jakobsen aus Schweden (+0,14 Sekunden) und den Schweizer Yule (+0,20) auf den folgenden Plätzen. Unter den Augen seiner Frau und kleinen Tochter sicherte sich der Familienvater den dritten Weltcup-Sieg im Slalom. Es war sein bisher wichtigster Sieg – der letzte deutsche Gewinner in Kitzbühel im Slalom war Felix Neureuther im Jahr 2014.

Für die in diesem Winter enttäuschenden deutschen Männer war Straßers Erfolg enorm wichtig. Alpin-Chef Wolfgang Maier fiel ein Stein vom Herzen. «Du brauchst ab und zu ein Lebenszeichen, und wenn du den Kitzbühel-Slalom gewinnst, dann ist das DER Slalom, und das hilft dem ganzen Team ein bisschen», sagte er. «Wir haben wirklich Prügel bekommen in der letzten Zeit. Das ist Balsam auf jede Wunde. Für uns ist ein Traum, dass wir hier wieder einen Sieger haben.»

Schampus-Dusche für Dreßen

Das DSV-Team war 2018 genauso euphorisch, als Dreßen die Abfahrt gewann und in der Königsdisziplin erfolgreich war. Obwohl die Deutschen derzeit weit davon entfernt sind, überrascht Cyprien Sarrazin aus Frankreich als diesjähriger Streif-Doppelchampion die Szene. Aber am Samstag wurde auch Dreßen auf den Schultern getragen und von 45.000 Fans bejubelt, was den Höhepunkt des Hahnenkamm-Rennens darstellte.

«Das war der perfekte Tag für mich», sagte Dreßen nach der Abschiedsfahrt, für die es eine kleine Schampus-Dusche im Zielauslauf gab. In die Höhe gehoben von den Routiniers Romed Baumann und Dominik Paris genoss der Oberbayer noch einmal den Applaus und die Ovationen, unter anderem von Hollywood-Star Schwarzenegger. «Das war einfach geil.»

Genau sechs Jahre nach seinem Sieg auf der Streif beendete Dreßen am Samstag seine Karriere im Skirennsport. Nach zahlreichen Verletzungen und Operationen war es für den 30-Jährigen nicht mehr sinnvoll, sich weiterhin zu quälen. Dennoch wollte der Sportler des SC Mittenwald im Tiroler Ski-Mekka bei strahlendem Sonnenschein nicht hadern.

Freudentränen statt Hadern

«Es überwiegt die Freude», sagte er. «Für mich war immer klar, dass ich noch mal eine schöne Fahrt und Spaß haben will. Es ist mir genauso aufgegangen, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich habe nicht gedacht, dass es so intensiv ist.» Ein paar Freudentränen waren in Dreßens Augen zu erkennen, noch im Ziel fiel er Freunden und Verwandten um den Hals.

Nach seinem Kitzbühel-Coup 2018 konnte der Oberbayer Dreßen noch bei vier weiteren Rennen auf dem roten Siegersessel Erinnerungsfotos mit Frau Birgit und Töchterchen Elena machen. Kein anderer Deutscher hat mehr Weltcup-Abfahrten gewonnen als er, deshalb ist die Lücke, die er hinterlässt, groß. Bei den beiden Abfahrten am Hahnenkamm konnte der Deutsche Skiverband (DSV) kein Top-Ten-Ergebnis erzielen.

In Garmisch als Ski-Rentner

Dreßen freut sich nun auf die Freizeit daheim mit seiner kleinen Familie. «Ich habe überhaupt keinen Plan, was ich jetzt tun werde», kündigte er an. Beim Heim-Weltcup am nächsten Wochenende in Garmisch-Partenkirchen mit den zwei Super-G wird er erstmals als Ski-Pensionär vorbeischauen.

Die Ski-Welt freut sich auf den nächsten Auftritt des französischen Überfliegers Sarrazin, der mit seinem Doppelsieg von Kitzbühel überraschte und sogar den vermeintlich unschlagbaren Weltcup-Dominator Marco Odermatt um fast eine Sekunde distanzierte. Der Schweizer erwies sich als fairer Verlierer: Gemeinsam – und mit freien Oberkörpern – feierten die beiden Topathleten am Samstagabend in einem Kitzbüheler Pub.

Sarrazins Mondlandung

«Er ist auf dem Mond gelaufen», titelte die französische Sportzeitung «L’Équipe» nach Sarrazins atemberaubender Fabelfahrt in Anlehnung an die Mondlandung von Neil Armstrong. «Skifahrerisch von einem anderen Planeten», sagte DSV-Athlet Andreas Sander.

dpa