Das deutsche Ski-Team geht in der Außenseiterrolle in die WM in Saalbach. An den Medaillenzielen aber will der Alpin-Chef nicht rütteln. Er setzt auf die Erinnerung an ein ganz besonderes Event.
Zweifel vor Ski-WM? DSV-Team beschwört Geist von Cortina
Malerischer könnte der Zwölferkogel in den österreichischen Alpen kaum in der Sonne strahlen. Wenn am Dienstag an den Hängen des 1.984 Meter hohen Berges die Ski-WM beginnt, dann hoffen auch die deutschen Athletinnen und Athleten, etwas Glanz in einer bislang eher trüben Saison abzubekommen. «Wenn man es realistisch betrachtet, zählen wir nirgends zu den Medaillenfavoriten», räumte Alpinchef Wolfgang Maier vor dem Saisonhöhepunkt ein. «Aber Totgesagte leben ja bekanntlich immer länger.»
Zweimal Edelmetall soll trotz einiger Ausfälle und einer bislang im Weltcup sehr dürftigen Podestbilanz herausspringen. Von diesem Ziel – das der Deutsche Skiverband (DSV) traditionell bei jedem Großereignis ausgibt – will Maier nicht abrücken. «Ich gehe davon aus, dass die Trainer und die Athleten sich der Situation bewusst sind, was wir für eine Ausgangssituation haben, aber in der Ausgangssituation auch ihre Chance sehen», sagte er. «Das muss der Spirit dieses Teams sein.»
Saalbach-Hinterglemm wie Cortina d’Ampezzo?
Vielleicht sind die deutschen Sportlerinnen und Sportler ja noch von etwas ganz Besonderem beseelt: dem Geist von Cortina d’Ampezzo. Zur WM 2021 war das deutsche Team – genauso wie nun vier Jahre später – mit mickrigen drei Podestplätzen angereist. Im strahlenden Sonnenschein der Dolomiten sprangen dann völlig überraschend vier Medaillen heraus.
«Wir hatten damals eine ähnliche Ausgangssituation», erinnerte sich Maier. «Wir waren nirgends ein Medaillenkandidat, schon gar kein zwingender Medaillenkandidat. Das sind wir dieses Mal auch nicht. Aber was wir doch geschafft hatten, war, dass wir das Team irgendwie einschwören konnten.»
DSV hofft auf frühen Coup gegen den Erfolgsdruck
Gleich drei Silbermedaillen gab es in Cortina bei den Speed-Events, unter anderem durch Kira Weidle in der Abfahrt. Die 28-Jährige, die inzwischen Weidle-Winkelmann heißt, sieht sich diesmal in einer «Angriffsposition», wie sie sagte. Sie sei zwar «sicher kein Favorit für die WM», nach zuletzt aber Mut machenden Rennen «denke ich schon, dass ich vorne mitmischen kann». Am Dienstag steht für sie das erste Abfahrtstraining an.
Ein Sieg der Sportlerin aus Starnberg in der ersten Rennwoche würde dem zwölfköpfigen DSV-Team viel Druck nehmen. Wenn dies nicht gelingt, müssen wir bis zum Ende des Wochenendes mit bangem Warten rechnen, wenn Lena Dürr und Linus Straßer als einzige deutschen Medaillenanwärter an der Reihe sind.
Deutscher Erfolg beim Team-Parallel-Event zum Auftakt?
In diesem Winter erzielte Dürr einen zweiten und zwei dritte Plätze im Weltcup – andere DSV-Podestplatzierungen sind nicht vorhanden. Zum ersten Mal seit 2006 reiste daher eine deutsche Mannschaft zu einem Großereignis, ohne zuvor in diesem Weltcup-Winter ein Rennen gewonnen zu haben. Damals – bei den Olympischen Spielen in Turin – gab es übrigens auch keine Medaille zu feiern.
Vor 19 Jahren fand jedoch auch kein Team-Parallel-Event statt – und in den letzten Jahren haben die Deutschen immer wieder ihre Klasse im Torlauf mit je zwei Männern und zwei Frauen gezeigt: 2022 holten Dürr, Straßer und Co. Olympia-Silber, ein Jahr zuvor in Cortina WM-Bronze.
Straßer und Dürr führen Parallel-Aufgebot an
Es ist natürlich sehr schmerzhaft, dass gerade Alexander Schmid, ein Spezialist im Parallelrennen und Weltmeister von 2023, aufgrund eines Kreuzbandrisses fehlt. Am Dienstag um 15.15 Uhr auf ARD und Eurosport sind neben Straßer und Dürr auch Fabian Gratz und Fabiana Dorigo als Starter geplant. Emma Aicher, die bereits im November ihre Hand gebrochen hat, wie nun bekannt wurde, und Anton Grammel vervollständigen das Sechserteam.
Vielleicht wird der Geist von Cortina durch die Slalomstangen am Zwölferkogel neben den Athleten wedeln.