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Trainerkarriere im Wandel: Warum Nationaltrainer so attraktiv sind

Vereinstrainerpausen und neue Herausforderungen locken Top-Trainer wie Tuchel, Nagelsmann und Klopp in die Nationalmannschaft.

Englands neuer Nationaltrainer Thomas Tuchel freut sich auf das Leben auf der Insel
Foto: John Walton/PA Wire/dpa

Den Eindruck, dass es künftig deutlich entspannter in seinem Berufsleben zugehen könnte, wollte Thomas Tuchel gar nicht erst entstehen lassen. Er werde jeden einzelnen Tag Nationaltrainer von England sein, sagte der baldige Coach der Three Lions bei seiner Vorstellung: «Also nicht nur, wenn die Lehrgänge sind.» 

Tuchels Botschaft: Nach vielen Jahren als Vereinstrainer sei sein neuer Job ab dem 1. Januar 2025 zwar ein «Sprung ins Ungewisse», genauso hart arbeiten wie bei seinen Ex-Clubs will er aber trotzdem. Aber wenn die Arbeitsbelastung offenbar gar nicht so viel geringer ist – dafür aber wohl das Gehalt – was macht den Job des Nationaltrainers dann so spannend für einen 51-Jährigen wie Tuchel?

Oder anders gefragt: Was führt dazu, dass derzeit der Posten des Vereinstrainers so wenig attraktiv ist? Es kann kein Zufall sein, dass nicht nur Tuchel, sondern auch Julian Nagelsmann und Jürgen Klopp im Moment nicht für Vereine tätig sind. Die aktuell wohl drei begehrtesten deutschen Trainer, alle ohne Anstellung im Ligabetrieb. Woran liegt das?

Klopp hatte keine Energie mehr

«Ich weiß, dass ich den Job nicht wieder und wieder und wieder und wieder machen kann», sagte Klopp bei der Ankündigung seines Abschieds vom FC Liverpool im vergangenen Winter. «Wie soll ich es am besten sagen, mir geht die Energie aus.» Neun Jahre war Klopp bei den Reds tätig, er verließ einen der attraktivsten Vereine der Welt freiwillig und selbstbestimmt. Weil er eine Pause brauchte. 

Klopp, Nagelsmann und Tuchel hätten längst wieder im Vereinsfußball arbeiten können, aber sie erhalten immer wieder attraktive Anfragen, da ihr Wert auf dem umkämpften Markt hoch ist. Dennoch entschied sich Nagelsmann sogar für eine Verlängerung seines Bundestrainer-Vertrages bis zur WM 2026.

«Der größte Unterschied zur Arbeit als Vereinstrainer ist natürlich, dass du im Club täglich mit den Spielern arbeiten kannst. Bei der Nationalmannschaft gibt es immer nur ein paar gemeinsame Trainingseinheiten, in denen wir unsere Ideen durchgehen können», sagt Domenico Tedesco der Deutschen Presse-Agentur. Tedesco hätte ebenfalls weiter im Vereinsfußball arbeiten können, ist aber seit Anfang 2023 Nationaltrainer Belgiens.

Ähnlich wie Tedesco äußerte sich auch Nagelsmann gerade zu Beginn seiner Zeit als Bundestrainer. Viele hatten damals vermutet, dass er nach einem DFB-Intermezzo schnell wieder zu einem Verein wechseln könnte. Stattdessen ist er wie Tedesco nun also mindestens bis zur WM als Nationaltrainer vertraglich gebunden. Nagelsmann ist 37, Tedesco 39 – bei manchen hat die Trainerkarriere in diesem Alter noch nicht einmal begonnen.

Früher übernahm man den Nationaltrainer-Posten am Ende einer großen Karriere (Ottmar Hitzfeld), oder man war im Grunde genommen nie etwas anderes als Nationaltrainer (Berti Vogts). Auszeiten vom Trainerjob konnten und können sich nur diejenigen leisten, die zu den Größten ihres Fachs zählen. So wie Klopp also, der nach seiner Pause zwar nicht Nationaltrainer wird, aber als Fußball-Boss von Red Bull ebenfalls nicht mehr für einen einzelnen Club arbeiten wird.

«Das wird ganz anders sein jetzt», sagte Tuchel mit Blick auf seine künftige Aufgabe als Auswahlcoach. Er wird öfter in den Stadien sein, um seine Spieler zu beobachten. Dafür wird er deutlich weniger als sonst auf dem Trainingsplatz stehen. Vor- und Nachteile eben, so wie alles im Leben. 

Vielleicht wird er im Laufe der Zeit auch die Vorteile seines neuen Jobs besser kennenlernen. Ähnlich wie Julian Nagelsmann, der vor ein paar Jahren wahrscheinlich nicht geglaubt hätte, dass ihm der Bundestrainer-Posten im jungen Alter so viel Spaß machen würde.

dpa