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Tuchels Tunnelblick: «Nehme Dortmund gar nicht wahr»

Der Titelkampf Bayern gegen Dortmund geht in die drittletzte Runde. Wird ausgerechnet Schalke zum Meister-Helfer des Revier-Rivalen? Thomas Tuchel richtet eine klare Forderung an die Münchner Stars.

Thomas Tuchel möchte sich im Saison-Endspurt auf die eigene Leistung konzentrieren.
Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Die schönste Neuigkeit der Woche wird Thomas Tuchel im sich mehr und mehr zuspitzenden Meisterkampf mit Borussia Dortmund nicht weiterhelfen.

Manuel Neuer trainiert wieder auf dem Fußballplatz, was der Bayern-Trainer fast euphorisch als «sensationelle Nachricht» bezeichnete. Tuchels Augen leuchteten. Knapp fünf Monate nach seinem Beinbruch hechtet der 37 Jahre alte Neuer wieder nach ersten leichten Schüssen.

Am Samstag aber wird der Bayern-Kapitän erneut nur auf der Tribüne der Allianz Arena sitzen können und mitfiebern, wenn seine Teamkollegen wenige Stunden vor dem Abendspiel des BVB gegen Borussia Mönchengladbach gegen Neuers Ex-Club FC Schalke 04 wie schon am vergangenen Wochenende im Titelduell ein weiteres Mal erfolgreich vorlegen wollen. Lösen beide Topteams wieder erfolgreich ihre Aufgaben, geht es danach mit Bayerns minimalem Ein-Punkte-Vorsprung in die letzten zwei Titelrunden. 

«Jeder muss seine Wünsche zurückstellen»

Erster bleiben, das ist das Einzige, was Tuchel im Saisonendspurt interessiert. «Wir haben die deutsche Meisterschaft zu gewinnen. Wir haben nichts zu verlieren. Wir jagen den Titel», sagte der 49-Jährige. Der Titelkonkurrent interessiere ihn dabei null Komma null, sagte der Ex-BVB-Coach: «Mit allem Respekt, ich nehme Dortmund gerade gar nicht wahr, überhaupt nicht. Weil es mich nicht interessiert! Wir sind einen Punkt vor. Wir haben es in der eigenen Hand. Ich schaue auf die Ziellinie. Ich schaue auf unsere Mannschaft. Das ist der entscheidende Ansatz und ein Vorteil.» 

Schalke, Leipzig, Köln, drei Siege und der elfte Meistertitel am Stück wäre perfekt. Egal, was Dortmund macht. Für die letzte verbliebene Titel-Option verlangt Tuchel von seinen Spielern die totale Zurückstellung aller Egoismen. «Jeder muss seine persönliche Situation, seine Wünsche zurückstellen. Es geht jetzt nur noch darum, die Elf zu finden, die harmoniert, die auf den Gegner passt. Es geht nicht mehr darum, Minuten zu verteilen, jemanden zufrieden oder ruhigzustellen. Jetzt ist Ende der Saison, jetzt muss jeder Spieler nehmen, was er bekommt. Der Fokus ist total verschärft auf die letzten drei Spiele», verkündete Tuchel. 

Müller könnte gegen Schalke beginnen

Das Paradebeispiel dafür, dass es nicht mehr um Einzelne geht, ist gerade Thomas Müller. Gegen Hertha (2:0) und Bremen (2:1) saß der Kapitän jeweils auf der Bank. «Daraus ein Karriereende abzuleiten, ist komplett übertrieben und verfehlt das Ziel weit», bemerkte Tuchel: «Thomas ist Bayern München! Thomas will nichts anderes im Moment, als mit uns die Meisterschaft zu gewinnen. Darum geht’s.» Müller könnte nach intensivem Training gegen Schalke mal wieder beginnen, ebenso Leroy Sané. Mittelstürmer Eric Maxim Choupo-Moting kehrt nach seinen Knieproblemen dagegen noch nicht in den Münchner Kader zurück.

Bevor in Dortmund Fans und Spieler eine Woche nach dem furiosen 6:0 der Borussia gegen Wolfsburg auf den nächsten Gala-Abend hoffen, gehen die Blicke von dort ins 500 Kilometer Luftlinie entfernte München. Daumen drücken für Schalke ist angesagt, was eigentlich ein No-Go für jeden BVB-Anhänger ist. Trainer Edin Terzic grübelte auch einige Sekunden, bevor er die heikle Frage zur Schalker Schützenhilfe elegant beantwortete. «Ob es Schalke, ob es Leipzig oder ob es Köln ist, das uns am Ende dabei ein bisschen unterstützt, ist mir komplett egal», sagte der 40-Jährige. Auch er lenkt den Fokus auf die eigenen Performance gegen Gladbach, Augsburg und Mainz: «Es gibt drei Spiele, die wir erstmal gewinnen müssen.» 

Bayern ist Schalkes Angstgegner

Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal hatte den Schalkern für den Fall, dass sie zum Meistertitel der Borussia beitragen, einen Eintrag in das Goldene Buch der Stadt in Aussicht gestellt und damit für viel Öffentlichkeit gesorgt. Ob es dazu kommen wird? Die Schalker beeindrucken mit ihrer Willensstärke und Geschlossenheit im Abstiegskampf jeden – auch Tuchel: «Sie haben ein paar sehr emotionale Siege gehabt, das hat ihnen emotional einen Schub gegeben. Ihr Glaube ist intakt.»

Aber die Bayern sind auch Schalkes Angstgegner. Seit 24 Pflichtspielen sind sie sieglos gegen die Münchner. Beim letzten Sieg im Frühjahr 2011 im DFB-Pokal stand Manuel Neuer sogar noch im Tor der Königsblauen. Für Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic ist im nächsten «kleinen Endspiel Richtung Meisterschaft» freilich entscheidend, «dass wir Nerven haben, dass wir die Nerven behalten, dass wir weiter ruhig Fußball spielen». 

Noussair Mazraoui, der sich als rechter Verteidiger in die Startelf gekämpft hat, betont ebenfalls die Bedeutung der Nerven: «Dortmund spürt den Druck jetzt in jedem Spiel, aber so geht es nicht nur ihnen, sondern auch uns. Beide Mannschaften wissen, sie müssen gewinnen. Das ist die einzige Option.» Beim 6:0 gegen Wolfsburg bewies der BVB diese Nervenstärke – und das nicht zum ersten Mal. In diesem Jahr trat das Terzic-Team sieben Mal erst im Anschluss an die Münchner an. Es gab sechs Siege und ein Remis – dieses übrigens ausgerechnet gegen Schalke.

dpa