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«Wie Real»: Tennisstar Djokovic weiter hungrig auf Titel

Nach dem Australian-Open-Sieg peilt Novak Djokovic Rekorde für die Ewigkeit an. An seine Rivalen Nadal und Alcaraz schickt er eine Kampfansage. Sein Start bei den US-Turnieren ist aber gefährdet.

Nach dem Australian-Open-Sieg peilt Novak Djokovic Rekorde für die Ewigkeit an.
Foto: Ng Han Guan/AP/dpa

Im grünen Poloshirt posierte Novak Djokovic stolz mit dem Norman Brookes Challenge Cup hinter einer riesengroßen 10. Zehn Titel bei den Australian Open – die Rod Laver Arena ist endgültig zum Tennis-Wohnzimmer des Serben geworden. Und das nur ein Jahr, nachdem Djokovic wegen seiner fehlenden Impfung gegen das Coronavirus des Landes verwiesen worden war. «Vom Deportierten zum Dominanten», schrieb der britische «Daily Mail» treffend.

Für seinen Trainer Goran Ivanisevic ist Djokovic das personifizierte Real Madrid des Tennissports, und wie beim spanischen Fußballclub ist der Titelhunger des Serben unersättlich. «So viele Slams wie möglich zu gewinnen, ist die größte Motivation, um weiterzuspielen», sagte Djokovic nach seinem 22. Major-Triumph bei den Australian Open am Sonntag: «Ich habe keine Absicht, hier aufzuhören. Ich fühle mich mit meinem Tennis großartig, physisch gut und mental stark. Ich habe die Chance, bei jedem Grand Slam gegen jeden Gegner zu gewinnen.»

Das dürfte auch schon eine Kampfansage an Rafael Nadal und Carlos Alcaraz gewesen sein, die sich bei den French Open in vier Monaten auf Sand große Hoffnungen auf den Titel machen. Beide Spanier konnten Djokovic in Melbourne nicht stoppen: Den verletzt abwesenden Alcaraz löste der 35-Jährige als Nummer eins der Welt ab, mit dem in der zweiten Runde verletzt ausgeschiedenen Nadal zog er nach Grand-Slam-Triumphen gleich.

Lob von der Konkurrenz

Es wird spannend zu sehen sein, ob und wie das spanische Duo Djokovic in diesem Jahr herausfordern kann. Nach dessen Finalsieg gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas gratulierten beide erst einmal artig. «Sehr verdient», kommentierte der 36 Jahre alte Nadal bei Instagram und schrieb von einem «großartigen Erfolg». «Genieße den Moment», meinte Nadal. Der Vorjahressieger muss nach seinem Zweitrunden-Aus bei den Australian Open wegen einer Muskelverletzung am Hüftbeuger mehrere Wochen pausieren.

Alcaraz gratulierte Djokovic zum «sehr verdienten» Erfolg. Auch der im Vorjahr zurückgetretene Schweizer Roger Federer äußerte seine Bewunderung für die «unglaubliche Anstrengung». Bei der unter Fans heiß diskutierten Frage nach dem besten Tennisspieler der Geschichte spricht immer mehr für Djokovic. Er vergleiche sich nur ungern mit anderen, aber Teil dieser Diskussion zu sein, «schmeichelt mir», sagte der Serbe.

Djokovic werde zwar «nie so beliebt» wie Nadal und Federer sein, schrieb der «Sydney Morning Herald». «Aber das bedeutet nicht, dass wir seine Bilanz nicht respektieren sollten. Ein Held ist nur so gut wie sein Bösewicht, aber Djokovic ist der Bösewicht, dem die Helden ausgehen. Wenn nicht ein alternder Nadal, wer wird ihn dann aufhalten?»

Rekorde im Visier

Für seinen Trainer Goran Ivanisevic gibt es keine Zweifel, dass Djokovic alle anderen Stars überholt hat. 97 Prozent der Spieler hätten bei einer Oberschenkelverletzung, wie sie sein Schützling mit in die Australian Open geschleppt habe, «zurückgezogen», meinte der frühere Wimbledonsieger: «Aber er nicht, er ist von einer anderen Spezies.» Djokovic zu coachen sei «wie Real Madrid zu trainieren», verglich der Kroate, «Druck ist immer da. Nur Titel zählen, nur Rekorde zählen».

Auch eine weitere Bestmarke könnte Djokovic bald knacken: Nach der Rückkehr auf die Topposition geht der Herren-Rekordhalter in seine 374. Woche als Weltranglistenerster und könnte bald auch Steffi Graf einholen, die bei den Damen 377 Wochen an der Spitze stand.

Mit Australien, das ihn im Vorjahr wegen einer für ungültig erklärten Ausnahmegenehmigung aus dem Land ausgewiesen hatte, schloss Djokovic seinen Frieden. Doch seine Impfweigerung könnte ihn nun den Start bei den ATP-Turnieren im März in Indian Wells und Miami kosten. In den USA gilt weiterhin die vollständige Corona-Impfung als Einreisevoraussetzung. Für Indian-Wells-Turnierdirektor Tommy Haas wäre es «eine Schande», sollte Djokovic deswegen nicht starten können. Der deutsche Ex-Profi hofft auf eine Ausnahmegenehmigung.

Internationale Pressestimmen zum Djokovic-Erfolg

Serbien:

«blic»: «Gottes Racket. Novak Djokovic hat seinen Auftritt in Australien triumphal abgeschlossen.»

«sportal.blic.rs»: «Der König kehrt auf den Thron zurück: Novak hat den Traum des Griechen zerstört und ist wieder Nummer 1 der ATP-Weltrangliste. (…) Für Novak bedeutet dies den Weg zu einem weiteren Rekord, denn jetzt ist er mit 374 Wochen Zweiter in der Allzeit-Weltrangliste. (…) Er braucht nur noch drei weitere Wochen, um den absoluten Rekord für die Anzahl der auf dem ersten Platz der Weltrangliste verbrachten Wochen einzustellen, den aktuell Steffi Graf mit 377 Wochen hält.»

«kurir»: «Jetzt erst recht. Genau ein Jahr nach seiner Tortur und Deportation hat «Nole» Australien erobert und wurde zum besten Tennisspieler der Geschichte. Das serbische Ass hat Tsitsipas besiegt und zum zehnten Mal bei den Australian Open triumphiert.»

Australien:

«Sydney Morning Herald»: «Er wird niemals so ästhetisch ansprechend sein wie Federer, der an ein Tennisspiel heranging, als wäre es etwas, das man einrahmen und in einer Kunstgalerie aufhängt. Er wird nie so bewundernswert sein wie Nadal, der seine Verletzungen ohne viel Aufhebens mutig durchspielt, anstatt sie für psychologische Spiele mit seinem Gegner zu nutzen. (…) Und Djokovic wird nie so beliebt sein wie die beiden. (…) Aber das bedeutet nicht, dass wir seine Bilanz nicht respektieren sollten. Ein Held ist nur so gut wie sein Bösewicht, aber Djokovic ist der Bösewicht, dem die Helden ausgehen. Wenn nicht ein alternder Nadal, wer wird ihn dann aufhalten?»

«The Australian»: «Das war ein Djokovic, wie wir ihn noch nie zuvor gesehen haben. Die rohen Emotionen von Novak Djokovic, der oft als Roboter angesehen wird, boten einen erstaunlichen Einblick, wie tief er von den Ereignissen des vergangenen Jahres beeinflusst wurde.»

«The Guardian»: «Wie bei so vielen Turniersiegen erinnert dieser Triumph besonders daran, wie vollständig und narrensicher Djokovics Spiel ist. (…) Es bleibt abzuwarten, wie lange Djokovic so weitermachen kann, aber er ist immer noch voll motiviert, bewegt sich immer noch so flüssig auf dem Platz und ist auch nach einer Woche mit einer Oberschenkelverletzung noch relativ gesund. Sein tatsächliches Tennisniveau ist das geringste seiner Probleme, eher wie lange er das mental mitmacht und ob er ein ausgeglichenes Leben außerhalb des Platzes führen kann.»

«The Age»: «Zehn von zehn, Novak Djokovic. Der große Serbe hat zehn Finals der Australian Open gespielt und jedes davon gewonnen. (…). Das hat ihn nun wieder als Nr. 1 der Welt etabliert. Moralisch war er es sowieso.»

Spanien:

«As»: «Es gab keine bessere Revanche, als erneut die Australian Open zu gewinnen, sein Fetischturnier, vor dem Applaus derselben Bürger, die vor einem Jahr sein Verhalten missbilligten.»

«Marca»: «Für Novak Djokovic hat sich binnen 378 Tagen alles verändert. Nachdem er vor einem Jahr in Melbourne ausgewiesen worden war, hat er nun zum zehnten Mal in seiner Karriere die Norman-Brookes-Trophäe in die Höhe gehoben, die ihn zum zehnten Mal als Champion des Australian Open bestätigt.»

«El País»: «Djokovic erlöst sich selbst in seinem Paradies und zieht mit den 22 Grand-Slam-Siegen Nadals gleich. Der Serbe rundet gegen Tsitsipas ein untadeliges Turnier ab und schafft seinen zehnten Titel in Melbourne, der ihn auch wieder zur Nummer eins auf der Rennstrecke macht.»

Großbritannien:

«Daily Mail»: «Vom Deportierten zum Dominanten. Ein emotionaler Novak Djokovic zieht mit Rafael Nadals Rekord von 22 Grand-Slam-Siegen gleich, indem er seine zehnte Australian-Open-Krone gewinnt.»

«The Sun»: «Der Kerl, der von Zollbeamten rüde aus Melbourne rausgeworfen worden war, ohne je einen Ball zu berühren, wird dieses Mal das Land als umjubelter Held und nicht als Geächteter verlassen.»

«The Guardian»: «Ein weinender Novak Djokovic bejubelt bei den Australian Open den «größten Sieg» seines Lebens.»

Italien:

«La Gazzetta dello Sport»: «Djokovic, Tränen und Wiedergeburt. So hat sich in Melbourne ein Kreis geschlossen.»

«Corriere dello Sport»: «Novak Djokovic schreibt noch einmal Tennisgeschichte. Der Serbe dominiert im Finale gegen Stefanos Tsitsipas und gewinnt noch einmal die Australian Open.»

Frankreich:

«L’Équipe»: «Hier nun wieder Novak Djokovic auf dem Dach der Welt. Mit einer Gesamtzahl von 22 Trophäen schließt er sich Rafael Nadal auf dem Gipfel des Grand Slam an.»

Österreich:

«Kronen Zeitung»: «Novak Djokovic krönt sich zum König von Australien.»

Schweiz:

«Blick»: «Vor einem Jahr wurde Novak Djokovic mit Schimpf und Schande von den Australian Open ausgeschlossen. Jetzt krönte der Serbe seine Rückkehr mit dem zehnten Titel in Melbourne. Eine große Genugtuung für den «Djoker».»

dpa