Das Turnier nimmt nun Fahrt auf. Du sitzt immer ein bisschen auf gepackten Koffern.
FC Bayern am Scheideweg zwischen Aufbruch und Abgrund
Ist die WM ein riesiger Flop? Oder geht es ab ins Viertelfinale der Giganten? Der FC Bayern steht zu Beginn der K.o.-Phase als selbsternannter Titelanwärter bei der Club-WM an einer Wegscheide zwischen Aufbruch und Abgrund. Die kritische Situation bringt Thomas Müller, der viel Erfahrung im Turnier hat, einmal mehr auf den Punkt, für den das Achtelfinale gegen CR Flamengo möglicherweise das letzte Spiel im Trikot des deutschen Fußballmeisters sein könnte.
«Das Turnier nimmt nun Fahrt auf. Und ich weiß, dass so eine K.o.-Runde immer ein Spiel mit dem Feuer ist», sagte der 35-Jährige: «Du sitzt immer ein bisschen auf gepackten Koffern.» Mit der Nationalmannschaft war Müller bei jeweils vier WM- und EM-Turnieren im Einsatz. Und den größten Triumph, gemeinsam mit Torwart Manuel Neuer, erlebte er ausgerechnet in der Stadt des Gegners.
Müller, Neuer und die schönen Brasilien-Erinnerungen
Die deutsche Nationalmannschaft besiegte 2014 im Finale im berühmten Maracanã-Stadion von Rio Argentinien mit 1:0 nach Verlängerung. Dies geschah nach dem Jahrhundertspiel zuvor, dem 7:1 im Halbfinale gegen Gastgeber Brasilien.
Elf Jahre später treten die Bayern-Legenden Müller und Neuer am Sonntag (22.00 Uhr/Sat.1. und DAZN) in Miami erneut bei einem WM-Turnier gegen ein brasilianisches Team an. Es wird eine große Herausforderung sein, ebenso wie ein mögliches Viertelfinale gegen den Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain oder Inter Miami mit dem mittlerweile 38-jährigen Lionel Messi.
Alle vier brasilianischen Teilnehmer – Flamengo, Fluminense und Botafogo aus Rio sowie Palmeiras aus São Paulo – haben die Gruppenphase gemeistert. «Und Flamengo ist aktuell die beste brasilianische Mannschaft», meinte Bayerns Sportdirektor Christoph Freund: «Sie haben auch Chelsea besiegt.»
Mit 3:1 hätten die Bayern gegen den FC Chelsea gespielt, wenn sie nicht den Gruppensieg gegen Benfica Lissabon (0:1) verloren hätten. Gegen Flamengo wird es sicherlich nicht leichter. Vor dem Turnier hat der dreimalige Copa-Libertadores-Sieger den Kader noch mit Mittelfeld-Ass Jorginho (33) vom FC Arsenal prominent verstärkt.
Dollar-Zeichen in den Augen
Der stets unerschrockene Kapitän Neuer freut sich auf «ein Highlightspiel». Aber auch eines mit großer Fallhöhe. Der FC Bayern ist bekanntlich mit dem Anspruch in die USA gereist, um den Titel mitzuspielen. Und um das große Geld zu verdienen. Die Dollar-Zeichen standen den Bossen geradezu in den Augen. Umgerechnet fast 40 Millionen Euro hat der Bundesliga-Krösus auch schon eingesackt. Aber um die ganz fetten Millionen-Prämien geht es jetzt.
Ein Achtelfinal-K.o. wäre ein Debakel. Gerade auch für den Trainer. Zumal Vincent Kompany mit seiner Groß-Rotation gegen Benfica darauf abzielte, «uns in die bestmöglichen Voraussetzungen für das nächste Spiel zu bringen», wie er nach der Niederlage sagte: «Ein positives Ergebnis wird mir recht geben.»
Ein negatives würde heftige Diskussionen auslösen, um ihn, um die Qualität des Kaders, um Sportvorstand Max Eberl. Und um den Status des FC Bayern als sportlicher «Riese», wie ihn Flamengos Trainer Filipe Luis titulierte.
Musiala rein – Ende der Experimente
Kompany muss jetzt eine erste Turnierelf formieren. Und das Offensiv-Puzzle komplettieren. Gegen Auckland (Thomas Müller), Boca Juniors (Serge Gnabry) und Benfica (Tom Bischof) begann jeweils ein anderer Zehner. Die Zeit müsste nun reif sein für Jamal Musiala. Gegen Lissabon saß dieser 90 Minuten draußen, obwohl er schon «bereit gewesen wäre», wie Sportdirektor Freund berichtete. Musiala, Olise, Coman, Kane – dieses Offensiv-Quartett sollte liefern können.
Beim Training in Orlando übernahm der nun fittere Musiala die Rolle des DJs, der gut gelaunt die Musikbox auf den Platz brachte. Gegen die Brasilianer sind nun besonders seine Haken, Finten und Eins-gegen-eins-Aktionen gefragt.
Kompany rechnet mit einem leidenschaftlich geführten Spiel. «Wir haben gesehen, wie die südamerikanischen Mannschaften leben für dieses Turnier.» Der Belgier gibt sich siegessicher. Er verwies auf das 2:1 gegen Boca Juniors in der Gruppenphase – gleichfalls in Miami. «Wir haben den Test gegen Boca gut überstanden. Und jetzt kommt ein neuer Test», sagte Kompany.
Die Flamengo-Fans werden im Hard Rock Stadium deutlich in der Überzahl sein und die Stimmung bestimmen. «Da wird richtig was los sein. Solche Fußballfeste wünschen wir uns jetzt», sagte Müller. Es soll jedoch nicht das letzte sein.