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Verstappen vs. Piastri: Dramatisches Rennen in Dschidda

Verstappen äußert sich nicht zur Strafe und Piastri übernimmt die WM-Führung nach umstrittener Szene.

Keine gute Laune beim Weltmeister.
Foto: Darko Bandic/AP/dpa

Max Verstappen verließ den Dschidda Corniche Circuit mit einem dicken Hals. Und der Grund hieß nicht Oscar Piastri, der den 27 Jahre alten Niederländer mit dessen Waffen bezwungen hatte. Im Gegenteil: Selbst Verstappen lobte den Mann der Stunde in der Formel 1: «Er liefert ab, wenn er es muss, er macht kaum Fehler – und das brauchst Du, wenn Du um die WM kämpfen willst.» Die Wut des viermaligen Weltmeisters richtete sich stattdessen und einmal mehr gegen die Rennkommissare und den Verband. 

Nur reden wollte er darüber nicht – aus Angst vor den drakonischen Strafen, die in dieser Saison fürs Fluchen und auch Aussagen, die dem Internationalen Automobilverband schaden, drohen. «Alles, was ich sagen würde, könnte mir Probleme bringen», erklärte Verstappen.

Direkt nach dem Rennen fertigte er noch völlig verschwitzt Ex-Pilot David Coulthard als Interviewer ab. «Ich will es kurz machen. Ich möchte mich ganz herzlich bei den Fans hier in Dschidda bedanken.» Gefragt hatte Coulthard, der einst selbst für Red Bull fuhr, allerdings nach der alles entscheidenden Szene und der Entscheidung der Rennkommissare. 

«Ich habe natürlich meine eigene Meinung, aber das ist egal. Darüber dürfen wir nicht reden. Wir dürfen natürlich auch nicht negativ sein», erklärte Verstappen später immer wieder vor diversen TV-Kameras. 

Verstappen nimmt die Abkürzung 

Nach einem enttäuschenden Wochenende in Bahrain sicherte sich Verstappen überraschend die Pole Position für den fünften Grand Prix der Saison. Piastri stand neben ihm, während Norris, sein Teamkollege, erneut Nerven zeigte und in der Qualifikation einen Unfall baute. Der bisherige WM-Führende musste daher vom zehnten Platz starten.

Vorne passierte die Szene, die noch länger für Diskussionen sorgen wird. Piastri hatte einen etwas besseren Start und drängte sich neben Verstappen. Der Niederländer geriet in Bedrängnis, Piastri hielt seine harte, aber faire Linie, Verstappen wich aus, verließ die Strecke in der ersten Kurve und kürzte ohne zu verlangsamen ab.

Es ist tatsächlich nicht erlaubt, aber es wird immer wieder zum Streit- und Diskussionsthema. Wenn er Piastri freiwillig überholt hätte, hätte es keine Strafe gegeben. Aber Verstappen und Red Bull waren nicht bereit, darauf einzugehen, da sie sich im Recht fühlten. Daher musste Verstappen beim Boxenstopp fünf Sekunden einbüßen.

https://x.com/F1/status/1914066040759390385?s=03

Damit war das Rennen entschieden. Piastri feierte bereits seinen dritten Saisonsieg und übernahm erstmals in seiner Karriere die Führung in der Weltmeisterschaft. Norris, der auch noch hinter Ferrari-Fahrer Charles Leclerc Vierter wurde, liegt nun 10 Punkte hinter Piastri, Verstappen hat 12 Zähler weniger als der Spitzenreiter. Doch vorerst deutet vieles vor allem auf einen Zweikampf zwischen Piastri und Verstappen hin.

«Eiskalt und skrupellos»

«Oscar Piastri ist der Anführer, den McLaren braucht», schrieb Spaniens «Sport». Italiens «La Gazetta dello Sport» taufte den ultracoolen Piastri bereits den «Eis-Jungen von McLaren» und «As» schrieb: «Aus den ‚Papaya-Regeln‘ und der weichen Hand von McLaren ist ein eiskalter und skrupelloser Fahrer hervorgegangen, der Verstappen die Stirn bieten und ihm eine Kostprobe seiner eigenen Medizin geben kann.»

Wer denkt, dass Verstappens Laune beeinträchtigen könnte, irrt sich. Auf der Rennstrecke ist seine Welt das Fahren. Genauso wie bei Piastri. Die Tatsache, dass Verstappen mit dem auffälligen Red Bull, der auch in Dschidda zunächst nicht nach einem Podiumsplatz oder sogar dem Sieg aussah, am Ende sogar noch einmal bis auf gute zwei Sekunden an Piastri herankam, zeigt, wozu Verstappen fähig ist. Besonders, wenn er wütend ist.

Egal, wo er sich aber danach zu der Strafe äußern sollte, wich er aus. «Um ehrlich zu sein, ich denke, jedes Wort darüber ist einfach Zeitverschwendung für alle», sagte Verstappen. «Bei zwei oder drei Fahrern ist das gleiche passiert und es hat Verwarnungen gegeben. Also die fünf Sekunden waren schon etwas harsch», sagte dafür Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko.

https://x.com/autosport/status/1914218799617671322

Teamchef Christian Horner breitete anschließend sogar Fotos in seiner Medienrunde auf dem Tisch aus, die belegen sollten, dass Verstappen im entscheidenden Punkt der Kurve vorn gewesen sein soll und damit Piastri hätte zurückstecken müssen. Nur machte er genau das nicht, was die meisten anderen, wenn nicht sonst alle gegen Verstappen machen. «Als ich innen war, war mir klar: Ich werde hier nicht als Zweiter rauskommen», betonte Piastri. So reden und handeln Champions.

Verstappens Reaktion auf die Durchsage seines Renningenieurs zur Zeitstrafe musste teilweise zensiert werden. Um keine weiteren Strafen zu riskieren, legte er sich danach erneut einen Maulkorb an. Dies führte zu recht eigenwilligen und skurrilen Dialogen.

Fluchen und kritisieren – im schlimmsten Fall droht Fahrverbot

Auf die Frage in der offiziellen Pressekonferenz, ob er mal erzählen könne, was am Start passiert sei, sagte Verstappen: «Der Start ist passiert. Kurve eins ist passiert und auf einmal war’s schon Runde 50.» Auf eine weitere Nachfrage entgegnete er: «Es ging alles sehr schnell.» 

Die Zurückhaltung hat einen Grund. Im Wiederholungsfall können Fahrer Verstöße gegen die vermeintlichen Benimm-Regeln bis zu 120.000 Euro kosten, und es ist sogar ein einmonatiges Fahrverbot vorgesehen. Dass Verstappen durch sein Fluchen über den Red Bull einst in Singapur den Fia-Präsidenten Mohammed bin Sulayem zu dessen viel kritisierten und rigorosen Kurs verleitete, macht die Angelegenheit noch interessanter. Es wird auf jeden Fall fortgesetzt. Nächster Halt Miami.

dpa